Wolff: Kontroversen machen die Formel 1 zu dem, was sie ist
Toto Wolff ist davon überzeugt, dass die Negativ-Schlagzeilen der Saison 2014 der Formel 1 nicht schaden - Mercedes will den kleineren Teams entgegenkommen
(Motorsport-Total.com) - Obwohl die Formel-1-Saison 2014 mit dem Duell um den WM-Titel zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg sportlich eine der spannendsten der vergangenen Jahre war, dominierten im Laufe des Jahres oft andere Themen die Schlagzeilen - und das waren nicht immer positive. Die Einführung der neuen Hybrid-Antriebe sorgte zu Saisonbeginn für teils hitzige Diskussionen, in deren Verlauf manche Protagonisten kein gutes Blatt an der neuen Technik ließen.
In der Schlussphase der Saison bestimmten dann Teampleiten, Boykottdrohungen und die Diskussion um eine gerechtere Verteilung der Einnahmen der Formel 1 die Berichterstattung und ließen die Serie nicht immer in einem guten Licht dastehen. Obwohl dadurch die Erfolge des Mercedes-Teams teilweise in den Hintergrund rückten, schrillen bei Motorsportchef Toto Wolff noch lange nicht die Alarmglocken.
"Als Marke haben wir eine Vorstellung davon, wie sich die Formel 1 zu verkaufen hat", stellt Wolff beim SPONSORs Motorsport Summit im Rahmen der Essen Motor Show zwar klar, dass auch Mercedes an einer positiven Außendarstellung der Serie interessiert ist. Allerdings sei es nicht notwendig, bei jeder unvorteilhaften Schlagzeile in Aufregung zu geraten. "Ich kann mich erinnern, dass wir zu Anfang immer wie die aufgescheuchten Hühner durch die Gegend gelaufen sind, wenn es ein Skandälchen gab", so Wolff. "Die Wahrheit ist: Das ist nicht notwendig."
Kontroversen sind das Salz in der Formel-1-Suppe
Vielmehr seien - auch medial ausgetragene Zwistigkeiten - ein Teil des Erfolgsmodells der Serie. "Die Formel 1 ist, was sie ist, weil sie kontrovers ist", so Wolff. Gemäß dem alten PR-Motto, nachdem jede Neuigkeit ist eine gute Neuigkeit ist, bleibe die Formel 1 so stets in den Medien präsent. "Die ein oder andere Schlagzeile hätte sie vielleicht im Nachhinein auch gerne vermieden", meint Wolff. "Fakt ist aber, dass wir darüber diskutieren, ob Crowdfunding für ein Formel-1-Team richtig ist, oder nicht", so der Österreicher über das umstrittene Caterham-Projekt vor dem Rennen in Abu Dhabi. "Das steht in der Zeitung, und damit steht die Formel 1 in der Zeitung."
Auch Teampleiten wie die von Marussia habe es schon immer in der Formel 1 gegeben. Dies habe auch klangvollere Namen getroffen, so Wolff. "Es gab viele große Namen wie Ligier oder Arrows, die gekommen und gegangen sind, und viele Insolvenzen. Ich glaube nicht, dass es anders ist als früher", meint der Mercedes-Motorsportchef, gibt aber zu: "Das Ganze wird aber medial viel stärker in die Welt herausgetragen."
Wolff spielt CVC den Ball zu
Hier sieht Wolff in erster Linie die Eigentümer der Formel 1, insbesondere Mehrheitseigner CVC Capital Partners am Zuge, Lösungsvorschläge zu präsentieren. Mercedes seit jedoch bereit, Zugeständnisse im Sinne der kleineren Teams zu machen. "Wir sind bereit, die kleinen Teams zu unterstützen, da gibt es verschiedene Modelle", so Wolff. Allerdings sei nicht bei allen Beteiligten mit solchem Entgegenkommen zu rechnen.
"Bei unserem Mit-Teilhabern sehen wir das aber nicht. Das beginnt bei CVC und geht bis zu Ferrari und Red Bull, die sich auf den Standpunkt stellen: Das ist nicht unser Thema sondern das der Teams", so der Österreicher. Insbesondere Red-Bull-Teamchef Christian Horner hatte zuletzt klargestellt, dass sein Team nicht bereit ist, auf die vertraglich garantierte Sonderstellung zu verzichten. Eine Haltung, die Wolff seinem Kollegen allerdings nicht zum Vorwurf macht: "Die Rolle von Horner ist, sein eigenes Team so erfolgreich wie möglich auftreten zu lassen, damit der Umsatz oder die Einnahmen so hoch wie möglich sind. Dafür wird er bezahlt", stellt der Mercedes-Motorsportchef klar.
Zur Vermeidung eines allzu großen wirtschaftlichen Ungleichgewichts, welches in letzter Konsequenz Teams über die Klinge springen lässt, wird immer wieder die Einführung einer Budgetobergrenze in der Formel 1 diskutiert. Von solch einem Modell hält Wolff allerdings nur wenig und verweist auf ähnliche gescheiterte Versuche im Fußball. "Es gibt das Modell des 'Financial Fair Play', bei dem man nicht mehr ausgeben darf, als man einnimmt oder eine Kostendeckelung. Aber keines dieser Systeme funktioniert."
Formel 1 darf nicht sozialistisch sein
"Wenn die Teams in eine Situation kommen, in der sie von einem Schuldenberg erdrückt werden, muss man sich fragen ob sie richtig gemanagt wurden", so Wolff. "Das ist die unternehmerische Verantwortung, dass man das ausgibt, was man hat. Wenn man mehr ausgibt muss man einen Plan haben, wie man es zurückzahlt. Wenn man diesen Plan nicht hat, dann hat man nirgendwo etwas verloren. Nicht in der Formel 1 und nicht in einem anderen Unternehmen."