Ricciardo: Leute dreschen zu sehr auf Verstappen ein

Daniel Ricciardo springt seinem früheren Teamkollegen Max Verstappen zur Seite - Obwohl beide auch schon kollidiert sind, verteidigt er den Niederländer

(Motorsport-Total.com) - Die Kollision zwischen Max Verstappen und Lando Norris auf dem Red Bull Ring spaltet weiter das Formel-1-Fahrerlager. Nun erhält Verstappen Unterstützung von einem Ex-Teamkollegen: Sein ehemaliger Teamkollege Daniel Ricciardo, mit dem er 2018 in Aserbaidschan kollidierte, verteidigt die von verschiedenen Seiten kritisierte Fahrweise des dreimaligen Weltmeisters.

Daniel Ricciardo und Max Verstappen waren nicht immer beste Freunde, doch nun verteidigt der Australier seinen Ex-Teamkollegen

Die Fahrweise sei hart, aber nicht rücksichtslos gewesen, sagt der Racing-Bulls-Pilot, der einst mit Verstappen um die Vorherrschaft im Red-Bull-Team kämpfte, nach der Saison 2018 aber das Handtuch warf.

"Ich denke, es ist so eskaliert, weil es um den Sieg ging und hier ehemalige Freunde gegeneinander kämpfen, die zu Feinden geworden sind", sagt der Australier, dessen Verbleib in der Formel 1 für die Saison 2025 derzeit ungewiss ist.

"Es war hart, aber es ging um den Sieg. Man winkt nicht einfach jemanden vorbei. Ich glaube auch, dass die Berührung in neun von zehn Fällen ohne Folgen geblieben wäre. Der Winkel [des Aufpralls] war vielleicht etwas ungünstig, und damit war Landos Rennen gelaufen."

"Aber was danach passierte, war meiner Meinung nach wilder als das, was auf der Strecke passierte", fügt er hinzu. "Was ich von dem Kampf gesehen habe, war nicht außerhalb des Reglements. War es an der Grenze? Sicher. Aber war es gefährlich oder gar rücksichtslos? Zumindest von dem, was ich gesehen habe, nicht."

Ricciardo rät Norris stattdessen, das Jammern sein zu lassen und auf der Strecke seinen Mann zu stehen. Er selbst weiß das nur zu gut, schließlich musste er im eigenen Rennstall sein Revier gegen Verstappen verteidigen - inklusive Kollision in Baku. Nicht umsonst gilt die Formel 1 als Haifischbecken auf allen Ebenen.

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"Niemand will in diesem Sport derjenige sein, der herumgeschubst wird. Man muss sich gegen alle behaupten und natürlich geht es auch um den eigenen Ruf. Wenn es auf der Strecke zum Kampf kommt, will man nicht, dass die anderen denken, man werde es ihnen leicht machen. Also willst du immer deine Ellbogen bis zu einem gewissen Grad ausfahren."

"Wir wissen, dass Max vom ersten Tag an immer seine Ellbogen draußen hatte. Ich glaube, das liegt ihm einfach im Blut. Er muss sich dafür nicht anstrengen. Das ist einfach seine Art, Rennen zu fahren. Man muss sich auf einen harten Kampf mit ihm einstellen. Das ist seine Bedingung. Aber das ändert nichts daran, wie man gegen ihn fahren muss."

Das habe Norris im Sprint auf dem Red Bull Ring nicht bedacht: "Ich denke, Lando hat das am Samstag gelernt. Ich glaube, er dachte, er hätte es geschafft, und Max sagte: 'Nein, heute nicht.' Ja, man lernt aus solchen Dingen."

Situation nicht wie Silverstone 2021

Andrea Stella von McLaren - ein Team, für das Ricciardo ebenfalls gefahren ist - sagte nach dem Rennen, die Aktion jetzt sei eine Konsequenz daraus, dass er im großen WM-Duell mit Lewis Hamilton 2021 mit ähnlichen Aktionen ungestraft davongekommen sei.

Ricciardo sieht das ganz anders: "Es hört sich so an, als würden die Leute jetzt auf Max einschlagen, und das fällt ein bisschen aus dem Rahmen. Er hat sich nicht verändert, so fährt er Rennen, er lebt sich auf der Strecke aus und dafür lieben ihn seine Fans."

"Ist er seit Beginn seiner Karriere reifer geworden? Auf jeden Fall. Es ist nicht so, dass er ständig solche Situationen provoziert." Deshalb hält er es auch nicht für nötig, das Thema besonders anzusprechen: "Vielleicht morgen bei der Fahrerbesprechung. Aber ich glaube nicht, dass dieser Vorfall gefährlich war."


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Er vergleicht die Situation mit der Kollision zwischen Verstappen und Hamilton in Silverstone 2021, als Verstappen in hohem Bogen abflog: "Der Vorfall [jetzt] war bei niedriger Geschwindigkeit und nicht wie hier in Copse 2021. Das hatte viel größere Auswirkungen."

"Wenn das in den nächsten Rennen so weitergeht, wird das natürlich einen Wow-Effekt haben. Aber ich glaube nicht, dass ein Rennen ausreicht, um ein Narrativ zu schaffen."