• 17. April 2023 · 11:43 Uhr

Formel-1-Technik: Wie das "Wunder-DRS" von Red Bull funktioniert

Wie Red Bull es mit dem RB19 schafft, bei Einsatz von DRS einen um 30 km/h höheren Topspeed als die Mitbewerber zu erzielen, und welche technischen Gründe das hat

(Motorsport-Total.com) - Der Topspeed-Vorteil des Red Bull RB19 in der Formel-1-Saison 2023 ist eklatant: Bei aktiviertem Drag-Reduction-System (DRS), also flachgestelltem Heckflügel, ist das Fahrzeug von Max Verstappen und Sergio Perez gut 30 km/h schneller als die Konkurrenz. Was die Frage aufwirft: Was macht Red Bull anders? Und ist da vielleicht eine "Grauzone" im Reglement im Spiel?

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Offenes DRS am Red Bull RB19 von Max Verstappen in Australien 2023 Zoom Download

Eine Antwort auf die zweite Frage gibt Formel-1-Experte Gary Anderson in seinem Beitrag bei 'The Race' gleich vorneweg: Der außerordentlich gute Topspeed sei einfach die Folge eines "sehr effizienten Autos". Und: "Dass Red Bull einen so großen Vorteil erzielt, liegt nicht nur am DRS, sondern am kompletten Fahrzeug."

Nichtsdestotrotz handle es sich hier um einen "gewaltigen" Unterschied zu den Mittbewerbern. "Wenn der Heckflügel flachgestellt wird und um die erlaubten 85 Millimeter geöffnet ist, dann reduziert sich der Luftwiderstand, sodass 15 bis 18 oder vielleicht bis 20 km/h mehr Topspeed möglich sind." Wie also schafft es Red Bull, noch deutlich mehr rauszuholen beim DRS-Einsatz?

Unterschiedliche Heckflügel-Konzepte in der Formel 1

Eine erste Antwort auf diese Frage geben die unterschiedlichen Heckflügel-Konstruktionen der Topteams. Red Bull etwa setzt ein sich zur Endplatte hin stark verjüngendes Hauptprofil ein, Ferrari und Mercedes an der Schulter zur Endplatte deutlich tiefere Elemente. Hinzu kommen bei Ferrari und Mercedes noch Abstandshalter im äußeren Bereich des Heckflügels.

Anderson erklärt dazu: "Ein kleiner Bereich des Flügels produziert [bei Ferrari und Mercedes] also etwas mehr Abtrieb und damit auch mehr Luftwiderstand, wenn das DRS aktiviert ist. Dabei will man aber ja in dieser Situation so wenig Luftwiderstand wie möglich haben."


Fotostrecke: Formel-1-Technik: Detailfotos beim Australien-Grand-Prix 2023

Doch es liegt nicht allein am Heckflügel, meint Anderson: "Man muss den Luftstrom am Heck des Fahrzeugs als eine große Einheit betrachten. Denn wenn der Diffusor, der Beam-Wing und der Heckflügel miteinander harmonieren, dann sind sie zusammen viel leistungsfähiger als individuell."

Warum der Beam-Wing entscheidend ist

Bei aktiviertem DRS ändert sich das Gefüge im Heckbereich des Fahrzeugs. "Im Prinzip reduziert sich dann [beim Beam-Wing und beim Diffusor] das Potenzial, Abtrieb zu generieren", sagt Anderson. "Wenn das korrekt umgesetzt wird am Auto, dann reduziert sich damit auch der Luftwiderstand."

Anderson beobachtet einen kleineren Beam-Wing bei Ferrari und erkennt darin einen Nachteil. "Mercedes ist beim Beam-Wing zwar ähnlich aufgestellt wie Red Bull, aber Mercedes fährt immer mit mehr Abtrieb auf dem Heckflügel. Das generiert mehr Luftwiderstand bei geschlossenem Heckflügel, aber es generiert eben auch mehr Abtrieb und Luftwiderstand, wenn das DRS aktiviert ist."

Adrian Newey als größtes Argument von Red Bull

Das zeige, wie kleinteilig die Formel-1-Aerodynamik im Heckbereich geworden sei und wie schwierig es ist, alle Faktoren ideal miteinander zu kombinieren. "Es braucht schon das Verständnis eines Adrian Newey und seiner technischen Mannschaft in Milton Keynes, um das umzusetzen", sagt Anderson. "Das zeichnet Red Bull aus. Denn Red Bull ist das einzige Team, das die Sache so gut im Griff hat."

Newey und seine Kollegen hätten in diesem Fall also keine "Wunderlösung" gefunden, sondern den RB19 einfach nur sehr konsequent auf die geschilderten Qualitäten hin optimiert. "Wie der Luftstrom über den Seitenkasten und in die Luftöffnungen strömt, das hat dramatische Auswirkungen auf die Leistung des Unterbodens", meint Anderson. "Hier muss alles harmonisch aufeinander abgestimmt sein."

"Deshalb kriegt Red Bull mehr heraus aus dem DRS. Nicht, weil es einen Trick anwendet, sondern weil es ein Auto hat, [dessen einzelne Komponenten] aerodynamisch gut zusammenspielen."

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