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Sauber lobt Pourchaire weg: Auf den Spuren von Sebastien Bourdais
Der Platz neben Nico Hülkenberg ist für 2025 noch offen - warum der amtierende Formel-2-Meister und Sauber-Junior Theo Pourchaire keine Chance darauf hat
(Motorsport-Total.com) - Es ist ruhig geworden um Formel-2-Meister Theo Pourchaire, zumindest diesseits des großen Teichs: Der Nachwuchspilot des Sauber-Teams hat sich für die Saison 2024 in der IndyCar-Serie McLaren angeschlossen, exklusive der Indy 500. Für das Engagement hat der Franzose auch sein eigentlich geplantes Jahr in der japanischen Super Formula abgesagt.
© Motorsport Images
Der Franzose Theo Pourchaire gewann 2023 die Formel-2-Meisterschaft Zoom Download
Am Rande des Großen Preises von Monaco erklärt Sauber-Repräsentant Alessandro Alunni Bravi die Gedankenspiele seines Teams mit Pourchaire, auf den der zukünftige Audi-Rennstall weiter eine Option besitzt.
"Das ursprüngliche Programm für Theo war, seine Rolle als Reservefahrer mit einem Rennprogramm zu verbinden, denn wir wollen natürlich, dass er bereit ist, falls einer unserer Fahrer nicht verfügbar ist", sagt Alunni Bravi im Interview mit Motorsport-Total.com.
McLarens Lockruf: Lieber IndyCar als Super Formula
Dabei fiel die Wahl zunächst aufs ferne Japan: "Ein Programm, wie in der Super Formula, ist eine der besten Chancen, um im Saft zu bleiben. Das Auto ist zumindest bei den Kurvengeschwindigkeiten recht ähnlich zur Formel 1 und man kann an der ganzen Saison teilnehmen, und trotzdem noch für die meisten Rennen verfügbar sein", erklärt der Sauber-Boss die Überlegungen mit dem Junior.
"Doch dann hat uns Zak Brown kontaktiert, und es gab diese Möglichkeit in der IndyCar-Serie mit McLaren, was meiner Meinung nach auch für die Zukunft seine beste Chance ist", sagt Alunni Bravi und führt aus: "Zuerst einmal ist IndyCar, zusammen mit der Formel 1, die Topklasse für Monoposto-Motorsport, mit erfahrenen Piloten und einem sehr starken Feld."
"Zweitens: McLaren ist eines der Top-Teams. Das ist für Theo auch eine sehr gute Option, um auf hohem Niveau zu arbeiten, wie man es in einer Nachwuchskategorie wie der Formel 2 oder Super Formula nicht hat. Diese Gelegenheit durfte er sich nicht entgehen lassen", findet Alunni Bravi. Dort könne Pourchaire auch "ein professioneller Fahrer werden", selbst wenn es mit der Formel-1-Karriere nicht mehr klappen sollte.
Pourchaire: Nächster Formel-2-Champion ohne Cockpit
Dass Letzteres durchaus ein realistisches Szenario ist, beweist der Umstand, dass mit Pourchaire ein weiterer Formel-2-Champion der jüngeren Vergangenheit von der Königsklasse erstmal übergangen wird: Er reiht sich damit nahtlos ein hinter Aston-Martin-Junior Felipe Drugovich, der seit seinem Erfolg 2022 ebenfalls auf den Aufstieg wartet.
Doch Pourchaire hat noch ein Problem, denn so wirklich überzeugen konnte er von den entscheidenden Leuten im Fahrerlager mit seinem Titel 2023 scheinbar niemanden - holte er ihn doch erst im dritten Jahr und war über die gesamte Saison gefühlt Frederik Vesti der schnellere Mann: Der dänische Mercedes-Junior holte sechs Siege, Pourchaire nur einen, trotz Titel.
Wie viel der nun wert ist, zeigt sich auch daran, dass Sauber sich nicht gerade darum reißt, seinen Youngster zu befördern - dabei hätte das zukünftige Audi-Team 2025 noch einen Platz frei neben Neuverpflichtung Nico Hülkenberg. Doch im Fahrerlager ist es ein offenes Geheimnis, dass der Rennstall um die Dienste von Carlos Sainz wirbt, an Poruchaire denkt in Hinwil und Ingolstadt niemand.
Der Mann aus der Parfüm-Stadt Grasse sei zwar schnell, aber eben auch kein Ausnahmetalent wie etwa ein Oscar Piastri, dem sich Pourchaire 2020 überdies knapp im Titelkampf der Formel 3 geschlagen geben musste. Auch die Simulatorzeiten und Testeindrücke des Franzosen seien solide, aber eben nichts Außergewöhnliches, wie es hinter vorgehaltener Hand heißt.
Alunni Bravi: "Brauchen einen erfahrenen Fahrer"
Seitens des Sauber-Teams und von Repräsentant Alunni Bravi, klingt die offizielle Begründung für das freundliche Nein zu Pourchaire natürlich ein bisschen netter: "In unserer aktuellen Situation brauchen wir einen erfahrenen Fahrer, um dem Team in dieser Übergangsphase zu helfen."
Kurzum, das Timing passe deshalb einfach nicht für einen Rookie: "Wenn du deine Fahrer wählst, geht es um eine Kombination aus verschiedenen Dingen", sagt der Italiener und listet auf: "Die Position des Teams, die Entwicklungsrichtung, die Kombination mit dem anderen Piloten."
Dennoch sei der Zug in Richtung Formel 1 noch nicht abgefahren für Pourchaire: "Der Fakt, dass wir für nächstes Jahr keinen Sitz für ihn haben, heißt nicht, dass wir keinen Zugriff mehr auf ihn haben wollen, um sein Potenzial und Wachstum zu sehen. Aber wir müssen ihn in die richtige Umgebung setzen und der Deal mit McLaren erlaubt genau das."
Das Team könne Pourchaire für ein Stammcockpit schließlich jederzeit zurückholen, erklärt Alunni Bravi, und glaube weiter an ihn: "Sonst hätten wir ihn ja aus dem Vertrag entlassen können", sagt der Sauber-Repräsentant: "Aber wir wollten die Kontrolle behalten, denn er ist ein sehr guter Fahrer."
Bourdais als Beispiel für Rückkehr nach Europa
Deshalb findet Alunni Bravi: "Das war ein guter Deal für beide Seiten." Trotzdem gibt der 49-Jährige seinem Youngster den Rat, sich voll auf die neue Aufgabe in Amerika einzulassen und zu konzentrieren, "um ein neues Kapitel seiner Rennkarriere zu öffnen, in einer Top-Kategorie des Motorsports".
Und so wird man den Eindruck nicht los, als lobe Sauber seinen Junioren regelrecht weg - erst recht, wenn man einem markanten Vergleich Alunni Bravis lauscht: "Ich denke, er hat all die Anlagen, um dort den Spuren eines anderen französischen Fahrers zu folgen, der sehr erfolgreich in der IndyCar war: Sebastien Bourdais."
Der Franzose gewann 2002 den Titel in der Formel 3000, der späteren GP2 und heutigen Formel-2-Serie, ging anschließend in die Staaten und machte dort mit vier Titeln in der Champ-Car-Serie auf sich aufmerksam. Zur Saison 2008 gelang ihm mit dieser Visitenkarte in der Tasche die Rückkehr nach Europa und der Sprung ins Formel-1-Cockpit bei Toro Rosso.
Der Vergleich mit dem Landsmann sei deshalb nicht zufällig gewählt, sagt Alunni Bravi, "denn ich glaube, wenn Theo dort Erfolg hat, um Siege oder Titel kämpft, dann kommt er in einer ganz anderen Position zurück", sagt der Italiener, "dann gibt es gute Chancen, diese Lernkurve zu durchlaufen und sich als Top-Fahrer zu etablieren".
Was Alunni Bravi allerdings nicht sagt: Von Erfolg gekrönt war die Formel-1-Karriere des hoch veranlagten Sebastien Bourdais nicht gerade. Ausgerechnet den jungen Sebastian Vettel bekam der Franzose damals als Teamkollegen, zog gegen den Deutschen den Kürzeren und verabschiedete sich nach nur anderthalb Jahren wieder aus der Königsklasse.
Vielleicht überlegt es sich Pourchaire also lieber gleich von vornherein, ob er im Fall der Fälle überhaupt zurück möchte nach Europa und in die Formel 1, die trotz allen Talents scheinbar ganz gut auf ihn verzichten kann ...