Pirelli will verschiedene Mischungen vorne und hinten erlauben
Noch ist unklar, wie sich das höhere Drehmoment der Turbos auf die Reifen auswirkt: Pirellis Motorsportchef Paul Hembery hat aber einen Notfallplan in der Tasche
(Motorsport-Total.com) - Im Vorjahr machte Pirelli durch die wenig haltbaren Reifen Negativ-Schlagzeilen - dieses Jahr ist die Herausforderung für den italienischen Reifenhersteller ungleich größer. Ursache: das neue Reglement. Die neuen Turbomotoren mit aufgewertetem Hybridantrieb besitzen deutlich mehr Drehmoment als die in den vergangenen Jahren eingesetzten Saugmotoren. Zudem produzieren Heckflügel und Auspuff dieses Jahr viel weniger Abtrieb, wodurch sich die Belastungen für die Reifen ebenfalls verändern werden.
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Hinten medium, vorne soft? 2014 vielleicht eine mögliche Herangehensweise Zoom Download
Da die Teams in Jerez - wenn überhaupt - nur Funktionstests absolvieren, konnte man noch keine wirklichen Erfahrungswerte mit der neuen Bolidengeneration sammeln. Pirellis Motorsportchef Paul Hembery stellt aber im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' klar: "Die Änderungen sind so groß, dass wir Überraschungen erleben könnten: Es könnte große Unterschiede zwischen den Autos geben, und möglicherweise haben wir die Auswirkungen des Drehmoments über- oder unterschätzt."
Durchdrehende Räder: Pirelli kann Lage noch nicht einschätzen
Bei den Simulatortests unter Modellbedingungen klagten viele Piloten über durchdrehende Räder. Und auch bei den ersten Versuchsfahrten mit den neuen Boliden sah man immer wieder Quersteher und Fahrer, die beim Beschleunigen Schwierigkeiten mit einer unruhigen Heckpartie hatten.
Dazu kommt, dass die Teams bei der Entwicklung unter neuen Reglementbedingungen erst am Anfang stehen. Es ist davon auszugehen, dass vor allem in der ersten Saisonhälfte große Fortschritte erzielt werden und sich die Rahmenbedingungen ändern: "Wir rechnen mit enormen Verbesserungen während der Saison, was den aerodynamischen Abtrieb anbelangt, da es sich um eine neue Technologie handelt, die die Teams erst in den Griff bekommen müssen."
Fingerspitzengefühl der Ingenieure gefragt
Und dass die Pirelli-Reifen die Teams in punkto Handhabung generell auf eine harte Probe stellen, haben schon die vergangenen Jahre bewiesen. Die Drehmoment-Problematik könnte dies sogar noch verschärfen, warnt Hembery: "Man muss bei den Mischungen das perfekte Arbeitsfenster treffen. Wenn man zu konservativ ist, dann riskiert man sogar noch mehr durchdrehende Räder, weil dann der mechanische Grip der Mischung fehlt."
Auch die gegenteilige Herangehensweise führt nicht zum Ziel: "Wenn man die andere Richtung einschlägt, dann entsteht zwar der mechanische Grip der Mischung, aber das kann nicht verhindern, dass die Reifen trotzdem durchdrehen. Es handelt sich also um einen Teufelskreis. Das einzig Gute daran ist, dass es für alle gleich ist."
Pirelli will Durchmischen der Reifentypen erlauben
Aus diesem Grund wird angedacht, das Durchmischen der Reifentypen zu erlauben. Was das bedeutet? Piloten dürfen zum Beispiel an der Hinterachse die Mischung Hard verwenden, während an der Vorderachse der Medium-Reifen zum Einsatz kommt. "Das höhere Drehmoment belastet die Hinterreifen", erklärt Hembery.
"Wenn man darauf mit der Reifenwahl reagiert, könnte das bedeuten, dass man große Probleme hat, die Vorderreifen auf Temperatur zu bringen. Es benötigt die Balance. Deswegen denken wir über diese Möglichkeit nach." Eine endgültige Entscheidung will man aber erst nach dem ersten Bahrain-Test treffen. "Dann haben wir sicher eine bessere Ahnung, wo wir stehen", bestätigt der Brite.