Lance Stroll
Porträt
(Stand: Februar 2024) Ihm scheint das Wort "Paydriver" auf die Stirn geschrieben zu sein: Lance Stroll ist der Sohn des Milliardärs, Motorsport-Enthusiasten und schon als Formel-1-Käufer gehandelten Lawrence Stroll. Der kanadische Unternehmer führte mit seinem Finanzgeschick die Modemarken Tommy Hilfiger, Pepe Jeans und Michael Kors zum Erfolg. 2018 kaufte er den Force-India-Rennstall, der danach Racing Point hieß, und holte seinen Sohn für 2019 in eines der Cockpits. Dort fährt Stroll Junior auch 2024, und das Team nennt sich inzwischen Aston Martin.
Lance Stroll begann seine Karriere im Kartsport und war 2013 bester Neuling der Weltmeisterschaft. Ehe er um den Titel fuhr, wechselte er in die italienische Formel 4 und wurde auf Anhieb Meister. Sofort ging es weiter in die Formel-3-EM. 2015 gewann er bereits ein Rennen und wurde Fünfter im Gesamtklassement, im Jahr darauf war gegen ihn kein Kraut gewachsen: 14 Laufsiege bedeuteten den Titel und mit 18 Jahren das Bewerbungsschreiben für die "Königsklasse". Papa hatte mit der Finanzierung etlicher Testkilometer aber auch seinen Teil zum Erfolg beigetragen.
Erste Tuchfühlung zur Formel 1 hatte Stroll bereits 2015 als Mitglied des Ferrari-Nachwuchsprogramms und als Entwicklungsfahrer der Scuderia aufgenommen. Im Jahr darauf wechselte er in gleicher Funktion zu Williams, absolvierte Testfahrten und schnupperte an den Grand-Prix-Wochenenden in die Arbeitsabläufe des britischen Teams hinein, was den Grundstein für sein Engagement 2017 legte.
Nach zahlreichen Testunfällen und Abflügen in den ersten Rennen geriet der damals 18-jährige Stroll kurz nach seinem Formel-1-Debüt massiv in die Kritik. Mit einem dritten Platz beim Aserbaidschan-Grand-Prix brachte er nur einen Teil der Skeptiker zum Verstummen, weil eine gehörige Portion Glück im Spiel gewesen war. Allen voran sein kanadischer Landsmann Jacques Villeneuve mokierte sich immer wieder über den Teenager - und erhielt dafür Hausverbot bei Williams.
Stroll schloss die Fahrer-WM 2017 als Zwölfter ab und blieb hinter Oldie Felipe Massa, erhielt aber einen neuen Vertrag. Mit einem schlechten Auto lief 2018 kaum etwas zusammen und der Einstieg seines Vaters bei Force India schuf die erhoffte Perspektive. Der Junior dockte kurz nach Saisonende auch offiziell bei Racing Point an. Dort stand er 2019 in seiner ersten Saison im Team klar im Schatten seines erfahrenen Teamkollegen Sergio Perez, der mehr als die doppelte Punkteausbeute erzielte. Strolls Saisonhöhepunkt: Platz vier beim turbulenten Deutschland-Grand-Prix in Hockenheim. Es war die beste Platzierung für Racing Point in der gesamten Saison.
2020 legte Stroll noch einmal nach. Mit dem Racing Point RP20 erzielte er in der Türkei seine erste Poleposition, setzte das Potenzial des Fahrzeugs aber nicht immer ideal um. In Monza etwa wäre womöglich mehr drin gewesen als "nur" der dritte Platz. Und auf dem "Outer Track" in Bahrain belegte Stroll ebenfalls P3, wobei sein Teamkollege Perez den Sieg davontrug.
Für 2021 blieb Stroll dem Rennstall als Teamkollege von Sebastian Vettel erhalten, obwohl Perez in der gemeinsamen Zeit seit 2019 die besseren Ergebnisse erzielt hatte. Dieser Umstand führte wiederholt zu Kritik an Stroll und dessen Vater, der im Hintergrund des Aston-Martin-Teams die Strippen zieht.
Sportlich hatte Lance Stroll in der ersten Aston-Martin-Saison 2021 das Nachsehen gegen seinen neuen Teamkollegen Sebastian Vettel, am Ende mit 34:43 Punkten. Stroll schaffte zwar mehr Top-10-Ergebnisse, doch Vettel setzte mit P5 in Monaco und mit P2 in Baku die einzigen Glanzpunkte.
2022 verlief ganz ähnlich: Wieder war Vettel die Nummer eins im Team, holte mit 37:18 Punkten auch die besseren Resultate und viel regelmäßiger Top-10-Plätze. Immerhin: Stroll brillierte von schlechten Startplätzen kommend im Rennen mit sehenswerten Aufholjagden, ließ auf der Strecke aber mitunter die notwendige Übersicht vermissen: Wiederholt geriet er mit Teamkollege Vettel aneinander und wehrte sich etwas zu rustikal gegen des Schwesterauto, in Austin kollidierte er nach einem wilden Manöver mit Fernando Alonso. Und Alonso wurde für 2023 sein Teamkollege.
Prompt kam es, wie es kommen musste: Stroll sah überhaupt kein Land gegen Alonso, ging mit 74:206 Punkten überdeutlich unter im Teamduell mit dem zweimaligen Formel-1-Weltmeister. Aber Strolls Saison hatte auch denkbar schlecht begonnen: Bei einem Fahrradunfall hatte sich Stroll beide Handgelenke verletzt und war deshalb für die dreitägigen Wintertests ausgefallen. Die ersten Grands Prix bestritt er unter starken Schmerzen. Danach wurde ihm mehrfach seine Qualifying-Schwäche zum Verhängnis. Und während Alonso im Schwesterauto von Podesterfolg zu Podesterfolg eilte, war für Stroll ein vierter Platz das höchste der Gefühle. Dass die Chefetage um Teamchef Mike Krack praktisch keinerlei Kritik übte, sondern im Gegenzug noch Lobeshymnen auf Stroll sang, hat der Situation bei Aston Martin eine gewisse Komik verpasst.
Stroll eilt der Ruf voraus, nicht besonders auskunftsfreudig zu sein. Zu Presseterminen erscheint er schon mal mit Kaugummi im Mund, wirkt schnell gelangweilt und gibt oft kurze, wenig detailreiche Antworten. So als ob ihm das Rennfahrer-Dasein überhaupt keine Freude bereiten würde. Wohl auch deshalb wurden 2023 Gerüchte laut, er könnte die Formel 1 verlassen und Tennis-Profi werden. Das aber dementierte Stroll. Er fährt auch 2024 für Aston Martin.