Red Bull: Warum ein Rückgang auf den RB19 keine Lösung war
Red Bulls Technikchef Pierre Wache spricht über die Probleme des RB20, die für Fans nicht sichtbar waren - Zurückgehen auf den RB19 war keine Lösung
(Motorsport-Total.com) - Hinter Red Bull liegt eine schwierige Formel-1-Saison 2024. Zwar konnte Max Verstappen seinen vierten Fahrertitel in Folge holen, in der Konstrukteurswertung ist der Rennstall aus Milton Keynes aber auf Rang drei zurückgefallen. Vor allem die Konkurrenz um McLaren und Ferrari konnte große Fortschritte erzielen, doch das kommt für Technikchef Pierre Wache nicht überraschend.
"Die Saison war im Grunde so schwierig, wie wir erwartet hatten", sagt er im Gespräch mit der niederländischen Ausgabe von Motorsport.com, einer Schwesterseite von Motorsport-Total.com im Motorsport Network.
"Ich würde sagen, dass wir zu Beginn der Saison eher überrascht waren, weil wir einen so großen Vorsprung hatten. Wir hatten erwartet, dass die ganze Saison wie das Ende der Saison verlaufen würde, ein großer Kampf mit den anderen. Wir haben nicht erwartet, dass wir in der Mitte der Saison in ein so großes Loch fallen, aber wir haben einen großen Kampf mit anderen erwartet."
Mit dem Loch in der Mitte der Saison bezieht er sich auf die Balanceprobleme, die Red Bull mit dem RB20 vor allem ab Miami und Imola an hatte. "Es gibt mehrere Aspekte dieser Geschichte. Der erste ist die Korrelation, dass das Auto einige andere Eigenschaften hatte, als wir in Bezug auf die Aerodynamik erwartet hatten", so Wache.
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1. Bahrain: Wie im Vorjahr gelingt Sergio Perez auch 2024 der Sieg beim Formel-1-Auftakt in Sachir. Der Mexikaner gewinnt vor den beiden Ferraris, die mit einem doppelten Podium in das Jahr starten. Stand: 1. Perez (25), 2. Sainz (18), 3. Leclerc (16), 4. Russell (12), 5. Norris (10). Fotostrecke
"Ein weiterer Aspekt ist, dass wir nicht erwartet haben, dass einige Elemente die Leistung des Autos so stark beeinflussen würden. Sie waren nicht gewollt, aber vielleicht haben wir uns nicht genug auf sie konzentriert. Diese Elemente waren am Ende der Saison immer noch da und wir müssen sie für 2025 in Ordnung bringen", sagt er.
"Wir hatten in einigen Bereichen einen Abtriebsverlust, und deshalb haben wir auf der Strecke nicht die Leistung gezeigt, die wir uns im Windkanal erhofft hatten. Das ist ein Korrelationsproblem, und was die Leistung auf der Strecke angeht, war es vor allem ein Balanceproblem", meint er.
Warum eine ältere Spezifikation keine Lösung war
Zeichen dieser Balanceprobleme waren schon recht früh erkennbar, führten aber nicht direkt zu Änderungen. Gefragt, wann Wache die Probleme zum ersten Mal bemerkte, und ob es bereits in Bahrain Anzeichen gab, antwortet er: "Ich glaube, wir haben es bemerkt, aber danach war das Auto schnell und wir wollten es nicht stark verändern."
"Als wir nach Europa zurückkamen und mehr von McLaren herausgefordert wurden, wurde es immer klarer, dass eines unserer größten Probleme darin bestand, schneller zu werden."
Das lässt Red Bull glauben, dass der RB20 mehr Potenzial hatte, als auf der Strecke gezeigt werden konnte: "Wir hatten eindeutig ein gewisses Potenzial, das wir aufgrund der Balanceprobleme nicht ausschöpfen konnten", sagt Wache.
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"Wir haben uns nach Monza und seit Austin verbessert, aber es liegt noch ein großer Schritt vor uns, um es auszuschöpfen. Ich bin mir nicht sicher, ob wir das können, denn es ist immer ein Kompromiss. Vielleicht müssen wir das Gesamtpotenzial reduzieren, um die Leistung herauszuholen, damit wir eine bessere Balance haben", meint er.
Doch er betont: "Um das klarzustellen, der RB20 ist schneller als der RB19. Unter dem gleichen Reglement war der RB19 vielleicht ein gutes Auto, das beste Auto im Jahr 2023, aber wenn wir dieses Auto auch 2024 benutzt hätten, wären wir langsamer gewesen. Das muss man bedenken."
Zurück auf das alte Auto zu wechseln war daher keine Lösung. "Das könnten wir, aber irgendwann sehen wir, dass wir unter den gleichen Bedingungen und auf den gleichen Reifen eine Sekunde schneller sind als im vergangenen Jahr. Natürlich können wir zurückgehen, aber wenn man eine Sekunde langsamer ist, steht man in Abu Dhabi ganz hinten in der Startaufstellung, das liegt also an uns", schmunzelt Wache.
"In Katar hatte das Auto die gleiche Charakteristik und wir waren in der Lage, fair zu gewinnen und das schnellste Auto für diese Strecke zu bauen. Die Leistung ist also immer relativ zu den anderen."
Problem nicht mit Mercedes-Bodywork verknüpft?
Während eines Interviews in Singapur sagte Max Verstappen, dass die Probleme von Red Bull nicht mit Teilen des Autos zusammenhingen, die die Fans sehen konnten. Eine Einschätzung, die Wache teilt: "Ja, ich stimme zu, es war von außen nicht wirklich sichtbar."
"Es hängt eher damit zusammen, was das Auto in Bezug auf den Abtrieb, die Charakteristiken und auch einige mechanische Aspekte produziert. Es geht nicht um das Bodywork", sagt er.
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Obwohl der Unterboden und die mechanischen Entscheidungen die wichtigsten Faktoren waren, wurde viel Aufmerksamkeit auf das Bodywork des RB20 gelenkt - vor allem auf die Ähnlichkeiten mit dem, was Mercedes vor ein paar Jahren versuchte.
Das Bodywork wurde im Laufe der Saison verändert, auch wenn Wache betont, dass diese Änderungen nichts mit den Problemen von Red Bull zu tun hatten. "Es wurde zwar geändert, aber nur, weil wir mit dem Bodywork selbst Leistung gefunden haben. Es lag nicht daran, dass das Bodywork nicht funktionierte. Das war eher eine natürliche Entwicklung", sagt er.