• 13. August 2020 · 20:04 Uhr

Vettel über Silverstone-Funkspruch: Kein "Abbild dessen, was vor sich geht"

Ferrari-Pilot Sebastian Vettel spricht über seine aktuelle Lage bei Ferrari und ein potenziell vorzeitiges Saisonende - Warum er immer noch gerne Formel 1 fährt

(Motorsport-Total.com) - "Offensichtlich ist im Moment nicht alles in Ordnung und alles ruhig. Es ist also eine ziemlich raue See, aber es ist, was es ist." So beschreibt Sebastian Vettel seine aktuelle Lage bei Ferrari in der Formel 1. Der Deutsche will nach einem weiteren enttäuschenden Rennen in Silverstone nicht über ein vorzeitiges Saisonende spekulieren.

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Sebastian Vettel will so schnell nicht aufgeben Zoom Download

"Nein, ich bin nicht frustriert", betont der Heppenheimer vor dem Grand Prix von Spanien. Allerdings muss er gestehen, dass es für ihn schon einmal besser lief. "Ich liebe es natürlich, an der Spitze zu kämpfen und dieses Gefühl, wenn man gewinnt und großartige Ergebnisse einfährt - das haben wir bislang nicht geschafft."

Vettel erlebte einen durchwachsenen Saisonstart 2020. Nach einem enttäuschenden Auftakt in Österreich mit Rang zehn folgt im zweiten Spielberg-Rennen die Kollision mit Charles Leclerc - der erste Nuller. In Ungarn konnte er sich mit einem soliden sechsten Rang zurückmelden, im ersten Silverstone-Rennen folgte erneut Platz zehn.

Klima bei Ferrari nicht anders als vor "ein, zwei Wochen"

Am vergangenen Wochenende kämpfte er schon im Qualifying, er schaffte es nicht in das Q3. Von Startplatz elf wollte der viermalige Weltmeister Boden gutmachen, doch schon in Runde eins drehte er sich. Von ganz hinten endete die Aufholjagd auf dem erneut enttäuschenden zwölften Platz - auch weil sich Fahrer und Team bei der Strategie nicht einig waren.

Zum ersten Mal in diesem Jahr kritisierte Vettel seine Mannschaft öffentlich. Von Spannungen will er dennoch nichts wissen. "Ich denke, wir versuchen alles, was wir können. Wenn es nicht nach Wunsch läuft oder etwas schiefgeht, dann ist man niemals entspannt."

Seinen Funkspruch ("Ihr wisst, dass ihr es verbockt habt") will er nicht überinterpretiert wissen: "Wenn man die Emotionen direkt nach oder während des Rennens beurteilt, glaube ich nicht, dass das ein angemessenes Abbild dessen ist, was vor sich geht."

Was er aber nicht abstreitet: "Ich hatte kein tolles Rennen. Wir haben versucht, aufzuholen und hätten auf eine andere Strategie wechseln können, haben das aber nicht gemacht." Nach dem Rennen habe er die Meinungsverschiedenheiten angesprochen und mit der Mannschaft ausdiskutiert.

"Das Klima im Team ist nicht viel anders als vor einer oder zwei Wochen", betont Vettel. Nach dem Rennen wurde gemutmaßt, Ferrari habe den Boxenstopp beim Deutschen durchgeführt, um zu verhindern, dass er gegen Teamkollegen Charles Leclerc auf der Strecke fährt.

Würde er die Position an Leclerc abgeben, würde ein ähnlicher Fall in Zukunft eintreffen? "Die Zeit wird es zeigen. Ich glaube, wir müssten auf einer anderen Strategie sein, um uns wieder zu treffen." Aber es sei immer schwierig zu beantworten, welche Situation sich in Zukunft ergeben könnte.

Über vorzeitiges Saisonende "nicht gesprochen"

So viel lässt sich Vettel aber entlocken: "Wir versuchen alles, um die Punkte zu optimieren, und es war nicht beabsichtigt, das Auto in Charles' Weg zu parken. Aber wir haben auch darüber gesprochen, also denke ich, ist das geklärt."

Der Monegasse konnte im Gegensatz zu Vettel bislang das Maximum aus der misslichen Ferrari-Lage herausholen. Leclerc stand zweimal auf dem Podium und zuletzt auf Rang vier. Mit 45 Punkte liegt er in der Fahrer-WM auf dem vierten Platz.

"Charles hat bewiesen, dass man mit dem Paket immer noch gute Rennen haben kann. Wenn man sicherstellt, dass man in der richtigen Position fährt, dann kann man davon profitieren - und sogar aufs Podium fahren." Warum gelingt das Vettel im Moment nicht? Wie sicher kann er sich seines Cockpits bei Ferrari überhaupt noch sein?


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Gerhard Berger hat dem Deutschen etwa geraten, sich so schnell wie möglich von Ferrari zu trennen. "Wir haben darüber nicht gesprochen", erklärt Vettel auf einen potenziellen vorzeitigen Rückzug angesprochen. "Das ist aber nicht nur eine Frage an mich."

Er fügt hinzu: "Ich weiß, was ich kann und welchen Job ich abliefern kann. Im Moment haben wir keinen guten Lauf, aber ich bin sicher, wenn sich alles beruhigt und ich eine ordentliche Chance bekomme, dass ich die dann auch beim Schopf packen werde."

Wie sicher kann sich der Heppenheimer allerdings noch sein? Schließlich hat er auch von seinem Aus bei der Scuderia erst sehr kurzfristig und überraschend erfahren. "Darüber will ich im Moment gar nicht nachdenken, sondern einfach meine Arbeit verrichten", winkt er ab.

Gleiche Behandlung von Vettel & Leclerc?

Er versuche, jeden Tag fokussiert zu sein und sein Bestes zu geben. "Wie ich schon sagte, hatten wir keine großartigen Wochenenden in Silverstone. Das ist eigentlich eine Strecke, die ich sehr mag. Aber ich konnte kein tolles Gefühl im Auto aufbauen."

Daher konnte er nicht so viel herausholen wie Teamkollege Leclerc, merkt Vettel an und ergänzt: "Ich kann einfach nicht mehr machen, außer mich auf meinen Job zu konzentrieren und gemeinsam mit den Jungs an mir und meinem Auto zu arbeiten, damit wir das bestmögliche Paket zusammenstellen."

Ob des eklatanten Performance-Unterschieds zwischen Vettel und Leclerc wurde nach den Silverstone-Rennen auch die Frage aufgeworfen, ob der Deutsche im Team überhaupt noch gleichwertig behandelt wird? "Nun ... im Moment würde ich das schon denken. Wenn nicht, würde ich das sagen."

Ferrari hat dem 33-Jährigen vor dem Barcelona-Rennen Unterstützung zugesichert. Für das sechste Rennwochenende wird das Chassis des Deutschen ausgewechselt. Ob das seine Probleme lösen werde, könne er aber noch nicht sagen.

"Die Überlegung dahinter war, dass das eine Chassis beschädigt war. Wir haben einen kleinen Riss nach dem Wochenende in Silverstone festgestellt. Das wurde in die Fabrik zurückgeschickt, um es zu reparieren. Vielleicht haben wir es dann hier schon wieder als Ersatz."

Vettel fügt an: "Ich erwarte keine Wunder, aber hoffentlich können wir ein ruhigeres Wochenende und ein reibungsloses Rennen am Sonntag haben." Denn bislang habe er "nicht den besten Saisonstart" erlebt, muss er zugeben.

Macht das Rennfahren noch Spaß? "Ja!"

"Ich hatte Probleme, weil mir Selbstvertrauen im Auto fehlt. Das ist wiederum auf mangelnden Grip zurückzuführen. Es geht also nicht nur darum, dass ich mich während des Fahrens unwohl fühle", schildert der Deutsche. "Wir versuchen zu verstehen, wo das genau herkommt. Gleichzeitig müssen wir auch Fortschritte machen."

Bei all den negativen Schlagzeilen, dem Druck und der Enttäuschung auf der Rennstrecke muss man sich fragen, ob sich Vettel am Rennfahren überhaupt noch erfreut? "Ja, das tue ich, aber natürlich ist es weniger schön, wenn man hinten kämpft und keine sauberen Rennen erlebt."

"Ich bin nicht hier", spricht der Racer aus ihm, "um zu verlieren. Ich bin hier, um zu gewinnen. Nur dafür war ich in der Vergangenheit da und bin es nach wie vor. Im Moment sind Siege für uns eine sehr große Ambition, da wir nicht stark genug sind, um nahe ranzukommen."

"Aber", merkt er nach einer längeren Pause an, "man kann auch ein wenig Aufregung verspüren, wenn man so nahe wie möglich an die Spitze herankommt."

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