Red Bull: Elektrikproblem kostet Vettel fünf Stunden
Sebastian Vettel konnte sein Programm auch am letzten Testtag in Jerez nicht wie geplant abspulen, doch der RB8 erfüllt, was die Simulationen versprachen
(Motorsport-Total.com) - Ursprünglich war es Sebastian Vettels Plan gewesen, dass Mark Webber dem neuen RB8 an den ersten zwei Testtagen die Kinder-Krankheiten austreibt und er dann den neuen Boliden aus der Feder von Adrian Newey übernimmt und dessen Entwicklung vorantreibt. Ein Plan, der nicht aufging. Denn während Mark Webber abgesehen von einem verspäteten Start durch logistische Probleme keine Schwierigkeiten hatte, kam Ersatzpilot Sebastien Buemi gestern und heute im Red-Bull-Simulator wohl deutlich mehr zum Fahren als der Weltmeister in Jerez.
Der Defektteufel hatte Vettels RB8 bereits seit den frühen Morgenstunden fest im Würgegriff. Als der Heppenheimer erstmals auf die Strecke ging, musste er nach zwei Installationsrunden wieder an die Box zurückkehren - ein Elektrikproblem im Motorenumfeld legte den Boliden lahm. Erst fünf Stunden später konnte er wieder ins Testgeschehen eingreifen.
Paranoia bei Red Bull
Kurz nach Mittag gab sich das Team ob der Probleme noch unbesorgt - Vettel unternahm einen Versuch, die Box zu verlassen, nach wenigen Metern blieb er aber wieder stehen und die Mechaniker eilten herbei. Um jeden Preis wollte man die Spione in den angrenzenden Boxen daran hindern, den RB8 in Ruhe analysieren zu können und versteckte das Auto rasch wieder in der Garage. Danach entschloss sich das Team zu einem Motorwechsel.
Laut Angaben des Teams befürchtete man, dass das bereits behobene Elektrikproblem auch den Renault-Motor in Mitleidenschaft gezogen hatte - der Wechsel des Aggregats sei nur eine Vorsichtsmaßnahme gewesen. Erst um 14:28 Uhr tauchte Vettel dann erstmals auf dem Zeitenmonitor auf - mit einer durchaus beachtlichen Rundenzeit von 1:20,072 Minuten.
Speed hui, Haltbarkeit pfui
Vettel spulte am Nachmittag einige Longruns ab und bewegte sich dabei meistens im 1:21er-Bereich - durchaus vergleichbar mit Lewis Hamilton im neuen McLaren. Seine persönliche Bestmarke am Freitag war übrigens um rund drei Zehntel langsamer als die Zeit vom Vortag. Mit der Donnerstags-Runde (1:19,297 Minuten) rangiert Vettel im Gesamtklassement des Jerez-Tests auf dem 6. Rang - 1,684 Sekunden hinter Leader Nico Rosberg im 2011er-Mercedes. Auf die schnellste von einem 2012er-Auto gefahrene Zeit fehlten ihm fast neun Zehntelsekunden.
In Sachen Zuverlässigkeit hat Red Bull offensichtlich noch Nachholbedarf. An den vier Testtagen in Jerez kam das österreichische Team mit Sitz in Milton Keynes auf 1.306 Kilometer. Damit liegt man deutlich hinter dem Lotus-Team, das mit 1.788 Kilometer die Bestmarke aufstellte, auf Platz neun. Nur Ferrari und das HRT-Team, das allerdings nur zwei Tage lang im Einsatz war, blieben hinter Red Bull zurück.
Vettel nimmt's gelassen
Dennoch zeigt sich Vettel "glücklich mit den Fortschritten. Ich denke, dass es uns gelungen ist, viele Dinge zu erledigen." Er gibt aber zu, "dass der heutige Morgen ein bisschen ein Rückschlag war, aber so etwas passiert eben. Das ist ganz normal beim Testen, deshalb sind wir ja auch hier. Natürlich würden wir gerne mehr Runden zurücklegen, aber das können wir jetzt nun mal nicht ändern."
Er richtet den Blick bereits wieder nach vorne: "Jetzt geht es zurück in die Fabrik, wir sehen uns all die Dinge an, die wir in dieser Woche gelernt haben und dann bereiten wir uns auf den nächsten Test in Barcelona vor, wo wir hoffentlich etwas mehr Kilometer abspulen können."
RB8 entspricht den Erwartungen
Chef-Renningenieur Ian Morgan versucht, den heutigen Testtag positiv zu sehen: "Es war frustrierend, heute Morgen so viele Stunden verstreichen zu lassen, aber wir mussten viele Dinge durchgehen. Als Seb dann aber rausfuhr, meldeten wir uns stark zurück und es gelang uns sogar, fast unser gesamtes Programm durchzubringen."
Sein Abschluss-Resümee fällt daher positiv aus: "Es lief recht ermutigend. Wir sind dort, wo wir es - auf Basis der Daten aus der Fabrik - erwartet hatten. Das ist ein gutes Zeichen für später in der Saison, denn wenn man den Werkzeugen, die einem zu Hause zur Verfügung stehen, vertrauen kann, dann macht das die Entwicklungsarbeit mit dem Auto viel einfacher."
"Die Probleme, die wir heute hatten, gehören zu Testfahrten dazu. Man nimmt ein komplexes Auto, stellt es zum ersten Mal auf die Strecke, und oft reicht eine Kleinigkeit, die schiefgeht, um das Programm durcheinander zu bringen. Jetzt verfrachten wir das Auto in einem Stück nach Hause, sehen uns alles genau an, zerlegen es und bauen es für den nächsten Test in Barcelona wieder zusammen. Alles in allem war es jedenfalls eine sehr positive Woche."