Schanghai: Vettel vor vier Silberpfeilen
Besonders im Renntrimm, aber auch mit weniger Benzin ist Sebastian Vettel in Schanghai der schnellste Mann des Freitags - Mercedes wirkt verbessert
(Motorsport-Total.com) - Es riecht wieder nach Sebastian Vettel: Der Mann der Stunde in der Formel 1 erzielte mit seinem Red Bull im Freitagstraining in Schanghai eine Bestzeit von 1:37.688 Minuten und setzte sich damit vor vier Silberpfeilen an die Spitze. Doch vielleicht noch beeindruckender war die Performance des Weltmeisters unter Rennbedingungen.
In den letzten 20 Minuten testen die Teams meistens mit gebrauchten weichen Pirelli-Options und viel Benzin an Bord. Vettel begann diese Phase in den 1:43er-Zeiten und steigerte sich am Ende sogar auf 1:42.6 Minuten. Mithalten konnte unter diesen Bedingungen nur sein Teamkollege Mark Webber, der in der tatsächlichen Zeitentabelle mit gut eineinhalb Sekunden Rückstand Zehnter wurde und zu fast jedem Zeitpunkt großen Rückstand auf Vettel hatte.
McLaren im Renntrimm langsamer
Zum Vergleich: Die beiden McLaren-Piloten, mit jeweils rund 0,2 Sekunden Rückstand Zweiter und Dritter, kamen mit vollen Tanks nicht unter 1:44 Minuten - auch wenn man natürlich relativieren muss, weil viel Benzin nicht immer gleich viel Benzin bedeutet. Doch mit den starken Zeiten am Nachmittag bewies McLaren die Konkurrenzfähigkeit der Updates, die unter anderem einen neuen Frontflügel, ein neues Auspuffsystem und einen neuen Unterboden umfassen.
Button hätte sogar noch schneller gekonnt, war unterwegs zur Vettel-Bestzeit, als er von einem Toro Rosso aufgehalten wurde. Auch Michael Schumacher (5./Mercedes/+0,417) schöpfte seine Möglichkeiten nicht optimal aus: "Michael hatte ein Problem mit seinem KERS, sonst wäre seine Zeit sicher noch eine ganze Ecke besser gewesen", glaubt Mercedes-Sportchef Norbert Haug und präzisiert: "Vier Zehntel sollte das KERS allemal wert sein."
So blieb der siebenfache Weltmeister eineinhalb Zehntelsekunden hinter Nico Rosberg zurück, der als Vierter ebenfalls gute Figur machte. Haug: "Es läuft ein Stück besser. Wir hatten einen ziemlich problemlosen Freitag - nicht ganz problemlos, aber wir sind viele Runden gefahren. Es war unser bester Freitag in diesem Jahr. Die Basis sieht etwas vernünftiger aus. Ich glaube aber nicht, dass das bei den Vettels und so weiter schon das Limit war."
Alonso mit technischem Defekt
Darauf deutet auch hin, dass Vettel seine Bestzeit in der zweiten Runde mit den weichen Reifen fahren konnte. Unklar ist indes, wie stark Ferrari noch zulegen wird: Felipe Massa (+0,819) wurde solider Sechster, Fernando Alonso (+2,091) allerdings nur Zehnter. Letzterer stand wegen eines Hydraulikdefekts lange an der Box und musste seinen Zeitenjagd-Run streichen. Generell scheint Ferrari im Renntrimm stärker zu sein als auf eine schnelle Einzelrunde.
Nick Heidfeld (Renault/+1,117) baute am Nachmittag bereits seinen zweiten Unfall dieses Wochenendes, als ihm in der Schneckenkurve das Heck ausbrach. Der Renault-Pilot touchierte zu Halbzeit mit dem Frontflügel die Barriere, schob zurück und rettete sich wieder auf die Strecke. Etwas weiter stellte er den Motor dann trotzdem ab, doch weil er von den Mechanikern abgeholt wurde, konnte er später wieder in die Session eingreifen - Platz acht.
Kein Training für di Resta
Und damit unmittelbar hinter Adrian Sutil, der im Force India so konkurrenzfähig wie noch nie in dieser Saison war. Sutil landete vor Heidfeld, Witali Petrow (Renault) und Webber. Sein Teamkollege Paul di Resta konnte hingegen wegen technischer Probleme mit der Benzinpumpe nicht fahren. Auch Vitantonio Liuzzi (21./HRT/6,162) musste bis zum Ende der Session warten, ehe zumindest noch drei Runden für ihn drin waren.
Rookie Pastor Maldonado (12./+1,979) darf sich freuen, dass er den ganzen Tag schneller war als Teamkollege Rubens Barrichello (16./+2,237). Bei Toro Rosso war Sebastien Buemi als 13. die Nummer eins des Freitags, obwohl ihn sein KERS zwischenzeitlich im Stick gelassen hatte. Die Hybrid-Batterien scheinen mit den ähnlich hohen Temperaturen wie zuletzt in Sepang diesmal große Probleme zu haben, wie auch die Topteams erfahren mussten.
Auffällig war, dass sich neben der Ideallinie wieder viel Gummiabrieb ansammelte. Trotzdem waren die reifenbedingten Schwankungen nicht ganz so groß wie vor einer Woche. "Aufgrund der Daten von heute Morgen glaube ich, dass die Reifen hier gut halten werden", sagt Pirelli-Sportchef Paul Hembery. Denn klar ist: Wer seine Pneus am besten konservieren kann, der ist im Rennen am Sonntag im Vorteil.