Deal or no deal: Warum Ecclestones Freikauf rechtens ist
Bernie Ecclestone hat sich mit 100 Millionen Dollar freigekauft, doch während sich einige über die Zahlung aufregen, ist sie im Grunde gängige Praxis
(Motorsport-Total.com) - Um 100 Millionen Dollar ärmer, aber ein freier Mann: Formel-1-Boss Bernie Ecclestone ist am Dienstag durch einen umstrittenen Richterspruch einer Gefängnisstrafe entgangen. Der 83-Jährige sorgte mit der Zahlung der Rekordsumme von umgerechnet knapp 75 Millionen Euro für die Einstellung seines Bestechungsprozesses vor dem Landgericht München. Der Engländer gilt damit offiziell als unschuldig, ist nicht vorbestraft und wird wohl weiter auf unabsehbare Zeit die Geschicke der Formel 1 leiten, die ihn zum Milliardär gemacht hat.
© xpbimages.com
Bernie Ecclestone hat sich für 100 Millionen Dollar seine Freiheit erkauft Zoom Download
Richter Peter Noll, der den Vorsitz der fünften Strafkammer des Landgerichts München I geführt hatte, verkündete die Entscheidung am Dienstagmittag. Noll erklärte, dass sich der Verdacht gegen Ecclestone während des Verfahrens "in wesentlichen Teilen" nicht erhärtet habe, Sprecherin Andrea Titz ergänzte, dass "eine Verurteilung entsprechend dem Anklagevorwurf nicht überwiegend wahrscheinlich wäre".
Zuvor hatten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Ecclestones Anwälte der Absprache zugestimmt. "Das ist kein Deal. Das hat mit Freikaufen nichts zu tun", betonte Ecclestones Anwalt Sven Thomas, der von einer "klaren Freispruchsoption" für seinen Mandanten sprach. Zudem stellte Thomas klar, "dass die Höhe der Auflage allein an den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ausgerichtet ist und nicht im geringsten Schluss darauf zulässt, dass die Verurteilungswahrscheinlichkeit hier Anlass für die Höhe der Geldauflage war. Damit ist glaube ich dem Gerede und Geschrei über einen Freikauf jetzt endgültig Einhalt geboten worden."
Schuld schwierig zu beweisen
Die Staatsanwaltschaft begründete ihre Zustimmung mit dem hohen Alter Ecclestones und der langen bisherigen Verfahrensdauer, allerdings auch mit Ergebnissen der Beweisaufnahme im Prozess. Demnach habe es sich im bisherigen Prozessverlauf als schwierig erwiesen, Ecclestone nachzuweisen, dass er von einer Amtsträgerschaft Gerhard Gribkowskys wusste. Darin liegt aber auch eine gewisse Crux: Einerseits ist es schwierig, dem Formel-1-Boss die Schuld nachzuweisen, andererseits soll er dafür trotzdem büßen.
Ecclestone war vorgeworfen worden, den Banker Gribkowsky im Zuge des Verkaufs von Formel-1-Anteilen der BayernLB an den britischen Investor CVC 44 Millionen US-Dollar (32,5 Millionen Euro) an Bestechungsgeldern gezahlt zu haben. Nur weil die BayernLB zur fraglichen Zeit halbstaatlich war, konnte überhaupt ein Verfahren eröffnet werden.
Die Einstellung eines Verfahrens nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung ist gängige Praxis an deutschen Gerichten, die Höhe der sogenannten Geldauflage bemisst sich nach dem Vermögen des Angeklagten. Im Fall des milliardenschweren "Mr. E." ergibt sich dann schnell eine neunstellige Summe, zumindest in Dollar. 99 Millionen sollen im Übrigen an das Land Bayern gehen, eine Million soll eine Kinderhospizstiftung erhalten.
Freikauf gängige Praxis
Für den als sparsam geltenden Ecclestone, der pro Jahr allein rund 100 Millionen Dollar "Unterhalt" von seiner geschiedenen Frau Slavica bekommt, fällt die Summe trotzdem in die Kategorie "Peanuts". Auf die Frage des Richters, ob er in der Lage wäre, das Geld innerhalb einer Woche "flüssig" machen könnte, antwortete Ecclestone mit einem schlichten "yes".
Fotostrecke:
1969 trafen sich Bernie Ecclestone und Max Mosley zum ersten Mal, im Rahmen eines Formel-2-Rennens. Erst bei einem Meeting der damaligen Formula One Constructors Association (FOCA) im Jahr 1971 kam es aber zum ersten Gespräch der beiden Männer, die die Kontrolle über die Königsklasse des Motorsports schon bald an sich reißen sollten. Fotostrecke
In den vergangenen Tagen war trotz der Beteuerungen aller Beteiligten der Eindruck entstanden, dass Ecclestone sich aufgrund seiner finanziellen Möglichkeiten einer Verurteilung entziehen könne. "Eine Frechheit" hatte die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die Absprache genannt: "Denn 100 Millionen Dollar zu zahlen, zeigt ja, dass hier im Kern schon eine ganz erhebliche Schuld vorliegen muss." Wie bei Gerhard Gribkowsky, der in seinem Verfahren 2012, in dem es allerdings in erster Linie um Steuerhinterziehung ging, zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden war.
Doch die Worte der Ex-Justizministerin dürften nicht ganz stimmig sein. Tatsächlich ist eine solche Verfahrenseinstellung laut Gesetz nur erlaubt, wenn "die Schwere der Schuld nicht entgegensteht", wie Wirtschaftsstrafverteidiger Franz Bielefeld gegenüber dem 'Spiegel' erklärt. Und: "Richter lassen sich keine Strafurteile abkaufen. Sie greifen nur zu diesem Instrument, wenn die Beweislage wirklich schwierig ist." Auch vielen Normalbürgern bleiben durch diese Regelung immer wieder Gerichtsverhandlungen erspart, was das Justizsystem entlastet.
Ecclestone wohl zurück in die Formel 1
Abseits das Prozesses bahnt sich zudem auch eine Einigung zwischen Ecclestone und der BayernLB an. Der Engländer ist nach Medieninformationen bereit, 25 Millionen Euro der rund 30 Millionen, die er einst als Provision erhalten hatte, zurückzuzahlen.
Mit der Einstellung des Verfahrens dürfte auch der offiziellen Rückkehr des ehemaligen Gebrauchtwagenhändlers an die Spitze der Formel 1 nichts mehr im Wege stehen. Ecclestone hatte sich für die Zeit des Prozesses aus dem Vorstand der Formel-1-Mehrheitseigner zurückgezogen, aber trotzdem weiter hinter den Kulissen die Fäden in der Hand gehalten.
Niki Lauda, Aufsichtsratschef des Mercedes-Werksteams, hatte bereits im Vorfeld der Einstellung des Verfahrens betont, wie wichtig Ecclestone für die Königsklasse sei. "Hätte Bernie aufhören müssen, dann wäre das eine Katastrophe für die Formel 1 gewesen", sagte der 65 Jahre alte Österreicher der Süddeutschen Zeitung: "Er hat die Formel 1 drei Jahrzehnte lang aufgebaut. Er ist der einzige, der alles kennt, das Geschäft, die Sorgen der Teams, er hat alles im Kopf. Er ist das Bindeglied zwischen den Teams und den Investoren."