Capietto: Wie Hamilton, Piastri und Leclerc als junge Rennfahrer tickten
Ein Ingenieur hatte die Ehre, sowohl mit Lewis Hamilton als auch mit Charles Leclerc und Oscar Piastri zu arbeiten - Das Guillaume Capiettos Vergleich
(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Saison 2025 verspricht viel Spannung, denn es gibt mehr als eine Handvoll Fahrer, die den Titel holen wollen und realistische Chancen haben. Neben Max Verstappen und Lando Norris gehören auch Lewis Hamilton, Charles Leclerc und Oscar Piastri dazu. Guillaume Capietto ist Ingenieur und hatte die Ehre, mit Hamilton, Leclerc und Piastri zusammenzuarbeiten. Er vergleicht die drei Fahrer zu Beginn ihrer Karriere.
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Hamilton und Lerclerc: So unterschiedlich waren sie in jungen Jahren Zoom Download
In den Nachwuchsklassen gehört das italienische Team Prema zu den Top-Teams. Rene Rosin ist Teamchef der Talentschmiede, die 2025 auch die IndyCar-Bühne in den USA betreten wird. Viele Fahrer, die heute in der Formel 1 unterwegs sind, haben ihre Zeit bei Prema verbracht oder mussten mit anderen Teams gegen den italienischen Rennstall antreten, was nie einfach war, denn Prema war konstant vorne mit dabei.
Die Liste der aktiven und ehemaligen Formel-1-Fahrer, die bei Prema ausgebildet wurden, ist lang: Leclerc, Piastri, Mick Schumacher, Oliver Bearman, Kimi Antonelli, Logan Sargeant, Robert Kubica, Pierre Gasly, Antonio Giovinazzi, Nicholas Latifi, Lance Stroll, Jack Doohan - alle starteten irgendwann einmal für die Italiener. Hamilton fuhr nie für das Team, arbeitete aber mit Capietto bei ART zusammen. Damals sei der heutige siebenfache Weltmeister noch lange nicht dort gewesen, wo er heute sei, sagt der Ingenieur.
Talent mit Wissbegierigkeit
Capietto beschreibt Hamilton zu Beginn seiner Karriere als einen Fahrer, der sich auf sein Popometer verlassen habe. "Er war nicht super gut beim Bremsen und hatte noch nicht viel Technik gelernt, wie zum Beispiel Referenzpunkte beim Bremsen und bei Linien", so Capietto. "Er hat damals alles aus dem Bauch heraus gemacht, aber es gab einen Winter, in dem wir hart daran gearbeitet haben."
"Als er verstand, dass er das zusätzlich zu seinem natürlichen Talent brauchte, machte er einen guten Job", fährt Capietto fort. "Er hat 15 Rennen gewonnen und 13 Polepositions geholt. Wenn wir ins Qualifying gingen, wussten wir, dass er etwas bewegen würde. In der Formel-3-Euroserie fand das Qualifying damals am Vormittag statt und in Deutschland war es immer feucht oder nass oder gemischt"."
"Wenn die Bedingungen gemischt waren, war er zu Beginn der Sessions manchmal eine Sekunde schneller als alle anderen. Er hatte das Auto unter Kontrolle", erinnert sich der Ingenieur. "Er war begierig zu lernen und die Welt zu entdecken. Er hat immer mit dem Team gearbeitet und viel Zeit in der Werkstatt verbracht. Er kam auch zum Essen mit dem Team. Es war einfach großartig, mit ihm zu arbeiten."
Leclerc hatte schon Erfahrung
Der Rest ist Geschichte: Hamilton schaffte den Sprung in die Königsklasse und gewann insgesamt sieben Formel-1-Titel. 2025 wird er erstmals für Ferrari an den Start gehen. Dort fährt er gemeinsam mit Leclerc, den Capietto ebenfalls aus seiner Zeit im Formelnachwuchs kennt. "Damals war es etwas anders, weil Charles schon etwas mehr Erfahrung hatte und quasi ein gestandener Fahrer war. Lewis hatten wir zu einem früheren Zeitpunkt."
"Die Atmosphäre war damals gut, wir hatten zwei Ferrari-Fahrer und die Marke war sehr involviert, ihre Fahrer zu beobachten", sagt Capietto. "Wir hatten eine gute Beziehung zu Massimo Rivola [damals Leiter der Ferrari Driver Academy]. Es war ein großartiges Jahr und es war toll, mit Charles zu arbeiten - es machte immer Spaß. Antonio [Fuoco] hat auch eine Rolle gespielt, denn die beiden waren Freunde und das hat für eine gute Atmosphäre im Team gesorgt."
Eines hatten Hamilton und Leclerc damals gemeinsam: Sie standen unter Beobachtung - Hamilton von McLaren, Leclerc von Ferrari. Beide hatten den Auftrag, Titel zu gewinnen. Leclerc hatte im Vergleich zu Hamilton weniger zu kämpfen und lag bereits zur Saisonhalbzeit klar in Führung. "Ich weiß nicht, ob er viel Druck verspürt hat", sagt Capietto. "Zu Beginn des Jahres war es etwas schwieriger, weil Fahrer mit mehr Erfahrung dabei waren. Vor allem sein Reifenmanagement war in den ersten Rennen nicht das Beste."
Vergleich sind nicht einfach
"Doch schon bald waren wir im Qualifying sehr stark, holten viele Polepositions und waren gut unterwegs. Das nahm den Druck, denn wir wussten, dass wir die Pace hatten und in der Lage waren, Rennen zu gewinnen", erklärt der Ingenieur. "Wir hatten auch nicht viele Probleme. Wenn man nach der Hälfte der Saison um den Titel kämpft und die anderen genauso schnell sind, kommt der Druck automatisch. Aber wir hatten einen leichten Pace-Vorteil, also war es einfacher, damit umzugehen."
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Hamilton und Leclerc, dazwischen lag für Capietto rund ein Jahrzehnt, deshalb sei es schwierig, "die beiden zu vergleichen". "Natürlich sind beide talentiert. Beide haben eine gute Kontrolle über das Auto und können mit gemischten oder nassen Bedingungen umgehen." Laut Capietto hatte Leclerc damals einen Vorteil, da er im Gegensatz zu Hamilton nicht viele theoretische Aspekte lernen musste. "Beide waren gut und haben Talent und Können kombiniert, gelernt und gearbeitet."
Dann ist da noch Piastri, der 2025 als McLaren-Pilot sein erstes Formel-1-Rennen gewann. Zusammen mit Norris holte er den ersten Konstrukteurstitel für McLaren seit 26 Jahren. "Er wirkt viel entspannter", sagt Capietto über den Australier, der auch für Prema fuhr. "Aber er stand auch unter Druck und war ein guter Arbeiter. Manchmal haben wir uns gefragt: 'Hat er verstanden? Hat er zugehört?' Wir haben es wiederholt, aber am Ende hat er es besser gemacht, als wir dachten."
Piastri eher Mathematiker
"Er ist auch talentiert, aber etwas mathematischer, er macht alles mit einem Plan, während Hamilton sich viel mehr auf sein Gefühl verlassen hat. Aber das war vor 20 Jahren, heute ist er [Hamilton] wahrscheinlich ganz anders." Damals fuhr Piastri mit dem Prema-IndyCar-Piloten Robert Shwartzmann. "Das war ein gutes Team, die beiden waren Freunde und es herrschte eine gute Atmosphäre im Team. Es war ähnlich wie bei Leclerc und Fuoco."
Prema hat das Ziel, seine Fahrer eines Tages in Richtung Formel 1 zu bringen, mit der IndyCar-Serie hat das Team nun ein zweites Standbein, mit dem sich die Fahrer eine Profikarriere aufbauen können. "Wir haben bei Prema schon viele Formel-1-Fahrer hervorgebracht, auch bei ART. Wir sind stolz darauf, ein Teil ihres Erfolges zu sein, denn wir haben ihnen dabei geholfen."