Ecclestone & Sotschi: "Ich weiß nicht, wo das Problem ist"
Während Bernie Ecclestone keinen Grund gegen einen Grand Prix in Sotschi sieht, sorgt sich Monisha Kaltenborn um die Nachhaltigkeit des Rennens
(Motorsport-Total.com) - In gut sieben Wochen betritt die Formel 1 mit dem Grand Prix in Sotschi erstmals russischen Boden - und fährt wieder einmal ein Rennen unter zumindest diskutablen politischen Umständen. Denn wegen der Ukraine-Krise steht Russland seit einigen Monaten international massiv in der Kritik. Die völkerrechtswidrige Annektion der Krim und der Abschuss des malaysischen Passagierflugzeugs, hinter dem prorussische Separatisten in der Ukraine stecken sollen, ließen Forderungen nach einer Absage des Rennens aufkommen.
Doch dazu wird es nicht kommen, wie Formel-1-Boss Bernie Ecclestone nun noch einmal klarstellt. "Wir haben einen Vertrag und werden ihn einhalten. Sie (die Organisatoren; Anm. d. Red.) werden das gleiche tun, daher wird das Rennen stattfinden", so der Brite gegenüber der 'BBC'. Die Diskussionen über einen möglichen Formel-1-Boykott, der unter anderem von britischen Politikern gefordert worden war, kann der 83-Jährige nicht nachvollziehen.
"Ich weiß nicht, was ein Rennen in Sotschi damit zu tun hat. Wir haben doch nichts mit Politik oder Religion am Hut, ich weiß nicht, wo das Problem ist", so Ecclestone, der angesprochen auf den Abschuss von Flug MH17 darauf verweist, dass noch nicht erwiesen sei, dass russische Kräfte dahinter stecken.
Herausforderung Logistik
Und selbst wenn dem so sei, wäre dies für Ecclestone kein Grund, die Organisatoren in Sotschi oder die russischen Formel-1-Fans dafür zu bestrafen. "Wenn ich Messer herstelle und jemand mit einem dieser Messer jemanden niedersticht, kann man doch nicht sagen ich sei dafür verantwortlich, nur weil ich das Messer hergestellt habe", erklärt Ecclestone.
Erste komplette Runde in Sotschi
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Bei den Teams hat hingegen schon die logistische Vorbereitung auf den vom 10. bis 12. Oktober stattfindenden Grand Prix begonnen. Im Gegensatz zu Ländern wie Indien oder auch China seien Einreise, Visum oder Einfuhr kein Problem, erklärt Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn. "Was etwas knifflig ist, ist die Anreise nach Sotschi, wegen der Flugverbindungen. Das ist etwas kompliziert. Logistisch ist es herausfordernd, weil der Japan-Grand-Prix nur eine Woche zuvor stattfinden", so die Österreicherin. "Das könnte man in Zukunft vielleicht etwas besser lösen."
Gespannt ist Kaltenborn auf das Zuschauerinteresse bei der Formel-1-Premiere in Russland. Positiv könnte sich ihrer Meinung nach auswirken, dass sich Sotschi in einer Tourismusregion am Schwarzen Meer befinde. So könnten russische Besucher den Rennbesuch mit einem Urlaub verbinden. "Für europäische Fans ist es logistisch nicht so einfach, nach Sotschi zu reisen", meint die Sauber-Teamchefin. Von Frankfurt aus ist Sotschi mit einem Zwischenstopp in Moskau in sieben bis zehn Stunden zu erreichen.
Wie Nachhaltig ist der Sotschi-Grand-Prix?
Entscheidend für den Erfolg des Rennens sei laut Kaltenborn weniger die Zuschauerzahl im ersten Jahr, sondern vielmehr die Nachhaltigkeit des Formel-1-Interesses in Russland. "In Indien war es im ersten Jahr auch ein riesiger Erfolg. Die Frage ist immer, was im zweiten Jahr passiert. Man muss das Interesse am Sport über das gesamte Jahr hoch halten", sagt Kaltenborn.
"Es gab mehrfach tolle Events, die Leute sind zahlreich gekommen", verweist die Sauber-Teamchefin auf Veranstaltungen wie das City Racing in Moskau, "aber es ist dann die Aufgabe, die Leute bei der Stange zu halten, damit sie im Folgejahr wiederkommen. Das ist die große Schwierigkeit", so Kaltenborn. "Wir haben einen russischen Fahrer im Feld. Von daher sollte das Thema durchgängig platziert sein. Das ist wichtig, denn die Formel 1 ist insgesamt nicht in der Topliste des Sportinteresses in Russland."
Neben Toro-Rosso-Pilot Daniil Kwjat könnte in Sotschi ein zweiten Russe fahren und damit sein Formel-1-Debüt fahren, denn immerhin gehört mit Sergei Sirotkin ein russischer Pilot zum Fahrerkader von Sauber. "Es ist eine Möglichkeit, dass wir Sergei am Freitag dort fahren lassen", so Kaltenborn. "Wir schauen es uns an."