Ayao Komatsu: Bearman wird sicher irgendwann Ferrari fahren!
Haas-Teamchef Ayao Komatsu war schon nach dem ersten Einsatz von Oliver Bearman überzeugt und glaubt, dass Ferrari den Youngster nicht ignorieren kann
(Motorsport-Total.com) - "Sofort!", sagt Haas-Teamchef Ayao Komatsu auf die Frage, ob er bei Oliver Bearmans erstem Einsatz für das Team im Freien Training in Mexiko 2023 den Gedanken hatte, dass der Engländer in Zukunft einmal für Haas als Stammpilot fahren könnte.
Damals durfte Bearman im Auto von Kevin Magnussen das erste Freie Training auf dem Autodromo Hermanos Rodriguez bestreiten und erhielt vom damaligen Teamchef Günther Steiner die Ansage, bloß nichts kaputt zu machen.
Das tat Bearman nicht, sondern schlug sich als 15. und Bester der fünf eingesetzten Rookies an dem Tag beachtlich. "Ich habe einige Rookies gesehen, die in ein erstes Training gehen und schnell sind", sagt Komatsu. Und viele würden dort ihren Speed beweisen wollen, weil es vielleicht ihre einzige Chance in der Formel 1 ist. "Aber Ollie war nicht so", sagt er.
"Ich habe mehr als genug von seinem Potenzial gesehen, aber was mich am meisten interessiert hat, war, dass er im Vorfeld wirklich verstanden hat, wie seine Rolle in dieser Session in Mexiko aussieht und was das Team daraus mitnehmen muss", so der Japaner.
Fotostrecke: Die Formel-1-Rookies der vergangenen 20 Jahre
2005: 6 Rookies - 16. Tiago Monteiro (Jordan/7 Punkte), 18. Narain Karthikeyan (Jordan/5), 19. Christijan Albers (Minardi/4), 21. Patrick Friesacher (Minardi/3), 24. Vitantonio Liuzzi (Red Bull/1) und 25. Robert Doornbos (Minardi/0) Fotostrecke
Trotz eines Fehlers in einer Qualifying-Simulation habe sich Bearman nicht aus der Ruhe bringen lassen, sondern auf das Feedback des Teams gehört und es im zweiten Versuch umgesetzt - und dem Team später im Debrief in aller Ruhe noch alles erklärt. "Ich konnte nicht glauben, dass er 18 ist", meint Komatsu.
Die Belohnung war nicht nur ein zweiter Einsatz im Training von Abu Dhabi, sondern eine verstärkte Rolle in der Saison 2024, wo er sechs Freitagstrainings zugesichert bekam, die ihn auf einen möglichen Einsatz als Stammfahrer 2025 vorbereiten sollten.
Komatsu lobt herausragendes Feedback
Die beste Vorbereitung dürften aber die drei ungeplanten Renneinsätze während der vergangenen Saison sein. In Saudi-Arabien überraschte er alle mit seinem siebten Platz in Saudi-Arabien, als er für Carlos Sainz einspringen durfte, bevor er in Baku und Sao Paulo zwei Mal für Kevin Magnussen fahren konnte, als dieser gesperrt und krank war.
Fotostrecke: Tops und Flops: Ersatzfahrer in der Formel 1
Top: Michael Schumacher. 1991 in Spa springt er ein bei Jordan für Betrand Gachot, der im Gefängnis sitzt. Schumacher überzeugt mit Startplatz sieben, fällt aus im Rennen - und wird sofort von Benetton verpflichtet, wo er 1994 erster deutscher Formel-1-Weltmeister wird. Fotostrecke
Und obwohl Bearman 2025 vor seiner ersten vollen Formel-1-Saison steht, sagt Komatsu, dass er den 19-Jährigen nicht als Rookie sieht und behandelt: "Wir achten sehr darauf, was er zu sagen hat, weil er in Ferraris Ausbildung und Simulator gute Erfahrung gesammelt hat - und er hat unseren VF-23 und VF-24 gefahren."
Und dabei habe er jedes Mal herausragendes Feedback gegeben, würdigt der Teamchef. "Sein Ansatz war exzellent und sein Speed war großartig", lobt er. "Das hat man in Baku und Interlagos gesehen, wo er in beiden Qualifyings schneller als Nico [Hülkenberg] war, der unsere Referenz war."
Gute Reaktion in Baku
Und als es einmal schwierig wurde, da habe er auch guten Charakter gezeigt. Komatsu erzählt dabei vom ersten Stint in Baku, als Hülkenberg deutlich besser war, weil er mit seiner Erfahrung wusste, wie stark er die Reifen rannehmen kann.
"Ollie hat das gemacht, was wir ihm in Sachen Reifenmanagement vorgegeben haben, aber was wir ihm gesagt haben, war zu konservativ und Nico hat eine Menge Zeit auf ihn gewonnen", erinnert er sich und gibt zu, dass Haas Bearman gleich hätte mitteilen müssen, dass die Vorgaben falsch waren und er stärker pushen könne.
"Aber das haben wir nicht, und deshalb mussten wir am Ende des Stints die Plätze von Nico und Ollie tauschen", so Komatsu. "Natürlich war Ollie nicht glücklich darüber - und das zurecht. Natürlich hat er sich beschwert, aber er hat es einfach gemacht und das war das richtige Verhalten."
"Er hat nicht argumentiert, als es dazu kam, sondern er hat es gemacht, und nach dem Rennen haben wir darüber gesprochen, was wir falsch gemacht haben und was wir hätten besser machen können", so Komatsu.
Schon bald Stammfahrer bei Ferrari?
"Er ist sehr ruhig, versteht das große Gesamtbild und kann es umsetzen. Und er lernt schnell", lobt er. "Ich freue mich darauf, zu sehen, wir sehr wir uns mit ihm verbessern können."
Und wenn alles so eintritt, wie Komatsu prophezeit, dann wird Haas für den Youngster wohl nur eine Durchgangsstation. Denn für den Teamchef ist klar, dass Bearman in Zukunft für Ferrari fahren wird, bei denen er weiter als Akademiefahrer unter Vertrag steht.
Erst einmal wird er zwei Jahre fix für Haas fahren, danach gibt es eine Option für ein weiteres Jahr. "Aber wenn wir einen guten Job machen und wenn Ollie einen guten Job macht, dann kann Ferrari das auf keinen Fall ignorieren!"