Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat: Zak Brown
McLaren lehrt die Formel 1 das Fürchten: Zak Brown hat den Traditionsrennstall aus dem Dornröschenschlaf geholt - zugetraut haben ihm das die wenigsten
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Goldene Zeiten für McLaren: Zak Brown im Freudentaumel mit Lando Norris Zoom Download
während die meisten aus dem Formel-1-Tross die wohlverdiente Sommerpause damit verbrachten, sich am Strand die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen, zu entspannen, und einfach mal ein paar freie Tage zu genießen, machte Zak Brown das, was er am liebsten macht: an der Rennstrecke sein.
In seiner Heimat Kalifornien stationierte sich der McLaren-CEO ganze zwei Wochen in Laguna Seca und trieb das ein oder andere Schmuckstück aus seiner beeindruckenden Sammlung an historischen Rennfahrzeugen um die Kultstrecke mit dem "Corkscrew". Ohne Motorengeräusche, Benzingeruch und Racing, das kann der US-Amerikaner eben einfach nicht.
Brown ist ein leidenschaftlicher Petrolhead, ein Racer durch und durch - und vielleicht ist genau das Teil seines Erfolgsgeheimnisses, mit dem er McLaren nach Jahren im Dornröschenschlaf wieder zurück an die Spitze in der Formel 1 geführt hat. Zugetraut haben ihm das, so ehrlich muss man sein, die Wenigsten im Fahrerlager.
Ron Dennis' Erbe: McLaren endlich wieder an der Spitze
Zehn Nummern zu groß schien das Erbe des legendären Ron Dennis, viel zu groß der Rückstand auf die finanzstarken Werksteams, die dem britischen Traditionsrennstall mit der glorreichen Historie doch längst den Rang abgelaufen hatten.
Wie lange die guten McLaren-Zeiten indes schon her waren, das zeigt sich, nun, da das Team wieder Erfolg hat, anhand einiger Statistiken, die jetzt folgerichtig aufpoppen: Dass Lando Norris' Sieg am Sonntag in Zandvoort der erste für McLaren auf dem Dünenkurs war, seit vor fast 40 Jahren 1985 Niki Lauda dort triumphierte, liegt vor allem an der langen Absenz der Strecke im Rennkalender.
Dass es aber etwa der erste Sieg eines McLaren-Fahrers war, der von der Poleposition gestartet ist, seit Lewis Hamilton 2012 in Italien, das ist schon eine andere Hausnummer. Überhaupt war die Saison vor zwölf Jahren die letzte, in der McLaren mehr als ein Sieg gelang.
Der eine Ausreißer in tristen Jahren des Hinterherfahrens, beziehungsweise der leise und zaghafte Vorbote für den nun erfolgten Aufschwung, war schließlich vor drei Jahren in Monza: Als Daniel Ricciardo einen völlig überraschenden Sensationssieg einfuhr und anschließend ausgelassen mit Brown auf dem Podium über den Tifosi feierte.
Eine Erinnerung, die sich der McLaren-CEO sogar als Tattoo auf den linken Oberarm verewigen ließ, in Form einer Streckenkarte und dem Datum des Sieges. Allein: So beständig wie die Tinte unter seiner Haut war McLarens Form anschließend keineswegs - am Ende stellte sich der Triumph von Monza nur als Ausrutscher heraus, ein kurzes Aufflackern im Wind.
Anno 2024 sieht die Geschichte aber schon ganz anders aus, weshalb Brown die Tattoos jetzt auch eingestellt hat - so gesehen ein gutes Zeichen: "Sie müssen anfangen, mir Dinge zu versprechen. Ich weiß überhaupt nicht, warum ich immer der bin, der es abbekommt", scherzt Brown, der sich immerhin auch Norris' Premierensieg im Mai in Miami tätowieren ließ, in Bezug auf seine Fahrer.
Oscar Piastri musste sich für seinen ersten Grand-Prix-Sieg zuletzt in Budapest hingegen schon mit einer Irokesenperücke zufriedengeben. Gut möglich, dass Brown ahnt, dass der Platz auf seiner Haut sonst bald eng wird, wenn McLaren und seine Piloten so weitermachen: Eine ganz neue Form von Selbstbewusstsein, die man sich in Woking plötzlich wieder leisten kann, mit dem aktuell unumstritten besten Auto in der Formel 1.
Dabei will Sieger Norris von einer "Dominanz" am Sonntag nichts hören, lässt dafür weder den überlegenen Doppelsieg zuletzt in Ungarn noch den größten Siegervorsprung der Saison in Zandvoort gelten. Sein Boss Brown drückt sich da schon etwas diplomatischer aus: "Sagen wir es so: Ich bin nicht geschockt, aber angenehm überrascht von der Größe des Vorsprungs", schmunzelt der 52-Jährige.
Währenddessen fragt sich die ganze Königsklasse insgeheim, wo und wie McLaren das eigentlich hingezaubert hat, vor allem in der Kürze der Zeit? "Die waren so schlecht", erinnert sich in Zandvoort beispielsweise Mercedes-Teamchef Toto Wolff an McLaren vor nicht mal anderthalb Jahren. Dabei adelt Wolff das Kundenteam sogar damit, es als Vorbild für die eigene Entwicklung und Aufholjagd auf die Spitze hervorzuheben.
Wie zu Teenie-Zeiten: Brown dreht McLarens Glücksrad
Neid gibt es dabei keinen, vielmehr eine herzliche Gratulation und Umarmung des Wieners für Brown. Man versteht sich blendend, nicht zuletzt die gemeinsame Agenda gegen Red-Bull-Teamchef Christian Horner eint, auch auf persönlicher Ebene - und irgendwie sind Wolff und Brown ja eh zwei von einem Schlag, wie sich eigentlich schon in Teenagerjahren zeigte.
Während der eine in Wien all sein Geld in Kerzen für ein Lichtermeer investierte, um gemeinsam mit Freunden bei den ersten Business-Versuchen Geld zu verdienen, machte Brown als 13-Jähriger in der amerikanischen TV-Show Glücksrad mit, finanzierte sich mit der dort erspielten Kohle die nächsten Schritte in der eigenen Rennkarriere.
Mittlerweile sind die Summen, die der CEO des Sportwagenherstellers so bewegt, natürlich in ganz andere, schwindelerregende Höhen gestiegen. Doch sieht man sich nur mal die steile Formkurve an, so scheint Brown definitiv in die richtigen Strukturen, Richtungen und Leute investiert zu haben.
Für Zandvoort hat McLaren schließlich mal wieder in ein größeres Upgrade investiert, das erste umfangreiche seit Miami - und das ist offensichtlich erneut voll eingeschlagen, wie das Ergebnis zeigt: "Es war ein großer Sieg, noch dazu mit der schnellsten Runde am Schluss", strahlt Brown.
"Das werden wir heute Nacht feiern, und dann machen wir uns für Monza bereit", sagt der McLaren-Boss, ehe er eilig hinterherschiebt: "Und wir werden bereit sein, denn dafür haben wir gleich noch ein paar neue Teile dabei."
Für die Gegner klingen solche Ankündigungen mittlerweile längst wie Drohungen, hat doch so gut wie alles funktioniert, was McLarens Technikabteilung in den letzten gut 14 Monaten angefasst hat.
Diesen "Midas Touch", wie man im Englischen so schön sagt, haben sich Browns Mannen offensichtlich von ihrem Boss abgeschaut. Und so kann dieser am Ende der Feiernacht ganz beruhigt schlafen gehen, mit dem Wissen, dass sein Team nach aktuellem Stand als haushoher WM-Favorit in die Saison 2025 geht - und zumindest für den Konstrukteurstitel auch dieses Jahr noch beste Karten besitzt.
Man muss schon ziemlich genau suchen, um bei McLaren ein Haar in der Suppe zu finden. So, wie das mein Kollege Christian Nimmervoll in der Schwesterkolumne "Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat" getan hat.
Euer Frederik Hackbarth