Mugello: Lieblingsstrecke ohne Formel-1-Perspektive
Viele Fahrer haben sich beim Test auf Anhieb in den Mugello-Kurs verliebt - Dennoch darf man sich weder als Renn-, noch als Teststrecke große Hoffnungen machen
(Motorsport-Total.com) - Bei den drei Testtagen eroberte Mugello die Herzen vieler Piloten im Sturm. Der Kurs in der Toskana sorgte mit seinen schnellen Mutkurven und der interessanten Topographie mit vielen Hügeln bei den Formel-1-Stars für Nervenkitzel. Die 5,425 Kilometer lange Strecke steht zwar im Besitz von Ferrari, was für die mögliche Austragung eines Grand Prix in Zukunft sicher kein Nachteil wäre, sie hat aber ein großes Problem: Mit Monza, wo der Grand Prix von Italien derzeit stattfindet, gibt es einen ungleich traditionsreicheren Austragungsort für Formel-1-Rennen.
Auch das Autodromo Enzo e Dino Ferrari in Imola besitzt deutlich mehr Formel-1-Historie als das 1974 erbaute Autodromo Internazionale del Mugello, das eher Motorrad-Fans ein Begriff ist. Das beweist auch der Umstand, dass die Tests für einige Grand-Prix-Piloten die erste Begegnung mit der italienischen Strecke war.
Alonso, D'Ambrosio und Bianchi würden sich Grand Prix wünschen
Nicht so für Fernando Alonso, doch selbst der Ferrari-Pilot konnte sich nur noch dunkel an Mugello erinnern. "Es war eine Freude, wieder hier zu fahren", zeigt er sich nun aber aufs Neue begeistert. "Das erste und einzige andere Mal war 2001, als ich für Minardi getestet habe. Es ist eine spektakuläre Strecke und es wäre schön, hier Rennen zu fahren", könnte er sich einen Grand Prix vorstellen.
Die Nachwuchspiloten schlagen in die gleiche Kerbe wie der zweifache Weltmeister. Jerome D'Ambrosio, der in Mugello sein Debüt im Lotus-Boliden gab, vergleicht den italienischen Kurs gleich mit einer Lieblingsstrecke vieler Piloten: "Mugello und Suzuka - das sind Strecken, die fantastisch zu fahren sind. Kurve acht ist etwas Besonderes, gerade in so einem Auto."
Und auch Ferrari-Junior und Force-India-Tester Jules Bianchi, der die Strecke aus der Formel 3 und vom Formel-1-Test mit der Ferrari-Akademie im Vorjahr kennt, könnte sich in Mugello ein Formel-1-Rennen vorstellen: "Es ist eine sehr schöne Strecke mit vielen schnellen Kurven. Schade, dass wir hier nicht fahren. Es ist eine sehr interessante Strecke." Toro-Rosso-Youngster und Landsmann Jean-Eric Vergne fand die Strecke schon bei seiner Premiere "fantastisch".
Schumacher und Massa kennen Mugello gut
Ferrari-Pilot Felipe Massa fällt auf, dass sich der Kurs in Mugello von den herkömmlichen Formel-1-Strecken unterscheidet. "Es ist wahr, dass sie ganz anders ist als die Strecken, wo wir normalerweise fahren", bestätigt der Brasilianer. "Und zwar, obwohl es ein paar Ähnlichkeiten zu anderen Strecken wie Barcelona vor den Änderungen mit der Schikane im dritten Sektor oder Silverstone gibt."
Kein Wunder, dass sich auch Michael Schumacher rasch heimisch fühlte. Der Rekordweltmeister kennt den Kurs von den zahlreichen Reifentests in seiner großen Ferrari-Zeit. Und die Tifosi nahmen ihm den Wechsel zu Mercedes offenbar nicht übel: "Es war schön, nach so vielen Jahren wieder in Mugello zu sein, und ich muss sagen, dass ich von den Tifosi auch sehr warmherzig willkommen geheißen wurde."
Viel Spaß, wenig Testnutzen
Sein Landsmann, Weltmeister Sebastian Vettel, hat das Fahren bei seiner Premiere in Mugello ebenfalls genossen: "Es ist nicht die Strecke, die wir normal im Kalender vorfinden, aber es macht riesig Spaß, hat irre schnelle Kurven. Es ist ein schöner Ritt bis zum Schluss und man freut sich dann wieder auf die nächste Runde. Leider haben wir keine solche Strecke im Kalender. Es ist eine unglaubliche Strecke: auf und ab, links und rechts, fast immer Hochgeschwindigkeit - davon träumst du im Formel-1-Auto, denn so spürst du den Abtrieb mal, den wir produzieren. Das fühlt sich toll an."
Wegen der herausfordernden Kurven benötigt man laut Vettel "ein paar Runden", bis man in Mugello schnell ist. Der Red-Bull¬-Pilot sieht aber auch ein Manko: "Zum Testen ist die Strecke vielleicht nicht ganz ideal."
Auch Nico Rosberg, der sich aus Fahrersicht ebenfalls unter die Mugello-Fans einreiht, findet, dass es sich nicht um die ideale Teststrecke handelt: "Für die Ingenieure wäre Barcelona vielleicht ein bisschen besser, weil es da mehr Kurventypen gibt. In Mugello kannst du hauptsächlich schnelle Kurven üben. Auf die Bremsen kommt es nicht so an. Und es gibt praktisch keine langsamen Kurven."
Force-India-Pilot Paul di Resta unterstreicht diese Meinung: "Es gibt Strecken, wo man mehr lernen kann und wo man eher herausfindet, dass deine Bemühungen in die richtige Richtung gehen." Dennoch mag er den Kurs: "Bitte nicht falsch verstehen - die Lage der Strecke, die für den Fahrer großartig ist, ist beeindruckend, und die Formel 1 braucht hohe Geschwindigkeiten, aber wir sind zum Testen hier und ich glaube, dass wir dafür einen langsamen Streckenabschnitt brauchen könnten, wo wir mehr Daten sammeln können."
Petrow findet Kurs zu gefährlich
Auch einem Formel-1-Rennen auf Autodromo Internazionale del Mugello steht er kritisch gegenüber: "Um ehrlich zu sein glaube ich nicht, dass die Strecke groß genug ist." Caterham-Pilot Witali Petrow schließt sich di Resta an: "Ich bin mir nicht sicher, ob es in der heutigen Zeit noch die richtige Strecke für die Formel 1 ist. Vielleicht ist alles etwas klein."
Der Russe hält den Kurs in der Toskana für zu gefährlich: "Einige Fahrer finden es nicht gut, dass wir hier testen. Da muss ich zustimmen. Es ist ein ziemlich gefährlicher Kurs, der an einigen Stellen nicht viel Platz bietet. Die Mauern stehen sehr nah an der Strecke. Wenn du in einer der schnellen Schikanen den Scheitelpunkt nur ein wenig verpasst, kann das einen höllischen Abflug zur Folge haben. Die letzte Kurve und der Bereich davor sind okay, dort gibt es genügend Sturzraum, aber der Rest ist kritisch. In den ersten beiden Sektoren sind wir fast nur im fünften, teilweise sogar im sechsten Gang unterwegs."
Zudem hält er die Strecke für "zu schmal": "Schon ein kleines Problem am Auto wie ein Nachlassen des Reifendrucks kann in einem großen Unfall enden." Trotz seiner Kritik kann er dem Kurs mit den 14 Kurven aber etwas abgewinnen: "Es ist in Mugello immer noch eine Herausforderung, eine schnelle Runde zusammenzubringen."