Pirelli an Rückkehr der "Monster-Reifen" interessiert
Die Formel 1 will wieder spektakulärer werden: Wann die riesigen Hinterreifen der Vergangenheit zurückkehren könnten und welche Breite sich Pirelli vorstellen könnte
(Motorsport-Total.com) - Was fehlt der heutigen Formel 1, um bei den Besuchern auf den Tribünen wieder für offene Münder und große Augen zu sorgen? Viele nennen den aktuellen Sound als Problem, aber auch das Aussehen der Boliden wird immer wieder kritisiert. Ex-Formel-1-Pilot Jacques Villeneuve, der durch sein legendären Vater noch die wilden Jahre der Königsklasse des Motorsports miterlebte, beanstandete schon in den 1990er-Jahren: "Früher sahen die Autos noch wie Monster aus, mit ihren riesigen Reifen, aber heute..."
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Legendär: In den 1970er-Jahren waren die Hinterreifen deutlich breiter als heute Zoom Download
Und genau da will man jetzt ansetzen: Die Reifen sollen wieder größer werden. Das hätte vermutlich auch den angenehmen Nebeneffekt, dass die Piloten mehr Grip zur Verfügung hätten und nicht ständig zum Reifenschonen gezwungen werden, was bei vielen Fahrern schlecht ankam.
"Wir haben mit Charlie darüber gesprochen", bestätigt Pirellis Motorsportchef Paul Hembery gegenüber 'Autosport', dass das Thema bereits auf Rennleiter Charlie Whitings Schreibtisch liegt und man diesbezüglich offen für Veränderungen sei. "Breitere Reifen? Das klingt gut. Wenn man die Bilder der Autos aus den 1970er-Jahren sieht, dann wirkt es nicht so extrem wie bei einem Dragster, aber man denkt sich: 'Wow, schau dir das mal an!'"
Hembery: Breite Reifen frühestens 2017
Genau diesen Eindruck würden die aktuellen Pneus nicht bieten: "Derzeit sind die Reifen aus meiner Sicht sehr klein. Wir stehen dieser Diskussion also offen gegenüber - wir benötigen etwas Vorlaufzeit, werden aber tun, was der Sport braucht."
Die Diskussion ist keinesfalls neu: Bereits 2008 entschied man sich, die Optik der Reifen zu verbessern. Damals steckte man die umstrittenen Rillenreifen nach einem Jahrzehnt ins Museum und setzte wieder auf profillose Slicks. Doch wie lang müssen sich die Fans nun gedulden, ehe eine neue Reifengeneration kommt?
"Das bis 2016 zu schaffen, wird sehr, sehr schwierig", sagt Hembery. "Es müsste also schon 2017 sein." Das würde auch in die Planungen von Pirelli passen, denn der Vertrag der Italiener läuft noch bis Ende 2016. "Wenn wir ihn also erneuern, dann sollte das damit einher gehen."
Wie breit sollen die Hinterreifen werden?
Der Brite hat sich auch schon Gedanken gemacht, wie die neue Reifengeneration aussehen könnte: Er will eine Breite von 40 Zentimetern erreichen. Derzeit sind die Pneus hinten nur 32,5 Zentimeter breit, vorne gar nur 24,5 Zentimeter. "Das wäre der Wahnsinn, wenn wir über 400 Millimeter kommen, denn das klingt viel besser", frohlockt Hembery. "Das klingt so, als hätten wir 1.000 PS, das wäre auch großartig. Ich finde, dass es unserem Sport guttun würde, wenn wir wieder ein paar große Zahlen erreichen würden."
In puncto Dezibel ist dies derzeit nicht der Fall. Das rief die Puristen auf den Plan, die mit dem neuen Formel-1-Sound nichts anzufangen wissen. Der Sound sorgt dieser Tage an der Rennstrecke nicht mehr für ein sinnliches Erlebnis.
Sound: Sepang-Boss sieht Vorteil bei aktueller Formel 1
Doch es gibt nicht nur Kritiker der neuen Antriebsformel. Razlan Razali, Streckenchef des Sepang International Circuit, glaubt, dass die Formel 1 damit eine neue Zielgruppe anspricht. "Mir ist auf den Tribünen aufgefallen, dass wir jetzt Familien mit Kindern erreichen, die zuschauen und es mehr genießen", sagt der Malaysier gegenüber 'Reuters'.
Er sieht darin eine Verbesserung im Vergleich zur Vergangenheit, als "ein Vater seinem Kind Kopfhörer aufsetzte und sie sogar hielt, sonst hätte das Kind zu viel Angst bekommen, hätte zu weinen begonnen und hätte nach Hause gewollt. Wir ziehen jetzt eine andere Fanbasis an, und darum geht es doch."
Er selbst gibt aber zu, dass er der alten Formel 1 mehr abgewinnen konnte: "Nach den Rückmeldungen aus Australien haben wir uns große Sorgen gemacht. Sehr große Sorgen. Und als es dann in Malaysia weiterging, da gefiel es mir nicht. Es war einfach zu leise."