Mercedes: Konservative Outlap kostet mögliche Pole, Strafe für Russell
Weil die beiden Mercedes-Piloten auf der Outlap nicht aggressiv genug waren, konnten sie die Reifen nicht ins richtige Fenster bringen - Strafe für George Russell
(Motorsport-Total.com) - Mercedes macht eine zu langsame Outlap dafür verantwortlich, dass Lewis Hamilton und George Russell im Qualifying zum Formel-1-Rennen von Brasilien 2023 (live im Ticker verfolgen) nur die Startplätze fünf und sechs belegen. Beide hätten auf ihrer Aufwärmrunde aggressiver sein sollen - so wie die beiden Aston Martins oder Weltmeister Max Verstappen.
Beide Mercedes hatten zu Beginn von Q3 eigentlich eine gute Ausgangsposition und waren bei drohendem Regen hinter den beiden Aston Martins auf die Strecke gefahren. Allerdings nutzten sie diese Chance nicht, um ihre Reifen in das richtige Arbeitsfenster zu bringen.
Während Fernando Alonso und Lance Stroll auf ihren Outlaps alles daran setzten, die Reifen auf Temperatur zu bringen, gingen Hamilton und Russell vorsichtiger vor. Russell wurde auf dem Weg aus der Box sogar vom späteren Pole-Setter Max Verstappen überholt, der ebenfalls aggressiv unterwegs war.
"Man sieht, wie klein die Unterschiede bei den Outlaps und den Temperaturen sind, und ich denke, wir waren nicht anpassungsfähig genug", sagt Motorsportchef Toto Wolff gegenüber Sky. "Die Aston Martins sind einfach davongezogen. Max, der gerade mit warmen Reifen aus der Garage kam, ist auch weggefahren und sie waren die schnellsten Autos."
"Wir waren eine Sekunde langsamer als zuvor oder acht Zehntel langsamer als die Bestzeit, und das zeigt, was wir hätten tun sollen", meint der Österreicher und glaubt, dass bei diesen Bedingungen jeder Startplatz zwischen eins und acht möglich gewesen wäre.
Früh anstellen war richtig, aber ...
Mercedes' leitender Renningenieur Andrew Shovlin ist der Meinung, dass es richtig war, sich in der Boxengasse anzustellen, sagt aber, dass Mercedes den Faktor Reifentemperatur nicht berücksichtigt habe.
"Für unseren letzten Run haben wir die Garage früh verlassen und uns am Ende der Boxengasse aufgestellt", sagt er. "Es war eindeutig richtig, an der Spitze des Feldes zu sein, aber wir hatten zu viel Reifentemperatur verloren, während wir auf die Freigabe warteten."
"Deshalb hatten wir zu Beginn der Runde keinen guten Grip. Das war besonders kostspielig, weil die Strecke durch den Regen feucht war."
Lewis Hamilton ist derweil der Meinung, dass der Rückstand auf Verstappen, der am Ende 0,742 Sekunden betrug, nicht wirklich repräsentativ für die Pace von Mercedes im Vergleich zu Red Bull war.
"Fünfter zu werden ist nie so toll", sagt er. "Ich habe mein Bestes gegeben. Hoffentlich haben wir ein besseres Rennen. Das Auto zeigte Anzeichen einer guten Leistung. Aber wir sind normalerweise ein paar Zehntel hinter der Spitze. Ich denke, die Umstände am Ende, die Bedingungen, haben uns vielleicht ein bisschen weiter zurückgeworfen."
Russell glaubt noch an das Podium, ...
George Russell schildert, dass er auf seiner Runde "nur herumgerutscht" sei und überhaupt keinen Grip hatte. "Ich habe gar nicht so viel Regen auf meinem Visier gesehen", wunderte er sich. "Ich war eine Sekunde weg von meiner alten Pace und wollte in die Box kommen, weil ich sicher war, dass ich Letzter sein würde, aber ich bin Sechster."
Er lobt: "Das Team hat einen guten Job gemacht, das Auto hat gut performt." Von daher hält er das Podium am Sonntag auch "definitiv" noch für möglich. Vor den beiden Mercedes starten die beiden Aston Martins, die eher überraschend in der zweiten Reihe stehen und die schlechtere Rennpace haben könnten - hofft Russell zumindest.
Mit einem Kampf gegen Max Verstappen rechnet er gar nicht, allerdings könnte Charles Leclerc noch ein Faktor werden, der mit Platz zwei zwar eine gute Ausgangslage hat, dafür aber meist mit den Reifen zu kämpfen hat. "Ich erwarte zwei oder drei Stopps", sagt Russell. "Alles ist möglich."
... kassiert aber eine Strafe
UPDATE: Erschwerend kommt für Russell allerdings hinzu, dass er in der Startaufstellung am Sonntag zwei Plätze nach hinten muss. Er hatte Pierre Gasly an der Boxenausfahrt blockiert, was nach einer Klarstellung von Rennleiter Niels Wittich seit diesem Wochenende verboten ist.
In der Begründung der Rennkommissare heißt es: "Russell verließ die Boxen und bereitete sich auf eine Outlap vor. Russell fuhr langsam, um eine Lücke für eine freie Runde zu schaffen, schaffte es aber nicht, ganz links zu bleiben."
"Infolgedessen konnten nachfolgende Fahrzeuge nicht überholen, wie es in den Anweisungen des Rennleiters vorgesehen war. Dies verstößt eindeutig gegen den Wortlaut und den Geist von Punkt 14 der 'Event Notes' des Rennleiters."
Russell wird so nur von Startplatz acht statt von P6 ins Rennen gehen.