Formel-1-Wetter Baku: Windböen bis zu 75 km/h erwartet
Am Rennsonntag in Baku könnte der Wind eine Hauptrolle im Grand Prix spielen - Die Fahrer erwarten Lotterie und machen Kurve 16 als Schlüsselstelle aus
(Motorsport-Total.com) - "Vom Winde verweht" könnte das Motto für den Grand Prix von Aserbaidschan am Sonntag sein. Die Wetterprognose für das Rennen lässt die Formel-1-Piloten grübeln. Denn am Kaspischen Meer wird am Sonntag nicht nur auf das Tempo der Boliden, sondern vor allem auf die Geschwindigkeit des Windes geachtet werden. Böen bis zu 75 km/h sind prognostiziert, die Fahrer stellen sich bereits auf schwierigen Bedingungen ein.
Laut aktuellen Wettervorhersagen dürfen die Teams in Baku um 16 Uhr Ortszeit (Startzeit: 16:10 Uhr/ 14:10 Uhr MESZ) mit Spitzen von bis zu 75 km/h Windböen rechnen. Am Qualifying-Tag frischte die Luft in Aserbaidschan bereits kräftig auf, mit einer Windgeschwindigkeit von 0,8 bis 3,2 Meter pro Sekunde während des Zeittrainings blieb man aber noch weit unter den prognostizierten Werten des Sonntags.
Während bei diesen Bedingungen nur von "schwachem Wind" die Rede ist, können arge Windböen bereits als "stürmisch" bezeichnet werden. Auch die Temperaturen gestalten sich am Sonntag weniger frühlingshaft. Nach einem möglichen, kurzen Schauer am Morgen kühlt die Lufttemperatur bei zunehmender Bewölkung auf rund 16 Grad Celsius zur Startzeit ab.
Schlüsselstelle Kurve 16: Böen kommen vom Meer
"Man spürt den Wind auf jeden Fall - sogar auf der Geraden", versichert Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo nach dem Qualifying. Der Australier merkt an, dass der Wind auf den Geraden kein so großes Problem ausmache, in den Kurven gewöhne man sich ebenso daran. "Man weiß ja, dass der Grip dort verloren geht. Am Freitag war es mit weniger Wind viel einfacher. Aber wenn es erst einmal weht, dann ist es vor allem in Kurve 16 schwierig, wo Kimi seinen Moment hatte."
An dieser heiklen Stelle im dritten Sektor schmiss der Ferrari-Pilot seine Pole-Hoffnungen mit einem heftigen Rutscher weg. Ricciardo erklärt das explizite Problem an jener Stelle: "Man ist dem Rückenwind dort ausgeliefert. Und immer wenn wir Rücken- oder Seitenwind haben, schmeißt es das Auto aus dem Scheitelpunkt. Es kommen noch heftigere Windböen - das wird interessant", merkt der Viertplatzierte des Zeittrainings an.
Auch Teamkollege Max Verstappen stimmt zu, Kurve 16 sei die heikelste Stelle bei starkem Wind. "Es ist die letzte richtige Kurve und es ist dort wirklich schlimm geworden. Man rutscht viel mehr und das Bremsen wird schwieriger." Durch den höheren Abtrieb des Red Bull sei das aber dennoch kein großes Problem. "Aber je mehr Wind aufkommt, desto anfälliger werden die Autos natürlich."
Vandoorne beklagt: Wind wirbelt mehr Staub und Müll auf
Für Stoffel Vandoorne ist die Kurve vor der langen Geraden ebenfalls die Schlüsselstelle. Der McLaren-Pilot hat beobachtet: "Über den Tag ist es immer windiger geworden, aber ich hatte das Auto unter Kontrolle. Viel schlimmer war, dass dadurch noch mehr Staub und Plastiktüten auf die Strecke geweht wurden." Eine Plastiktüte wurde Sergei Sirotkin in Melbourne bereits zum Verhängnis, der Williams-Pilot musste dadurch sein Rennen vorzeitig beenden.
Dessen Teamkollege Lance Stroll stimmt in den Tenor ein, auch er glaubt, die vielen Fahrfehler in der letzten Kurve auf den Wind zurückführen zu können. Sein Technikchef, Paddy Lowe, präzisiert: "Der Bereich um Kurve 16 scheint am schwierigsten zu sein, weil da die Böen vom Meer ankommen. Andere Abschnitte der Strecke liegen geschützter." Denn in den Häuserschluchten sind die meisten Streckenabschnitte gut abgeschirmt, aber vor allem auf den langen Geraden und eben in Kurve 16 kann der Wind zuschlagen.
Renault-Pilot Carlos Sainz sieht durch den stärker werden Wind eine Lotterie auf ihn zukommen, schon im Qualifying hatte er Probleme: "Es ist schwieriger, als man sich denkt, weil der Wind in Böen auftritt. Es könnte ein schwieriges Rennen werden. Die Fahrer brauchen nicht einmal Fehler machen, sie könnten einfach vom Winde rausgetragen werden." Der Spanier befürchtet ähnlich chaotische Zustände wie im Vorjahresrennen, das allerdings unter wärmeren Bedingungen im Juni stattfand.
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Nick Chester von Renault erklärt, warum der Wind in Baku eine besondere Herausforderung werden könnte. Weitere Formel-1-Videos
Dadurch, dass die modernen Formel-1-Fahrzeuge stark vom Anpressdruck abhängen, können unterschiedliche Windstärken das Fahrverhalten beträchtlich beeinträchtigen. Daher ist Haas-Pilot Kevin Magnussen nicht erfreut ob der Wetterprognose: "Der Wind macht keinen Spaß, aber damit muss sich ja jeder herumschlagen. Er ist natürlich auch nicht konstant - in einer Kurve ist er vielleicht stärker als in der anderen. Darauf muss man sich einstellen können." Dieses Credo hat sich auch der Dritte des Vorjahres, Stroll im Williams, zu Herzen genommen: "Man muss die Herausforderung einfach annehmen. Man muss damit rechnen, dass es schwierig werden kann - genauso, wie wenn es regnet."
Werden die Fahrer gezwungen, durch den Wind in den Kurven früher zu bremsen? "Man passt seinen Fahrstil den Gegebenheiten an. Das macht man aber immer von den Streckenbedingungen abhängig - das gehört zum Job eines Rennfahrers", stellt der Kanadier klar. "Man muss sich darauf einstellen, was um einen herum passiert, wie die Bedingungen sind, wie sich das Auto verhält. Man muss Probleme lösen um dahin zu kommen, wo man hin will." Zumindest gibt Williams-Techniker Lowe ein wenig Entwarnung: "Es wird mit mehr Wind gerechnet. So etwas bereitet im Qualifying aber normalerweise mehr Sorgen als im Rennen, weil man da die perfekte Runde hinbekommen muss."