• 12. November 2022 · 12:58 Uhr

Analyse: Wie Schumachers fehlendes Selbstvertrauen zu P20 geführt hat

Das Qualifying in Sao Paulo könnte der Sargnagel für Mick Schumacher gewesen sein, auch wenn er von Teamchef Günther Steiner in Schutz genommen wird

(Motorsport-Total.com) - Mick Schumacher war der große Verlierer des Qualifyings beim Grand Prix von Sao Paulo in Brasilien. Während sein Teamkollege Kevin Magnussen sensationell auf Poleposition fuhr, belegte er den 20. und letzten Platz. Es gibt nicht wenige, die glauben, dass das der letzte Sargnagel gewesen sein könnte, was seine Zukunft beim Haas-Team und in der Formel 1 betrifft.

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Eine Umarmung mit Symbolkraft: Steiner jubelt über die Pole, Schumacher betrauert P20 Zoom Download

Doch Teamchef Günther Steiner, sonst selten scheu, Schumacher öffentlich zu kritisieren, war nach der bitteren Stunde am Freitagabend in Interlagos ausgesprochen handzahm. Ob das an seiner guten Laune im Trubel um Magnussen lag, sei dahingestellt; Tatsache ist: Ausgerechnet in einem besonders schwierigen Moment scheint er bemüht darum zu sein, Schumacher aufzubauen.

Denn Steiner unterstreicht in seiner Analyse: "Beide Fahrer waren schnell. Die einzige nicht so schnelle Runde war die, als Mick am Ende in Q1 auf Trockenreifen gefahren ist. Ansonsten war er sehr schnell. Ich glaube, da hatte er nicht das richtige Gefühl und wusste nicht, welches Tempo er gehen kann. Aber bis zu der Runde hat er einen fantastischen Job gemacht."

Schumacher fuhr acht Minuten vor Ende von Q1 mit den Intermediates sensationell auf den zwischenzeitlich sogar dritten Platz, zu dem Zeitpunkt lediglich 0,252 Sekunden hinter der Bestzeit von Max Verstappen und 1,339 Sekunden vor Magnussen, der seine schnelle Runde kurz davor aufgestellt hatte.

Hat Haas zu lang gewartet?

In etwa in diesem Zeitfenster war Pierre Gasly im AlphaTauri der Erste, der den Wechsel von Intermediates auf Slicks riskierte. Das dauerte bei Haas länger: Dreieinhalb Minuten vor Ende von Q1 waren Schumacher, Magnussen, Carlos Sainz (Ferrari) und Valtteri Bottas (Alfa Romeo) die Letzten, die noch nicht gewechselt hatten.

Als Schumacher auf seiner Aufwärmrunde ausgangs der letzten Kurve mächtig ins Rutschen kam, den Drift aber gekonnt abfangen konnte, kamen ihm wohl Zweifel dran, ob die Strategie die richtige sein würde. Sein Renningenieur Gary Gannon beruhigte ihn aber: "Das ist okay. Die erste Runde wird langsamer sein, die zweite wird sitzen."

Denn die Reifentemperaturen würden durch die erste Push-Lap steigen und dann für die zweite Push-Lap optimal sein. So zumindest die Theorie. Das wurde durch Magnussen ja auch bewiesen. Schumacher schaffte das aber nicht, obwohl auf keiner seiner Push-Laps ein wirklich großer Schnitzer drin war. Womöglich war er unterm Strich einfach etwas zu verhalten.

Schumachers trauriger Boxenfunk

"Und, sind wir durch?", wollte er wissen, als er über die Ziellinie fuhr. Gannon teilte mit gedrückter Stimme mit: "Nein, wir sind nicht durch. Es hätte 15.1 gebraucht, um weiterzukommen." Eine paar Sekunden Stille am Boxenfunk, dann wunderte sich Schumacher: "Was?" Er konnte es nicht fassen. Gannon seufzte nur: "Da ist nicht genug Zeit gekommen. Sorry, Mann."

Darüber, dass Magnussen als Siebter in Q2 eingezogen war, wurde Schumacher am Funk gar nicht erst informiert. Als das Team später jubelte, muss er sich wie das fünfte Rad am Wagen gefühlt haben. Steiner sagt: "Ich habe noch gar nicht mit ihm gesprochen, hatte noch keine Zeit dafür. Aber Mick hat uns schon gratuliert."


Quali kompakt: Sensation durch Magnussen

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"Ich glaube", so Steiner, "er weiß, was heute möglich gewesen wäre. Aber ich kann nicht im Detail sagen, was bei ihm schiefgelaufen ist. Ich wurde hier ziemlich auf Trab gehalten." Denn der Südtiroler war nach der Sensationspole ein gefragter Mann. Zahlreiche Interviews und Telefonate prasselten auf ihn ein, und natürlich feierte er mit Magnussen und dem Team.

Schumacher: Zu wenig Temperatur in den Reifen

Steiner war wegen des Trubels nicht im Debriefing dabei, "daher weiß ich nicht, warum Mick nicht näher an Kevin dran war. Aber ich denke, bei diesen wechselnden Bedingungen wollte er nicht zu viel Risiko eingehen. Ich glaube das - er hat mir das nicht selbst gesagt. Ich habe das auch nur von außen gesehen, daher muss ich aufpassen, was ich hier analysiere."

Steiners Beobachtung scheint aber ganz gut hinzukommen. Schumacher hatte aus der letzten Kurve raus zweimal kurze Rutschphasen, in seiner Aufwärmrunde und in der ersten Push-Lap. Mit denen im Hinterkopf fuhr er dort in der entscheidenden Push-Lap weniger aggressiv als andere. Und im Infield verschenkte er bei der Linienwahl ein paar Meter. Kleinigkeiten, die sich summieren.

Nicht mal so sehr nur auf der Stoppuhr, sondern bei Bedingungen wie am Freitag in Interlagos steht und fällt alles mit der Reifentemperatur. Die war bei Schumacher zu niedrig. Das könnte mehrere Gründe gehabt haben. Erstens musste er in seiner Aufwärmrunde für Esteban Ocon und Sebastian Vettel Platz machen. Dabei kühlte das Gummi neben der trockenen Linie um ein paar Grad ab.

Hülkenberg 2010: Was Reifentemperatur bewirken kann

Von dem Moment an, das war klar zu sehen, rutschte der Haas, der jetzt auch auf den nasseren Teil der Strecke kam, stärker. Möglich, dass Schumacher von den Querstehern verunsichert wurde. Damit begann aber ein teuflischer Kreislauf, denn durch die fehlende Aggressivität bekam er weniger Temperatur in die Reifen - und die fehlte ihm am Ende.

Ganz anders als bei Nico Hülkenberg, der 2010, ebenfalls in Interlagos, ebenfalls bei Regen, den Williams auf Poleposition gestellt hat. Ob er jetzt einen zweiten Fahrer brauche, der das Auto bei schwierigen Verhältnissen auf Pole fahren kann, wird Steiner gefragt. Der winkt aber ab: "Ist das eine Frage, wer nächstes Jahr im Auto sitzt? Das werde ich nicht beantworten."

Wann fällt die Entscheidung in der "Mico-Frage"?

Die Entscheidung in der "Mico-Frage", die wird frühestens vor dem Saisonfinale in Abu Dhabi fallen. Das hat Steiner schon am Donnerstag in Sao Paulo verraten, und daran hat sich seither nichts geändert. Auch wenn in Deutschland neuerdings die Theorie propagiert wird, dass die Entscheidung vielleicht bereits gefallen ist, aber vom Team noch nicht verraten wird.

'Sky'-Experte Timo Glock zum Beispiel spricht von einem von Steiner bewusst inszenierten "Spiel", weil "wir Session um Session immer wieder über dieses Thema reden, was ihn und sein Team natürlich in den Kameras und in der Presse hält". Das, so die Theorie, gefalle auch dem neuen Sponsor MoneyGram.

Andererseits, sagt Glock, glaube er, "dass die Entscheidung irgendwo schon gefallen ist und man vielleicht versucht, unangenehmen Fragen aus dem Weg zu gehen und das vielleicht sogar verschiebt bis nach Abu Dhabi. Denn er wird sich in meinen Augen unangenehmen Fragen stellen müssen, wenn er sich gegen Mick Schumacher entscheidet."

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