Hat sich Mercedes eingemischt in das Duell Hamilton/Russell - ja oder nein?
Wie Mercedes das teaminterne Duell zwischen Lewis Hamilton und George Russell beim Mexiko-Grand-Prix bewertet und warum Russell eigentlich chancenlos war
(Motorsport-Total.com) - Treffen sich zwei Mercedes-Fahrer im Mexiko-Grand-Prix 2024 auf der Rennstrecke, aber irgendwie geht die Nummer gut aus: Lewis Hamilton und George Russell liefern sich zwar einen intensiven Zweikampf, doch zu einer Berührung kommt es nicht. Deshalb fühlt sich Mercedes-Teamchef Toto Wolff bestätigt: Es habe in dieser Situation keinen Nichtangriffspakt gebraucht.
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George Russell vor seinem Mercedes-Teamkollegen Lewis Hamilton in Mexiko 2024 Zoom Download
"Die beiden sind so gut und so erfahren, dass wir sie kämpfen lassen", sagt Wolff. Er habe deshalb "keine Zweifel" und "nie den Eindruck [gehabt], es könnte etwas zu haarig werden".
Nur einmal habe Mercedes in das Duell der beiden Teamkollegen eingegriffen: "Am Ende haben wir George angefunkt, um ihm zu sagen, dass ein Manöver auf der Geraden ein bisschen spät gekommen war. Zu diesem Zeitpunkt war klar: Lewis war das schnellere Auto", erklärt Wolff.
Denn Russell war im Nachteil: Er hatte sich etwa zur Rennmitte den Frontflügel beschädigt.
"Als ich aus der Box kommend hinter Piastri fuhr, zog ich auf der Geraden aus dem Windschatten, und da brach mein linker Flap am Frontflügel komplett weg", sagt Russell und vermutet eine Bodenwelle als Auslöser für den Defekt. "Danach war es schwierig, das Auto über 40 Runden lang zu halten."
Laut Teamchef Wolff hat Russell durch den Schaden "richtig viel Abtrieb" verloren, vor allem in den schnellen Passagen des Autodromo Hermanos Rodriguez. "Er ist da aber gut darum herumgefahren. Trotzdem beansprucht das die Reifen natürlich mehr." Deshalb habe es am Ende des langen Stints auf Hard einen "ziemlichen Unterschied" zwischen Hamilton und Russell gegeben.
Mercedes-Fahrer betonen "hartes, aber faires" Duell
Doch obwohl sie mit ungleichen Waffen kämpften, hatten die beiden Mercedes-Fahrer "viel Spaß" mit dem teaminternen Zweikampf. Russell schwärmt: "Es ist immer gut, mit Lewis zu kämpfen, denn Lewis fährt hart, aber fair."
Auch Hamilton bezeichnet das Duell als "gut" und meint: "Wir machen keinen Blödsinn. George ist clever und fair. Er kann sein Auto gut platzieren."
Mercedes habe sich dennoch per Funk eingeschaltet und gesagt, "wir sollen es sauber halten", so Hamilton. "Aber das ist ja eine Selbstverständlichkeit. Es spielt keine Rolle, gegen wen du fährst, aber der Teamkollege ist eben eine Ausnahme. Da bist du doppelt vorsichtig, weil beide ins Ziel kommen sollen."
Das hat geklappt: Hamilton und Russell kreuzten im Abstand von 3,756 Sekunden die Linie und bescherten Mercedes die Positionen vier und fünf im Mexiko-Grand-Prix. Nur Ferrari nahm mehr Punkte mit aus diesem Rennen.
Fragezeichen bleiben nach Austin und Mexiko-Stadt
Was Mercedes über die WM-Zähler hinaus mitnimmt? Keine finale Erkenntnis darüber, warum der W15 seit dem Austin-Update so schwierig zu fahren ist, wie Wolff erklärt. Das neue Aerodynamik-Paket löse etwas aus, "was wir noch nicht verstehen". Die Unfälle vor einer Woche und Russells neuerlicher Abflug seien ein deutlicher Hinweis darauf, dass sich Mercedes mit seinen Autos "auf Messers Schneide" bewege.
"Deshalb wird es interessant sein, ob wir in Brasilien eine Instabilität bei hoher Geschwindigkeit haben oder ein Thema in langsamen Passagen", sagt Wolff. "Ich glaube auch nicht, dass man schon sagen kann: Das eine [Paket] ist besser als das andere."
Hamilton verzockt sich beim Frontflügel
Hamilton hofft nur, sein Team habe ausreichend Daten gesammelt, "damit wir herausfinden können, wer beim nächsten Rennen mit welchem Material an den Start geht". Darüber hinaus habe er seine Lektion gelernt: Unmittelbar vor dem Grand Prix hatte Hamilton den Frontflügel noch flacher gestellt, weil die Temperaturen angestiegen waren. Tatsächlich fielen sie kurz darauf aber wieder.
"Das hat mich geärgert, denn im Prinzip musst du die Einstellung schätzen, aber auf dem Weg in die Startaufstellung hatte es sich eben richtig angefühlt. War es aber nicht. Ich hatte mehr Untersteuern als gedacht. Es war um ein Drittel schlechter und ich hatte viel Untersteuern", erklärt Hamilton. Er habe es erst beim Boxenstopp berichtigen lassen können. "Danach konnte ich Druck machen."
Und dann legte er sich mit Russell an. "Er hat es mir nicht einfach gemacht", sagt Hamilton. "Ich hatte aber zehn Runden Zeit. Ich wusste, es würde irgendwann passieren. Und George hatte ja ein Problem mit dem Frontflügel."