• 05. Dezember 2024 · 16:32 Uhr

Was wirklich hinter Hamiltons "Nicht mehr schnell"-Kommentar steckt

Auch ein siebenfacher Formel-1-Champion darf zweifeln: Lewis Hamilton beendet in Abu Dhabi eine seiner herausforderndsten Saisons, ein neues Kapitel wartet schon

(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton wurde zum erfolgreichsten Formel-1-Fahrer der Geschichte - dank seines unerschütterlichen Glaubens an seine eigenen Fähigkeiten.

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Hamilton auf dem Absprung: Noch ein Rennen mit Mercedes, dann geht es zu Ferrari Zoom Download

Diese Überzeugung trug er seit dem Moment, als ich ihn vor über 25 Jahren in seinem Elternhaus in Stevenage/England zum ersten Mal traf. Damals war er noch ein junger Kartfahrer, der davon träumte, es ganz nach oben zu schaffen.

Umso überraschender wirkten seine Bemerkungen beim Katar-Grand-Prix 2024, dass er "nicht mehr schnell" sei - eine Aussage, die so gar nicht zu dem Bild passt, das man von Hamilton kennt. Doch wer glaubt, dass Hamilton selbst meint, seine besten Tage seien vorbei und er habe seinen Zenit überschritten, liegt falsch. Einen Tag später stellte er klar: "Ich weiß, dass ich es immer noch draufhabe."

Stattdessen müssen Hamiltons Bemerkungen im Kontext dessen gesehen werden, was vielleicht die mental herausforderndste Formel-1-Saison seiner Karriere war.

Die Ergebnisse waren schwer zu erreichen, das Auto bereitete ihm Probleme, und all das geschah vor dem Hintergrund einer komplizierten Situation, in der er innerhalb eines Teams agiert, das er am Ende dieser Saison verlassen wird.

Woran liegt es: Auto oder Fahrer?

Was die Situation noch komplizierter machte, war die fehlende Erklärung dafür, warum Hamilton mehr Schwierigkeiten hatte als Teamkollege George Russell, insbesondere an Samstagen. Das wirft die Frage auf: Liegt es am Auto oder an ihm selbst?

Von außen sind Hamiltons Formschwankungen schwer zu begreifen. Wie konnte er etwa beim Grand Prix von Brasilien völlig verloren wirken und dann in Vegas von Platz zehn auf zwei stürmen? Selbst Hamilton hat keine klare Antwort.

Auf die Frage nach einer Erklärung sagte er in Katar: "Ich weiß nicht einmal, wo ich anfangen soll. Es ist jedes Wochenende anders. Es gibt nichts, was ich sagen könnte, das einen Unterschied macht. Wir arbeiten im Hintergrund an vielen Dingen. Aber es ist nicht wirklich etwas, worüber ich sprechen möchte."


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"Das Arbeitsfenster, das man mit einem Auto hat - manche haben ein größeres Arbeitsfenster, manche ein engeres, was das Aerodynamik-Paket betrifft. Dann gibt es die Reifen. Wenn Sie sich das Rennen in Las Vegas ansehen: Warum waren wir so schnell? Weil wir die Reifen ins Fenster bekommen konnten und andere hatten Probleme. Jeder kämpft mit etwas anderem", grübelte der Mercedes-Pilot.

"Ich weiß, woran wir arbeiten und durch welche Dinge wir gehen müssen. Es ist sehr technisch, aber es ist nicht wirklich etwas, worüber ich sprechen möchte ..."

Gerüchte über Ungleichheiten

Die großen Abstände zwischen Hamilton und Russell - wie die 0,4 Sekunden in Katar - führten bei Fans unweigerlich zu Spekulationen, ob es Unterschiede bei den Autos gibt. Dabei waren die Autos über weite Teile der Saison technisch gleich.

Nur in einigen Fällen, wie in Monaco, erhielt Russell den neuen Frontflügel, nachdem Hamilton ihn abgelehnt hatte, weil keine Ersatzteile verfügbar waren - ein Unfall im Qualifying hätte einen Rennstart aus der Boxengasse bedeutet.

Es gab auch Veränderungen bei den Spezifikationen rund um die Grands Prix in den USA und Mexiko, als das neueste Upgrade zu nervösen Balanceproblemen führte, die Spins und Unfälle bei beiden Fahrern verursachten - und die Reparatur der neuen Teile im Werk in britischen Brackley nötig machten.

Zusätzlich schüren strategische Entscheidungen, wie Russells Einstoppstrategie in Belgien oder Hamiltons Reifenwahl in Singapur, die Diskussionen weiter. Mercedes-Teamchef Toto Wolff wies jedoch alle Verschwörungstheorien zurück.

"Wir lieben unsere Fans, aber die, die sich verrückte Verschwörungen ausdenken, sind einfach Idioten. Sie haben keine Ahnung, haben wahrscheinlich nie in einem Rennwagen gesessen - oder vielleicht noch nicht mal in einem normalen Auto."

Selbstzweifel in schwierigen Zeiten

Neben den offenen Fragen zum Auto nagt die schwierige Saison auch an Hamiltons sonst so starkem Selbstbewusstsein. Trotz intensivem Training und harter Arbeit fällt es ihm schwer, die ausbleibenden Ergebnisse zu akzeptieren.

Er kann den Zahn der Zeit nicht aufhalten, und es steht außer Frage, dass er auf seinem höchsten Niveau sein muss, um all das zu liefern, wozu er in der Vergangenheit fähig war. Wenn die Ergebnisse ausbleiben, ist es nicht schwer zu verstehen, warum er sich vielleicht fragt, ob seine Brillanz nachlässt.

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Sein letztes Heimrennen im Silberpfeil konnte Hamilton für sich entscheiden Zoom Download

So sagte er nach seinem Sieg beim Großbritannien-Grand-Prix: "Es ist so schwer, für jeden. Aber wichtig ist, dass man in dieser Situation immer wieder aufsteht und tief gräbt, auch wenn man das Gefühl hat, am Boden zu sein. Es gab definitiv Tage zwischen 2021 und jetzt, an denen ich nicht das Gefühl hatte, gut genug zu sein oder dass ich jemals dorthin zurückkehren würde, wo ich heute bin."

"Wichtig ist, dass ich großartige Menschen um mich habe, die mich unterstützen. Jedes Mal, wenn ich sehe, wie mein Team sich anstrengt, ermutigt mich das, dasselbe zu tun."

Doch wie sich die Dinge seit der Sommerpause entwickelt haben und vielleicht ihren Tiefpunkt in Katar erreichten, wo alles, was schiefgehen konnte, auch schiefging, zeigt, wie schwierig diese Zeit für Hamilton ist. Ohne klare Erklärung für die guten oder schlechten Tage wird es fast unmöglich, einen Ausweg zu finden.

Ein neues Kapitel nach Abu Dhabi

In einer Ära, in der mentale Gesundheit ein großes Gesprächsthema auch in der Formel 1 ist, vergisst man manchmal leicht, dass selbst die größten Superstars der Welt mit Herausforderungen kämpfen, die von außen nicht offensichtlich sind.

Vor dem Finale in Abu Dhabi merkt man Hamilton an, dass er die Saison und das Mercedes-Kapitel einfach nur abschließen will: "Ich glaube nicht, dass wir mit einem Höhepunkt enden werden. Wichtig ist, wie wir auftreten und unser Bestes geben. Ich werde es versuchen, aber große Hoffnungen habe ich nicht."


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Mercedes-Teamchef Wolff betont jedoch, dass die positiven Erinnerungen überwiegen werden, auch die Partnerschaft wahrscheinlich nicht mit einem triumphalen Sieg endet.

"Als er zu Beginn der Saison die Entscheidung getroffen hat zu gehen, wussten wir, dass es ein holpriges Jahr werden könnte, und das ist völlig normal. Er weiß, dass er woanders hingeht, und wir wissen, dass es mit Kimi (Antonelli; Anm. d. R.) weitergeht."

"Trotzdem die Höhen und Tiefen gemeinsam durchzustehen und zusammenzuhalten, ist etwas, das wir erreicht haben", sagte Wolff in Katar. "Nach nächstem Sonntag werden wir auf diese großartige Zeit zurückblicken, anstatt auf eine Saison mit besonders schlechten Rennen. Wir werden die guten Erinnerungen behalten."

Als Hamilton nach den Ereignissen in Abu Dhabi 2021 in die Winterpause ging, kehrte er kurz vor dem Start der neuen Saison mit einem ikonischen Tweet zurück. Jetzt, wo für ihn bei Ferrari ein neues Kapitel beginnt, in einem Auto, das deutlich konkurrenzfähiger scheint als der knifflige W15, spricht viel dafür, mit neuer Kraft und frischer Motivation nächstes Jahr in Australien wieder durchzustarten.

Und sollte er das tun, gäbe es keine bessere Antwort, als seinen legendären Tweet von damals noch einmal wiederzubeleben: "Ich war weg. Jetzt bin ich zurück."

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