Ein Silberpfeil versaut den Silberpfeilen das Rennen
Ausgerechnet ein Mercedes verhagelte den Silberpfeilen den Grand Prix: Das Safety-Car kam für Nico Rosberg und Lewis Hamilton zum völlig falschen Zeitpunkt
(Motorsport-Total.com) - Eigentlich waren die Silberpfeile in Singapur zweite Kraft. Goldjunge Sebastian Vettel hätten sie wohl heute nicht einmal mit dem Fernglas zu sehen bekommen, doch die restliche Konkurrenz hielt man eigentlich locker in Schach. Doch das Safety-Car spielte heute nicht gerade in die Hände von Mercedes, sodass man sich am Ende mit den Plätzen vier und fünf zufriedengeben musste. "Was passieren soll und was am Ende passiert sind meist zwei verschiedene Dinge", seufzt Teamchef Ross Brawn bei 'Sky'.
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Das Safety-Car brachte Nico Rosberg nur kurz an Sebastian Vettel heran... Zoom Download
Dabei hatte eigentlich alles gut angefangen: Nico Rosberg machte seinen angekündigten guten Start wahr und griff schon in Kurve eins nach Vettel. "Das hatte ich mir auch vorgenommen", erklärt der Wiesbadener hinterher. "Wenn ich einen halbwegs guten Start erwische, dann versuche ich das. Er kämpft um die WM und ich habe nichts zu verlieren. Ich habe reingehalten, aber er hat es super gemacht. Es war ein gutes Duell und er hat mich dann wieder erwischt." Zum Leidwesen von Rosberg und seinem Team.
"Es ist schade, dass er sich nicht vorne halten konnte", stimmt Brawn zu. Doch Rosberg hat da eine andere Meinung: "Das hätte sowieso nichts geändert", glaubt er. "Wenn ich vorne gewesen wäre, hätte er mich drei Runden später sowieso überholt. Der war in einer eigenen Liga heute." Na gut, dann hätte für die Silberpfeile aber immer noch Platz zwei herausspringen müssen, glaubt man den Worten des Teamchefs.
Die Lehre vom schlechtmöglichsten Zeitpunkt
"Nico war das zweitschnellste Auto heute, und es ist schade, dass er nicht auf dem Podest stand. Das Potenzial hätten wir gehabt", meint der Brite. Doch alles änderte sich gegen Rennmitte, als nach einem Unfall von Daniel Ricciardo das Safety-Car auf die Strecke musste. Ausgerechnet ein silberner Mercedes versaute also Mercedes das Rennen. Denn während die Konkurrenz zum Boxenstopp hereinkam und mit einem Reifensatz durchfahren wollte, kam das für Mercedes nicht in Frage.
"Das Safety-Car kam für uns zum schlechtmöglichsten Zeitpunkt", so Brawn. Denn bei den Silberpfeilen glaubte man nicht, dass man auf einem Reifensatz das Rennen beenden könnte. "Das haben uns alle Voraussagen gezeigt", bestätigt der Teamchef. Anhand der beiden McLaren von Jenson Button und Sergio Perez konnte man sehen, wie es anderen Fahrern am Ende ergangen ist. Lediglich Fernando Alonso und Kimi Räikkönen habe diese Strategie etwas gebracht.
Doch während Ferrari und Lotus als Reifenschoner bekannt sind, zeigte Mercedes in dieser Saison häufig ein anderes Gesicht. "Die Geschichte macht uns in der Hinsicht ein wenig konservativer", erklärt Brawn. "Wir wollten nicht fünf oder zehn Runden vor Ende ohne Reifen dastehen. Darum sind wir draußen geblieben. Wäre es fünf oder zehn Runden später gewesen, wären wir bis zum Ende gefahren. Aber wir haben einfach nicht geglaubt, dass wir es schaffen."
Viele Kleinigkeiten machen eine große Misere
Nico Rosberg und Lewis Hamilton mussten derweil auf der Strecke der Strategie ihres Teams vertrauen. "Sie sitzen an der Boxenmauer und wissen genau, was strategisch zu tun ist. Für mich ist das schwierig zu wissen, weil einfach so viel draußen passiert", erklärt Rosberg. Ob er mit einer anderen Strategie weiter vorne gelandet wäre, vermag er nicht zu beantworten. "Das ist schwierig zu sagen", zuckt er mit den Schultern.
"Wir müssen uns das noch einmal anschauen. Natürlich waren viele Strategien zu sehen. Es ist wahrscheinlich, dass wir besser dastehen hätten können, aber ich weiß nicht wie sehr", fügt er an. "Aber wir werden daraus lernen und versuchen, es beim nächsten Mal besser zu machen." Und das meint er nicht nur strategisch, denn heute gingen für den Silberpfeil-Piloten einige Dinge schief. "Ich bin sicher, dass wir heute nicht das Maximum herausgeholt haben. Das lag an vielen Kleinigkeiten", sagt Rosberg und zählt auf.
"Gegen Webber haben wir eine Position unnötig verloren, die ich dann nur durch Glück wieder gutgemacht habe. Dann hatte ich noch Gummi in meinem Frontflügel. Das passiert manchmal auf der Strecke. Es fliegt auf den Frontflügel und bleibt kleben - und dann funktioniert der Flügel nicht mehr. Das war 15 oder 20 Runden lang der Fall und hat mir richtig viel Rundenzeit gekostet. Dann habe ich die Reifen im Zweikampf mit den anderen zerstört. Es war einfach ein schwieriges Rennen ab der Safety-Car-Phase."
Hamilton schreibt Meisterschaft ab
Auch sein Teamkollege Lewis Hamilton war angesichts des fünften Platzes nicht sonderlich glücklich: "Ich denke nicht, dass wir zufrieden aus diesem Wochenende gehen können", resümiert er. "Ich dachte, dass wir weiter vorne sind. Ich habe meine Boxentafel nicht gesehen und mir wurde nicht gesagt, auf welcher Position ich liege", schildert er seine Schwierigkeiten. Auch die Strategie sei seiner Meinung nach nicht sonderlich glücklich gewesen. "Trotzdem haben die Jungs einen großartigen Job gemacht", betont er.
"Das Resultat ist enttäuschend, wenn man bedenkt, wie hart wir pushen", ergänzt der Brite, der hofft, dass er in den kommenden Rennen eine bessere Chance haben wird. Seine Chance in der Meisterschaft sieht er allerdings als verloren: "Ich bin einhundert Punkte zurück, das ist vorbei", winkt er ab. Sein Saisonziel hat er deswegen ein wenig umgestellt: "Wir müssen versuchen, Fernando noch irgendwie zu bekommen. Wir wissen, dass er ein wenig voraus ist, aber wir versuchen Ferrari zu schlagen."