Pirelli: Fehlende Auslaufrunde könnte Grund für Russells Untergewicht sein

Fehlende Auslaufrunde und zu langer Stint: Haben die Reifen zur Disqualifikation von George Russell beim Belgien-Grand-Prix geführt? Das sagt Pirelli-Chef Mario Isola

(Motorsport-Total.com) - George Russell beim Großen Preis von Belgien zwar als Erster die Ziellinie überfahren, doch sein Mercedes W15 brachte bei der Messung nach dem Rennen 1,5 Kilogramm zu wenig auf die Waage. Nach der Disqualifikation wurden viele Gründe in den Raum geworfen, wie es dazu kommen konnte und dabei steht Reifenlieferant Pirelli im Fokus.

Waren die Reifen schuld für George Russells Disqualifikation?

Denn als längste Strecke im Formel-1-Kalender mit 7,004 Kilometern pro Umlauf gibt es in Spa keine Auslaufrunde, womit die Fahrer keine Chance haben, Gummiabrieb aufzusammeln, der das Gesamtgewicht erhöhen könnte. Stattdessen müssen die Fahrer nach Kurve eins rückwärts in die Boxengasse fahren. Doch könnte man in der Auslaufrunde überhaupt 1,5 Kilogramm an Gummiabrieb sammeln?

Darauf angesprochen, meint Pirelli-Sportchef Mario Isola: "Ich weiß es nicht genau. Aber wenn man bedenkt, dass er 1,5 Kilogramm Untergewicht hatte, könnte es möglich sein, diese 1,5 Kilogramm auf vier Reifen zu bringen. Wenn man über den Gummiabrieb spricht, und wenn man viel davon hat, bedeuten 1,5 Kilogramm 400 Gramm auf jedem Reifen. Das ist eine Zahl, die möglich ist."

Reifenverschleiß: Auto wird bis zu vier Kilogramm leichter

Eine andere Theorie, warum Russell das nötige Gewicht nicht gehabt haben könnte, liegt in der Strategie. Für das Rennen in Belgien war eine klare Zweistoppstrategie vorhergesehen, doch neben Fernando Alonso, Lance Stroll, Kevin Magnussen und Yuki Tsunoda schaffte der Mercedes-Pilot das Kunststück einer Einstoppvariante.

Durch den Verschleiß im Laufe eines Stints verlieren die Reifen aber immer mehr an Gewicht. Russell hatte am Ende des Rennens 34 Runden auf dem harten Reifen abgespult, während die anderen Topfahrer etwas weniger als 20 Runden auf ihrem letzten Reifensatz verbrachten. Hat der zusätzliche Verschleiß durch die höhere Rundenanzahl also zu viel Gewicht gekostet?

Als Isola gefragt wird, wie viel Gewicht ein Reifen über einen Stint verliert, sagt er: "Normalerweise sollte es etwa ein Kilogramm sein." Auf das komplette Auto gerechnet wäre also ein Gewichtsverlust von vier Kilogramm der Reifen über einen Stint möglich. Eine Rechnung, die Russell den Sieg gekostet haben könnte?

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"Es hängt von der Abnutzung ab", sagt Isola. "Wenn man sich anschaut, was mit George passiert ist, sollten wir den Verschleiß messen. Der Verschleiß ist hier nicht sehr hoch, aber George fuhr einen langen Stint, und wenn ich mir die anderen Reifen anschaue, war der Verschleiß kein großes Element."

Hat es Mercedes dennoch zu knapp bemessen?

"Es hängt davon ab, ob die Balance perfekt ist und man alle vier Reifen abnutzt, aber der volumetrische Verschleiß war hier nicht groß", so der Italiener weiter. "Manchmal hat man also ein Verschleißprofil, das einem sagt, dass zum Beispiel ein Reifen mit einer Form, die mit der Innenschulter eine hohe Abnutzung aufweist, abgenutzt ist."

"Aber in diesem Fall ist es interessant, die volumetrische Abnutzung zu sehen, und wir müssen auf die Reifen nach dem Partc ferme warten, um sie zu messen. Die Reifen aus dem letzten Stint sind noch im Parc Ferme."

Fakt ist jedoch auch, dass alle anderen Fahrer mit der Einstoppstrategie nicht disqualifiziert worden und über dem Mindestgewicht lagen. Der Fehler kann also nicht nur mit der fehlenden Auslaufrunde oder dem zu langen Stint begründet werden. Sollte Mercedes jedoch besonders riskant mit dem Mindestgewicht unterwegs gewesen sein, könnten diese Faktoren den Unterschied ausgemacht haben.