Werde jetzt Teil der großen Community von Formel1.de auf Facebook, diskutiere mit tausenden Fans über die Formel 1 und bleibe auf dem Laufenden!
Liuzzi: "Bin noch nicht bei 100 Prozent"
Vitantonio Liuzzi über die Erwartungen für Silverstone, die kommenden Updates und den teaminternen Force-India-Kampf gegen Adrian Sutil
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Vitantonio, nun endlich wird wieder auf eine normalen Rennstrecke gefahren. Kannst du nun herausfinden, ob deine Topspeed-Probleme zuletzt am Chassis lagen?"
Vitantonio Liuzzi: "Ja, definitiv. Auf dieser Strecke bekommt man reale Eindrücke. Hier braucht man Abtrieb und hat auch gleichzeitig sehr lange Geraden. Es ist in etwa so wie in Barcelona, wo alle zum Testen gehen. Man hat von allem etwas und kann so wirklich die Vor- und Nachteile eines Autos deutlich erkennen."
"Ich freue mich wirklich sehr auf die ersten Fahrten am Freitag. Im ersten Freien Training werde ich nicht im Auto sitzen, aber im zweiten werde ich mal schauen, ob alles wie erwartet funktioniert und ob mit dem Auto alles okay ist."
Frage: "Hattest du in den vergangenen beiden Rennen den Eindruck, dass mit dem Wagen alles in Ordnung ist?"
Liuzzi: "Ja. Zumindest glauben wir das. Der Grund für den frühen Chassiswechsel in der Saison war, dass ich immer auf den Geraden zu langsam war. In Montréal war es aber offensichtlich kein Problem mehr - höchstens ein ganz klein wenig. In Valencia war alles ganz normal, also sollten wir kein Problem mehr haben. Mit dem neuen Chassis ist also offenbar alles gut. Es geht alles in die richtige Richtung."
Liuzzi: "Viel. Auf dieser Strecke brauchst du viel Abtrieb, vor allem im ersten Sektor. Aber auch im neuen Streckenabschnitt braucht du ordentlich Downforce. Es ist ein Gemisch aus mittelschnellen, langsamen und schnellen Kurven. Die Updates zu bringen ist sehr wichtig. Einige Teams haben schon den vom Auspuff angeströmten Diffusor, wir nicht. Wir bekommen einige neue Lösungen bezüglich des Frontflügels und des Unterbodens. Das sollte uns einen weiteren Schritt voran bringen und weiterhin Punkte ermöglichen."
Frage: "Es geht nun in die zweite Saisonhälfte. Siehst du noch die Chance, Renault und Mercedes einzuholen?"
Liuzzi: "Wir haben kein Ziel für die zweite Saisonhälfte ausgerufen, sondern wir haben nur Ziele für die Saison insgesamt. Wir erwarten aber, dass wir unsere aktuelle Punktzahl bis zum Jahresende mindestens verdoppeln. In der kommenden Phase der Saison kommen ein paar interessante Rennen, wo wir zuletzt immer sehr stark waren. Für den Rest der Saison sind wir ganz bestimmt gut aufgestellt."
"Wir haben keine große Sorge, dass nun zum Beispiel Williams von hinten näher kommt, nur weil sie zuletzt Vierter geworden sind. In Valencia war unser Auto schnell. Es hat eben nur nicht gepasst, weil ich nicht zur rechten Zeit am rechten Ort war und beim Boxenstopp viel verlor. Das war die Entscheidung. Wir sind aber guter Dinge,und haben noch große Ziele."
Frage: "Bist du den neuen Streckenabschnitt im Simulator gefahren?"
Liuzzi: "Ja. Das Team hatte vorher in der Fabrik schon einige Simulationen abgespult und gestern saß ich im Simulator, um die neue Passage kennenzulernen und etwas mit dem Setup zu spielen. Der neuen Teil ist schon ganz anders."
"Das erforderliche Abtriebsniveau ist leicht verändert und bezüglich des Setups muss man viele Dinge noch einmal überdenken. Die zweite Gerade im neuen Abschnitt macht es alles etwas schneller. Das wird bestimmt interessant. Die Bodenwellen könnten für einige Teams zum Problem werden, denn vor allem der neue Abschnitt scheint sehr wellig zu sein. Darauf muss man beim Setup reagieren."
Liuzzi: "Diese Bodenwelle ist immer noch da. Das könnte zum großen Problemfall werden. Normalerweise fährst du an der Stelle im sechsten oder siebten Gang Vollgas. Bei solchem Tempo ist eine Bodenwelle wirklich nicht ganz ohne. Das kann mit einem Formel-1-Auto sogar gefährlich werden, aber das Problem ist letztlich für alle gleich. Wir müssen eben mit einer größeren Bodenfreiheit auf die Bodenwellen reagieren."
Frage: "Wie zuversichtlich gehst du an dieses Wochenende?"
Liuzzi: "Es ist unser Heimrennen, wir haben hart auf diesen Event hingearbeitet. Seit dem vergangenen Jahr haben wir vor allem am Abtrieb des Autos enorm viel gemacht. Topspeed war ohnehin nie unser Problem. Wir haben einiges an Downforce gewonnen. Die Strecke gehört sicherlich nicht zu unseren liebsten, aber wir können trotzdem stark genug sein, um Punkte einzufahren. Das ist bei allen Rennen unser Ziel. Wir glauben schon, dass wir in guter Form sind."
"Wir haben einige Updates, um die Verbesserungen bei den Gegnern kompensieren zu können. Wir werden vielleicht beim folgenden Rennen unseren auspuffangeströmten Diffusor bekommen. Sicher ist das aber noch nicht. Hier haben wir ihn nicht. Ich denke, dass es eine komplizierte Lösung ist, die man nur schwierig nachträglich einbauen kann - allein schon wegen der Probleme mit hohen Temperaturen. Ich bin davon überzeugt, dass andere Teams nicht sofort wirklichen Nutzen daraus ziehen können."
Liuzzi: "Ich würde gern langfristig mit dem Team arbeiten. Ich fühle mich wohl, genieße das Vertrauen des Teams. Die Resultate, die sich bringe und das Feedback, das ich biete, sind recht gut. Ich sehe keinen Grund, warum man nicht zusammen weitermachen sollte. Ich bin 2007 gemeinsam mit Vijay (Mallya, Teamchef und Teambesitzer; Anm. d. Red.) in dieses Abenteuer gestartet."
"Ich bin davon überzeugt, dass wir im kommenden Jahr sogar noch eine Steigerung im Vergleich zu 2010 zeigen können. Ich freue mich darauf. Auf der anderen Seite halte ich natürlich immer die Augen offen. In der Formel 1 kann immer viel passieren. Aber im Moment fühle ich mich bei Force India gut aufgehoben."
Frage: "Inwiefern könnte Paul di Resta dir einen Platz wegschnappen, der mit viel Unterstützung gute Chancen haben soll?"
Liuzzi: "Das sind doch alles nur Spekulationen in den Medien. Ich sehe mich nicht in einer schwierigen Lage, denn ich kenne meine Position im Team. Aber in der Formel 1 sind Gerüchte an der Tagesordnung. Es überrascht also nicht, solche Dinge lesen zu müssen. Mich berührt das nicht, ich bin nicht weiter irritiert oder in Sorge."
Frage: "Aber die Ergebnisse waren doch bisher nicht immer wie gewünscht. Du bist mehrfach in Q1 hängengeblieben. Keine Sorgen?"
Liuzzi: "Nein. Zu meiner Toro-Rosso-Zeit gab es auch immer viel Gerede. Zu dieser Zeit habe ich gelernt, solchen Mist einfach an mir abprallen zu lassen und mich auf das Fahren zu konzentrieren. Ich kenne meine Möglichkeiten und Chancen und ich weiß, wie sich das Auto jeweils anfühlt. Meine Einrücke haben sich doch in Kanada bestätigt, als ich mit dem neuen Chassis sofort wieder bei der Musik war. Das Team hat mich immer unterstützt, hat mich in keinster Weise fallengelassen. Das Team glaubt mir, denn mein Feedback war immer nachvollziehbar. Ich habe also zu keiner Zeit etwas auf Gerüchte gegeben."
Frage: "Hast du das Gefühl, dass du jetzt das Beste aus dir und dem Auto herausholst?"
Liuzzi: "Nein, immer noch nicht ganz. Zu Beginn der Saison fühlte ich mich sehr gut, bevor es dann die Probleme mit dem Auto gab. Bahrain war für alle ein lockerer Auftakt. Danach hat mich das Problem mit dem Chassis etwas aus der Bahn geworfen. Ich bin noch nicht bei 100 Prozent."
Frage: "Wo verlierst du im Vergleich zu Adrian die Zeit?"
Liuzzi: "Das kommt doch auf das jeweilige Rennen an. Da müsste man sich die einzelnen Daten anschauen. Wenn alles normal läuft, dann sind wir auf Augenhöhe. Mal ist er schneller, mal ich. Es gibt da keinen großen Unterschied. Wie ich immer sage: Adrian ist verdammt gut, im Qualifying regelmäßig bei 100 Prozent. Wir treiben uns gegenseitig ans Limit."
"Zu Beginn der Saison hatte er im Qualifying seine Vorteile, in den ersten vier Rennen war das wohl so. Aber da waren wir auch neben der Spur wegen des Topspeedprobleme. Außerdem hing ich im Qualifying immer wieder im Verkehr. Das war in China, Australien und auch in Bahrain so. Bezüglich des generellen Speeds mache ich mir keine großen Sorgen. Wenn man sich natürlich nur die Ergebnisse anschaut und Daten und Umstände nicht kennt, dann urteilt man natürlich anders. Das ist ganz normal. Das Team weiß es und ich weiß es auch: Es gibt keinen großen Unterschied."