Lewis Hamilton
Porträt
(Stand: Februar 2024) Als Zehnjähriger ging Lewis Hamilton am Rande einer Motorsport-Gala auf McLaren-Teamchef Ron Dennis zu und sagte ihm: "Ich will eines Tages für Ihr Team fahren und Formel-1-Weltmeister werden!" Gesagt, getan: 2007 ging der Brite tatsächlich für McLaren an den Start. Ein Jahr später war er schon Champion. Später verließ er das Nest und holte 2014 und 2015 sowie 2017, 2018, 2019 und 2020 mit Mercedes weitere WM-Titel. Er kassierte aber auch eine schmerzhafte Niederlage während seiner Fehde mit seinem Ex-Kumpel, Erzrivalen und damaligen Teamkollegen Nico Rosberg. Das war 2016. Ähnlich bitter dürfte seine zweite große Niederlage gewesen sein, 2021 gegen Red-Bull-Fahrer Max Verstappen - nach einer umstrittenen Rennleiter-Entscheidung kurz vor Schluss im Final-Grand-Prix. Oder die Saison 2022, in der Mercedes erstmals seit Jahren kein Titelanwärter mehr war, genau wie auch 2023.
Hamilton begann seine Karriere in der "Königsklasse" sensationell: Mit neun Podestplätzen hintereinander startete er in seine Debütsaison und feierte für McLaren insgesamt vier Grand-Prix-Siege. Trotz des "Kriegs der Sterne" mit Teamkollege Fernando Alonso, der ihn in Ungarn im Qualifying vorsätzlich behinderte, führte Hamilton die WM bis zum letzten Grand Prix in Brasilien an. Er verlor die Krone nur wegen eines Punktes an Kimi Räikkönen. Das entscheidende Malheur war kurz zuvor in China passiert, als er im Regen erst Opfer eines Taktik- und anschließend eines Fahrfehlers in der Einfahrt zur Boxengasse wurde.
Was Hamilton geleistet hatte, war an Superlativen nicht mehr zu übertreffen und brachte sämtliche Experten zum Staunen. Ganz zu schweigen von den britischen Fans, die ihn bis heute vergöttern wie einen Popstar. 2008 übte das Schicksal Wiedergutmachung: Hamilton entschied den WM-Titel in einem hochdramatischen Finale in Brasilien für sich, obwohl ihn Querelen mit der FIA wegen sportlicher Strafen mehrfach zurückgeworfen hatten. Hamilton hatte bis zur letzten Kurve in Sao Paulo einen Punkt zu wenig auf seinem Konto, ehe er auf den letzten Metern an Timo Glock vorbeiging und Felipe Massa den Titel noch entriss: nach wenigen Sekunden des sicher geglaubten Ruhmes.
Doch mit dem sportlichen Erfolg kamen auch die Neider: Zumindest außerhalb von Großbritannien gingen die Sympathiewerte des ersten dunkelhäutigen Formel-1-Champions massiv zurück. 2009 knüpfte er nicht an die Erfolge des Vorjahres an, 2010 wurde er trotz einiger Siege nur WM-Vierter. 2011 erlebte er die bis dahin wohl schwierigste Saison seiner Karriere, denn erstmals hatte er im teaminternen Stallduell gegen Jenson Button das Nachsehen. Außerdem fiel er durch viele Kollisionen, allen voran mit Massa, auf. Auch neben der Strecke ging es turbulent zu: Er erntete dafür scharfe Kritik der Medien, unter anderem, als er in Anspielung auf den Comedian Ali G über die häufigen Strafen der Rennleitung im Scherz bemerkte: "'Cos I'm black!" ("Weil ich schwarz bin!").
2012 rehabilitiere er sich etwas, mehr als WM-Platz vier war aber nicht drin. Zeit für einen Tapetenwechsel: Hamilton, der seit seinem zwölften Lebensjahr von McLaren gefördert worden war, schloss sich 2013 dem Mercedes-Werksteam an und feierte in Ungarn den ersten Sieg in Silber.
Hamilton und Rosberg dominierten unter dem neuen Turbo-Hybrid-Reglement 2014 die Szenerie und stellten die Weichen früh auf ein Teamduell um den WM-Titel. Die Atmosphäre zwischen den Freunden aus Kindertagen kühlte ab, Psychospielchen und Schuldzuweisungen sorgten für Regelungsbedarf seitens der Teamführung. Hamilton zeigte in Qualifyings Nervenschwäche, rehabilitiere sich aber immer wieder durch enormen Rennspeed. Am Ende war er es, der mit seinem elften Saisonsieg in Abu Dhabi Weltmeister wurde.
2015 wurde die Rivalität mit Rosberg noch intensiver. Hamilton überwand seine Defizite im Qualifying und holte insbesondere zu Beginn des Jahres Polepositions am Fließband. Er legte so den Grundstein für den WM-Titel, den er mit harten Manövern gegen den Teamkollegen und seine herausragende Grundschnelligkeit absicherte. Zehn Saisonsiege waren ein weiteres Zeugnis der ungebrochenen Mercedes-Dominanz. 2016 reichte Hamilton die gleiche Anzahl an Lauferfolgen nicht, um Rosberg ein weiteres Mal zu bezwingen. Vermehrtes Technikpech führte dazu, dass er trotz einer kontrovers diskutierten "Bummeltaktik" beim Saisonfinale Abu Dhabi den Kürzeren zog.
Als Rosberg den Helm an den Nagel hängte und Valtteri Bottas zu Mercedes wechselte, war 2017 die Konkurrenz im eigenen Stall überschaubarer. Hamilton kämpfte mehr gegen ein launisches Auto als gegen Sebastian Vettel und Ferrari. Den vierten WM-Titel holte er schon im drittletzten Rennen und bei der Nummer fünf in der Saison 2018 ließ er sich kaum mehr Zeit. Sahnehäubchen: Hamilton gewann erstmals als schon feststehender Weltmeister Rennen.
2018 und 2019 wiederholte Hamilton seinen WM-Titelgewinn jeweils, unterm Strich mit deutlichem Vorsprung vor der Konkurrenz von Ferrari und Mercedes-Teamkollege Bottas: Die Entscheidung fiel jeweils vorzeitig zugunsten des Briten, der seine Triumphe nicht zuletzt seiner hervorragenden Konstanz verdankte. 2020 schließlich zog Hamilton mit dem siebten Titel mit Michael Schumacher gleich - und überholte "Schumi" zudem in der ewigen Formel-1-Siegerliste. Den Rekord für die meisten Grand-Prix-Siege ist Schumacher also los und Hamilton ist jetzt erfolgreichster Formel-1-Fahrer. Diesen Rekord baute er 2021 weiter aus, der historische achte WM-Erfolg aber gelang ihm nicht: Erstmals seit Beginn der Turbo-Hybrid-Zeit ab 2014 hat Mercedes eine Niederlage in der Fahrerwertung einstecken müssen und Hamilton wurde "nur" Zweiter hinter Max Verstappen.
2022 kam es sogar noch dicker für Hamilton und Mercedes: Der W13-Silberpfeil erwies sich als nicht konkurrenzfähig genug, um ein Titelkandidat zu sein. Ergebnis: Hamilton fuhr zwar mehrfach auf das Podest, unterlag aber im Teamduell mit seinem neuen Mercedes-Kollegen George Russell mit 240:275 Punkten und blieb vor allem erstmals in seiner Formel-1-Karriere ohne einen Saisonsieg. Am Ende stand mit Platz sechs in der Fahrerwertung Hamiltons bisher schlechtestes Abschneiden in der Formel 1.
WM-Rang drei nach der Saison 2023 kann ebenfalls nicht darüber hinwegtäuschen, dass Mercedes erneut nur maximal zweite Kraft war in der Formel 1. Auch der W14 war launisch, Hamilton mitunter irritiert bis genervt von seinem Fahrzeug. Immerhin: Das Teamduell gegen Russell entschied er im zweiten Jahr deutlich für sich und belegte in der Gesamtwertung hinter den beiden Red-Bull-Fahrern die Position "best of the rest". Mehr war 2023 nicht zu machen.
Hamilton liefert auch für den Boulevard eine Menge Material. Einige Jahre, allerdings mit mehreren Unterbrechungen, war er mit der Popsängerin Nicole Scherzinger liiert. Die durch die Gruppe "Pussycat Dolls" bekannt gewordene US-Amerikanerin begleitete ihren Lewis häufig an die Strecke. Auch Hamiltons Leidenschaft für Rap-Musik ist immer wieder Thema, für eigene CDs war er auch schon im Tonstudio, mit Stars der Szene ist er eng befreundet. Im heimischen Wohnzimmer läuft meistens MTV. Außerdem schlägt sein Herz für Premier-League-Klub Arsenal London. Seit 2017 ernährt er sich, inspiriert von einer Fernsehdokumentation, vegan. Hamilton ist gläubiger Christ.
Schlagzeilen machte Hamilton mit einem fragwürdigen Schießstand-Video und Bildern von einer exzessiven Party samt Tequilaflaschen, Wasserpfeifen und nackter Haut in den sozialen Netzwerken. Weitere Episoden: ein Verkehrsunfall mit einem Zwei-Millionen-Euro-Sportwagen in Monaco und ein Foto von sich selbst, auf dem sein "bestes Stück" unter seiner Jogginghose zu erkennen war. Bei den britischen Journalisten fiel er in Ungnade, weil er während einer Pressekonferenz mit seinem Smartphone spielte und nach Kritik dafür nicht mehr mit ihnen sprechen wollte.
Es geht aber auch ganz anders: Seit mehreren Jahren engagiert sich Hamilton lautstark und tatenreich für sozial benachteiligte Personen und Themen wie Umweltschutz und Nächstenliebe. Und 2021, nur wenige Tage nach dem Saisonfinale der Formel 1, wurde Hamilton vom damaligen Prinz Charles zum Ritter geschlagen.