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George Russell
Porträt
(Stand: Februar 2024) George Russells erster Kontakt mit der Formel 1 war eine E-Mail: Als 15-Jähriger schrieb er Toto Wolff an, um sich bei ihm als frisch gebackener Kartmeister in Großbritannien vorstellen zu dürfen. Er stiefelte mit Anzug, Krawatte und einem Notebook unter dem Arm in das Büro des Mercedes-Sportchefs und lotete hochprofessionell seine Zukunftschancen aus.
Neben dem eleganten Business-Auftritt ließ Russell im Formelsport Erfolge am laufenden Band folgen: Er wurde 2014 Meister der Britischen Formel 4 und zwei Jahre später Dritter in der Formel-3-EM. Anschließend holte er Meistertitel in der GP3-Serie und der Formel 2 - jeweils im Debütjahr.
Wolff holte ihn zwischenzeitlich ins Mercedes-Juniorprogramm, was Russell Testeinsätze für die Formel-1-Werksmannschaft und deren Kunden Force India bescherte. Auch bei Williams schindete er mächtig Eindruck, als er Teamchefin Claire Williams mittels einer Power-Point-Präsentation und Wolffs Hilfe überzeugte, dass er 2019 der richtige Mann für den Posten des Stammfahrers wäre. Russell erhielt den Zuschlag und einen langfristigen Williams-Vertrag.
Aufgrund des schwachen Williams FW42 stand Russell in seiner Debütsaison 2019 meist auf verlorenem Posten. Obendrein verlor er das Teamduell gegen Formel-1-Rückkehrer Robert Kubica, weil Kubica beim turbulenten Deutschland-Grand-Prix in Hockenheim den einzigen Williams-Punkt des Jahres erzielte. Im Qualifying aber machte Russell erfolgreich von sich reden: Er besiegte den erfahrenen Kubica jedes Mal!
2020 hatte Russell seinen Teamkollegen Nicholas Latifi ähnlich souverän im Griff, fuhr aber wieder in einem unterlegenen Auto, mit dem er nur einzelne Akzente setzte. Seine große Bewährungsprobe kam am Saisonende: Nachdem sich Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton mit dem Coronavirus infiziert hatte, bestritt Russell den Sachir-Grand-Prix als Ersatzmann im Mercedes - und hätte beinahe gewonnen. In einem turbulenten Rennen verhinderte letztendlich ein Boxenfehler von Mercedes die Sensation und Russell wurde nur Neunter. Über seine ersten Formel-1-Punkte wollte er sich deshalb gar nicht freuen.
Im dritten und letzten Jahr seines Dreijahresvertrags bei Williams wuchs Russell phasenweise über sich hinaus: 2021 fuhr er insgesamt vier Mal in die Punkteränge und erzielte beim Abbruch-Grand-Prix in Spa als Zweiter sogar seinen ersten Podestplatz - weil er im Qualifying auf nasser Strecke Startplatz zwei erobert hatte. Eine Sensation im Williams! Am Ende stand mit P15 in der Formel-1-Fahrerwertung Russells bisher bestes Abschneiden.
Noch vor Saisonende hatte Russell auch Klarheit über seine sportliche Zukunft erhalten: Mercedes holte den hauseigenen Nachwuchsfahrer für 2022 ins Werksteam, als Teamkollege von Lewis Hamilton und als Nachfolger für Valtteri Bottas. Und Russell schlug sich wacker im bockigen W13-Silberpfeil: Zwar leistete Hamilton über die Saison 2022 hinweg mehr Entwicklungsarbeit, die besseren Einzelergebnisse aber entfielen auf Russell. Er gewann in Brasilien sowohl den Sprint als auch den Grand Prix, beides Premieren für ihn in der Formel 1. Außerdem gelang ihm in Ungarn die einzige Mercedes-Pole des Jahres. Am Ende besiegte er Hamilton obendrein mit 275:240 Punkten in der Fahrerwertung und belegte WM-Rang vier.
Dieser sportliche Höhenflug setzte sich 2023 nicht fort: Russell belegte nur WM-Rang acht und verlor das Teamduell gegen Hamilton mit 175:234 Punkten. Das lag auch daran, dass Russell bewusst auf seine konservative Strategie des ersten Mercedes-Jahres verzichtete und mehr Risiken einging zugunsten besserer Einzelergebnisse. Der Haken an der Sache: Diese Rechnung ging nur selten auf, der Schuss meist nach hinten los. Der bockige Mercedes W14 tat sein Übriges. Insgesamt blieb Russell daher hinter den Erwartungen zurück.
2024 fährt Russell erneut an der Seite von Hamilton bei Mercedes, als der bisher erste Mercedes-Junior, der eine Chance im Werks-Mercedes erhalten hat. Das war zuvor weder Pascal Wehrlein noch Esteban Ocon vergönnt gewesen.