Gene Haas verliert Geduld: Liberty kriegt nichts auf die Reihe
Gene Haas übt Scharfe Kritik an Liberty und wundert sich, warum Promoter, Veranstalter und Rennstrecken Profit machen dürfen, aber Teams draufzahlen
(Motorsport-Total.com) - Gene Haas hat genug. "Sie kriegen doch nichts hin!", flucht er im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' über den Zickzack-Kurs von Liberty Media bezüglich der Formel 1 2021. "Sie können sich nicht auf ein Motorenreglement einigen, sie können sich nicht auf Regeln einigen. Aber das ist ziemlich typisch für die Formel 1, wenn ein Komitee zusammentritt. Das ist, als würde man versuchen, zehn Leute auf einmal durch eine Tür zu quetschen. Das funktioniert einfach nicht. Am Ende kommt niemand durch."
Liberty wird ab 2021 die Formel 1 endgültig selbst gestalten können, wenn die alten Ecclestone-Verträge ausgelaufen sind. Doch bislang gibt es außer ein paar Konzepten und Beteuerungen, wie es denn aussehen sollte, nichts Konkretes. Ein simpleres Motorenreglement wurde mangels neuer Hersteller wieder verworfen. Stattdessen soll nun die Optik der Boliden radikal geändert werden und der Ground Effect nach fast 40 Jahren ein Comeback feiern.
Doch auch hier gilt: Konkrete Entwürfe sucht man vergebens. Zu viele Interessen wollen unter einen Hut gebracht werden. "Ich glaube, dass Liberty sich gedacht hat, dass sie etwas mehr Freiheiten haben würden, als sie den Laden übernommen haben", findet Haas. "Jetzt stoßen sie vor dieselbe Hürde wie alle zuvor auch, mit all den Regeln und Abmachungen, mit FIA, FOM und Teambesitzern."
Teambesitz soll sich wieder lohnen
Natürlich hat der US-Amerikaner auch eigene Forderungen, die er aber begründet: Liberty habe bislang nichts als eine Menge Glück gehabt. Denn die Formel 1 könnte seit der Übernahme durch den US-Medienkonzern auch locker zwei Teams weniger haben. Sauber und Force India wurden noch einmal gerettet, doch für den Haas-Teambesitzer, der sowohl in der Formel 1 als auch der NASCAR ein Team an den Start bringt, sind das Warnschüsse. Er fordert: Ein Motorsport-Team muss sich finanziell wieder lohnen.
"Das ist die traurige Seite des Motorsports. Man sieht, wie manche ihr Glück im Rennsport versuchen und mit nichts nach Hause gehen. Das ist sehr häufig der Fall. Man kann es also nur aus Liebe für den Sport machen", sagt er und wundert sich. "Die Promoter erwarten, einen Profit zu erwirtschaften, weil es ein für sie ein Geschäft ist. Die Rennstrecken erwarten, Geld zu erwirtschaften, weil es für sie ein Geschäft ist. Aber Teambesitzer sollen irgendwie niemals Geld machen dürfen. Keine Ahnung, wie wir zu diesem Business-Modell gekommen sind."
Schon zu Ecclestone-Zeiten flossen die meisten Einnahmen aus TV- und Antrittsgeldern in die Taschen der kommerziellen Rechteinhaber. Das ist auch unter Liberty so, zumindest noch bis Ende 2020. Haas beklagt, dass trotz der finanziellen Schwierigkeiten der Teams (Williams könnte der nächste Sorgenfall werden) kein Umdenken stattfindet.
In der NASCAR sei das ganz anders. Hier muss das amtierende Meisterteam (Furniture Row Racing) zum Saisonende zusperren. Mit BK Racing ist ein weiteres Team insolvent und mittlerweile in Front Row Motorsports übergegangen. Das habe etwas bewegt. "In der NASCAR ändert sich das Geschäftsmodell gerade, weil zahlreiche Teams verschwinden. In der Formel 1 war Force India fast draußen, wenn nicht Lawrence Stroll eingesprungen wäre und sie gerettet hätte, oder Sauber [mit Retter Hans Rausing]. Nur weil sie gerettet wurden, hat Liberty kein Riesenproblem."
Ob es vielleicht sogar besser für die Formel 1 gewesen wäre, wenn mindestens eines Teams hätte zusperren müssen? "Hätten sie sich verabschiedet, würden wir heute vielleicht mehr darüber reden, wie wir die Teams finanzieren", glaubt Haas.
Haas bleibt bei Force-India-Preisgeld hart
Auf seinem Standpunkt beharrt er weiter beim Thema Preisgelder für Force India. Haas besteht darauf, dass der Rennstall als neues Team behandelt wird, also für zwei Jahre auf Preisgelder verzichten muss, wie es Haas in den Jahren 2016 und 2017 nach seinem Formel-1-Einstieg ebenfalls getan hat. "Wir möchten nicht, dass Force India verschwindet", versichert der Gründer von Haas Automation. "Aber wir haben uns genau an das Regelwerk gehalten. Da gefällt es uns nicht, wenn jemand das einfach so beiseite schiebt."
"Ich bin mir sicher, dass Lawrence Stroll sehr intelligent ist. Er ist extrem reich und kann machen, was immer er will. Wir wünschen ihm sicher nichts Böses, aber unserer Meinung nach sollten Regeln, auf die wir uns alle geeinigt haben, auch für alle gelten sollten."
Und plötzlich gefällt ihm auch wieder, dass die Formel 1 ein multipolarer Komplex ist, was er kurz zuvor noch kritisiert hat: "Uns stört, dass das FOM einfach durch die Tür gekommen ist und gemeint hat: 'So werden wir es machen.' Dann haben wir gesagt: 'Nein, das steht in Konflikt mit damit, wie wir das sehen.' Das möchten wir geklärt haben." Aktuell wartet er auf die Antwort des Formula One Managements. Solange wird Force India weiterhin kein Geld von FOM-Seite aus sehen.