Andretti: Herta "ein großartiger Kandidat" für Cadillacs Formel-1-Team
Ein Jahr noch, bis auch Cadillac in der Formel 1 an den Start geht - Fahrerfrage weiter offen, Entscheidung soll im Sommer fallen: Colton Herta gilt weiter als Topfavorit
(Motorsport-Total.com) - Mit Cadillac steigt 2026 ein elftes Team in die Formel 1 ein. Die Fahrerfrage beim Neuling aus den USA ist nach wie vor offen, Rennsport-Legende und Cadillac-Berater Mario Andretti unterstreicht aber einmal mehr seinen Favoriten: Colton Herta.
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© Motorsport Images
Colton Herta könnte der nächste US-Amerikaner in der Formel 1 werden Zoom Download
"Das würde ich so sagen", bestätigt Andretti im Exklusivinterview mit Motorsport.com, einer Schwesterplattform von Motorsport-Total.com im Motorsport-Network, dass der 24-jährige IndyCar-Pilot nach wie vor ganz oben auf der Liste des Teams steht.
"Wenn man sich anschaut, wie Colton von Beginn seiner Karriere an trainiert hat", schwärmt der Weltmeister von 1978: "Er hat bekanntlich in die Formel 3 mit Leuten wie Lando Norris angefangen, und er hat schon Formel 1 getestet. Zak Brown hat ihm in Portugal einen guten Test in Portimao ermöglicht."
F1-Test mit McLaren: "Ihr solltet mal den Bericht sehen"
Im Sommer 2022 durfte Herta in einem alten Auto des Papaya-Teams erstmals F1-Luft schnuppern. "Ihr solltet mal den Bericht sehen, den wir von Andrea Stella bekommen haben - und Andrea ist eine Person, die es so sagt wie es ist. Also ja, er ist ein großartiger Kandidat", verrät Andretti. Entschieden sei noch nichts, schließlich gäbe es viele Faktoren zu berücksichtigen: "Aber meiner Meinung nach ist er eine gute Wette", so der mittlerweile 84-Jährige.
Die Visitenkarte des Sohnes von Ex-Rennfahrer Bryan Herta liest sich zunächst tatsächlich gut: Jüngster Rennsieger in der IndyCar mit gerade einmal 18 Jahren, schon in seiner zweiten vollen Saison wird er Meisterschaftsdritter. Auch im Folgejahr gelingen ihm immerhin drei Siege und Gesamtrang fünf. Dann folgt mit zwei zehnten Plätzen beim schwächelnden Andretti-Team aber ein kleiner Karriereknick.
Umso wichtiger sein Comeback im Jahr 2024: In Toronto und Nashville gewinnt Herta, wird am Ende Vizemeister - nach zwei Jahren gefühlter Stagnation der nötige Befreiungsschlag und nächste Entwicklungsschritt: Waren es zuvor doch vor allem vereinzelte Highlights, bei denen seinen Können aufblitze, fuhr Herta 2024 deutlich konstantere Ergebnisse ein.
Andretti: Herta hat "die Zutaten eines Champions"
"Nicht nur das, er ist auch sehr versiert. Er ist gut in allen Bereichen, wie den Ovalen, kurzen Ovalen, Superspeedways. Er ist überall konkurrenzfähig, er ist also definitiv Meister-Material", sagt Andretti mit Blick auf die anstehende IndyCar-Saison, die dann erstmal Hertas vorerst letzte sein könnte. Mit dem Meistertitel in der Tasche ließe es sich jedenfalls guten Gewissens in Richtung Formel 1 verabschieden...
Andretti traut es Herta zu: "Letztes Jahr wurden einige Fehler gemacht, die ihn eine Meisterschaft gekostet haben, das passiert leider. Manchmal setzt du dich zu sehr unter Druck und dann machst du Fehler. Aber wenn du dir die Zutaten anschaust, die da waren, dann waren es die Zutaten eines Champions", hält er große Stücke auf den Kalifornier.
Die richtigen Zutaten braucht ab spätestens nächstem Jahr auch das Formel-1-Projekt von General Motors - und gute Fahrer gehören da natürlich zu, das weiß niemand besser als Andretti. "Im Moment ist alles im Gange. Über diese Dinge denkt man täglich nach, und es wird wahrscheinlich zu Mitte des Jahres offiziell", erklärt der Cadillac-Berater.
Dabei ist er sich bewusst: "Es gibt viel zu berücksichtigen: Wenn man nur mal auf Social Media schaut, dann werfen die Leute mit gewissen Namen um sich, aber wir schauen uns natürlich jeden Aspekt jeder Möglichkeit an, die da ist. Es ist klar, das Ziel ist zumindest einen amerikanischen Fahrer zu haben und dann noch einen erfahrenen Fahrer daneben, und damit anzufangen."
Kein Wunder also, dass dieser Tage immer wieder auch der Name Sergio Perez gehandelt wird - der Mexikaner wäre nach seinem Aus bei Red Bull verfügbar und hat noch nicht über seine weitere Zukunft in der Königsklasse entschieden, würde aber neben einer breiten Fangemeinde auch zusätzliche Sponsorengelder mitbringen. Und könnte Herta mit der Erfahrung aus 14 Jahren Formel 1 eine Menge beibringen.
Dealbreaker Superlizenz: Herta fehlen weiterhin Punkte
Allein: Eine Hürde, an der im Herbst 2022 schon mal ein Flirt mit dem damaligen AlphaTauri-Team scheiterte, muss der US-Amerikaner weiterhin nehmen: Er braucht die nötigen Superlizenzpunkte für den Einstieg in die Formel 1. Durch den Vizetitel 2024 ist Herta diesem essenziellen Baustein für seinen Traum von der Königsklasse aber zumindest deutlich nähergekommen, bringt er es nun doch auf 31 Zähler.
Theoretisch würde ihm 2025 also schon ein vierter Rang in der Meisterschaft reichen, um die nötigen 40 zu erreichen. Wird Herta Fünfter, könnte schon ein einziger Einsatz im Freien Training mit einem der aktuellen F1-Rennställe Abhilfe schaffen. Legt der Amerikaner dabei mehr als 100 Kilometer zurück, gibt es ebenfalls einen Punkt für die Superlizenz.
Da die Formel-1-Teams seit dieser Saison in den Trainings vier Rookies einsetzen müssen, sind Hertas Chancen auf die ein oder andere Bewährungsprobe automatisch gestiegen - und damit auch die auf ein Stammcockpit bei Cadillac zum Einstieg 2026.