Ferrari-Schutzschild für Domenicali
Nach der Niederlage im Titelkampf steht die Führungsriege bei Ferrari in der Kritik: Maranello stellt dem Teamchef ein gutes Zeugnis aus
(Motorsport-Total.com) - In Italien trauert man immer noch der verpassten WM-Chance von Fernando Alonso nach. Der Spanier war aufgrund einer taktischen Fehlentscheidung in Abu Dhabi auf Rang sieben zurückgefallen und hatte somit gegen den neuen Weltmeister Sebastian Vettel den Kürzeren gezogen. Die italienischen Medien gingen am Montag nach dem Rennen sofort zur Attacke über, an den Ferrari-Verantwortlichen ließ man kaum ein gutes Haar.
Während sich Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo einiger Attacken aus der Politik ausgesetzt sah, hatten die italienischen Sportzeitungen Teamchef Stefano Domenicali und Chefingenieur Chris Dyer ins Visier genommen. Dyer wird für die taktische Fehlentscheidung von Abu Dhabi verantwortlich gemacht, angeblich soll der Australier seinen Hut nehmen. Domenicali versucht man mit einer Veröffentlichung auf der Ferrari-Homepage aus der Schusslinie zu nehmen.
Die Roten bemühen die Statistik, um den Teamchef in gutem Licht dastehen zu lassen. Seit Domenicali das Ruder übernommen habe, sei man in 54 Grands Prix insgesamt 40 Mal auf das Podest gefahren. "Niemand war besser", heißt es auf der Ferrari-Homepage. "Zum Vergleich: Red Bull schaffte 37 Podestplätze, McLaren 34. Für die anderen Teams blieben nur noch kleine Krümel übrig. Abgesehen von Brawn 2009, die nach einem Jahr der Wunder aber wieder verschwanden."
Domenicali erfolgreicher als Todt
Seit Domenicali mit einer Gruppe um die Herren Costa, Tombazis und Dyer die Verantwortung nach der erfolgreichen Ära mit Brawn, Schumacher und Todt übernommen habe, konnte Ferrari drei von acht möglichen Titeln einfahren. "Es gab nur ein einziges schlechtes Jahr. Das war 2009 und die damaligen Umstände sind bekannt", heißt es auf der Homepage. Im vergangenen Jahr musste man unter anderem auch den monatelangen Ausfall von Felipe Massa verkraften.
"Ein Teamchef wird zwar an Erfolgen gemessen, aber man darf nicht vergessen, dass es schon eine große Leistung ist, in Zeiten eines Umbruchs in technischer, sportlicher und finanzieller Hinsicht, sofort wieder vorne dabei zu sein", schützt man Domenicali mit Worten. Um den Italiener noch weiter in gutes Licht zu rücken, zieht man einen Vergleich mit den ersten drei Jahren der Todt-Ära heran.
"In den damaligen drei Jahren gab es fünf Siege, zwölf zweite Plätze, 14 dritte Ränge und 18 Top-10-Resultate, sieben Pole-Positions und fünf schnellste Rennrunden. Die dreijährige Periode, die mit dem Rennen in Abu Dhabi endete, stellt sich so dar: 14 Grand-Prix-Siege, neun zweite Plätze, 17 dritte Ränge, 38 Top-10-Resultate, zehn Pole-Positions und 19 schnellste Rennrunden."
Montezemolo macht Technikern Druck
"Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Noch wichtiger ist aber die Tatsache, das man damals erst 1997, also nach viereinhalb Jahren, bis zum letzten Rennen eine Titelchance hatte. Damals entglitt uns die Krone auch erst im allerletzten Rennen. Auch damals zeigte man in der Emotion des Moments mit dem Finger auf die Verantwortlichen. Und allen ist klar, wie sich die Geschichte danach weiter entwickelte", heißt es von Ferrari.
Klartext: Domenicali hat eine bessere Ausbeute als Todt. Aber hat er auch die gleichen Voraussetzungen vorgefunden? Als Schumacher 1996 zu Ferrari kam, lagen die Italiener am Boden. Die Situation war sicherlich deutlich schlechter als beim Wechsel von Fernando Alonso nach Maranello. Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo lässt Kritik an Domenicali nicht zu. Bei einem Besuch in Maranello machte er der Technikabteilung Druck. "Er wollte sich die Fortschritte beim Bau des 2011er-Autos zeigen lassen", heißt es von Ferrari, nachdem Montezemolo nach der Rückkehr aus Abu Dhabi durch das Werk ging.