Verschwendung von Pirelli-Reifen: Warum die Formel 1 eine Lösung finden muss!
Von wegen Nachhaltigkeit! Die aktuellen Daten aus der Formel-1-Saison 2024 zeigen, dass die ungenutzten Pirelli-Reifen ein Problem sind - Welche Lösungen es (nicht) gibt
(Motorsport-Total.com) - Nachhaltigkeit ist in der Formel 1 schon lange ein Thema. Und trotz ständiger Verbesserungen und einer erfolgreichen Reduzierung der CO2-Emissionen gibt es einen Bereich des Ressourcenverbrauchs, der eindeutig noch Aufmerksamkeit erfordert: Der Umgang mit ungenutzten Reifen ist nach wie vor ein großes Problem!
Bei den Bemühungen, die Umweltbelastung zu reduzieren, geht es oft um kleine Verbesserungen und nicht um eine einzige bahnbrechende Lösung. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass in der Formel 1 immer noch so viele Reifen während einer Saison ungenutzt bleiben.
Die Realität dieses Problems wurde in einem Informationsschreiben deutlich, das Pirelli am vergangenen Donnerstag veröffentlichte und das interessante Statistiken für die Saison 2024 enthält. Daraus geht hervor, dass die Reifen in diesem Jahr eine Gesamtdistanz von 334.942,175 Kilometern in 65.534 Runden zurückgelegt haben.
34 Prozent aller Reifen nie verwendet!
Unter diesen Daten waren allerdings einige aufschlussreiche Zahlen über die Menge der gelieferten Reifensätze versteckt - und vor allem darüber, wie viele davon überhaupt nicht zum Einsatz kamen. Pirelli gab an, dass in der Saison 2024 insgesamt 8016 neue Reifensätze geliefert wurden.
Diese setzten sich aus 6100 Slicks und 1916 Regenreifen (davon 1428 Intermediates und 488 Fullwets) zusammen. Von diesen Reifensätzen wurden 2718 nicht verwendet, was etwa 34 Prozent der Gesamtlieferung entspricht. Darunter befanden sich einige Regenreifen, die nicht benötigt wurden, aber auch eine beträchtliche Anzahl von Slicks, die nie zum Einsatz kamen.
Laut Pirelli wurden 935 Slick-Sätze, also etwas mehr als 15 Prozent der für die Rennen gelieferten Reifen, zwar auf Felgen montiert, aber nie gefahren. Weitere 948 Slick-Sätze (15,5 Prozent) wurden nur für ein bis drei Runden eingesetzt, zum Beispiel für das Qualifying selbst oder entsprechende Simulationen während des Trainings.
Die ersten Verbesserungen zeigen Wirkung
Die hohe Zahl ungenutzter Reifen ist in zweierlei Hinsicht alarmierend. Erstens stellt sie eine Verschwendung von Material und Energie dar, die für die Produktion und spätere Entsorgung dieser Reifen aufgewendet werden müssen. Zum anderen sind die Umweltkosten zu berücksichtigen, die durch den weltweiten Transport dieser letztlich ungenutzten Reifen entstehen.
Kein Wunder also, dass Pirelli in seinem Bericht feststellt, dass "das Thema der effizienteren Nutzung der Reifen während des Rennwochenendes auf der Tagesordnung bleibt". Doch welche Lösungen gibt es überhaupt, um das Problem der Reifenverschwendung in den Griff zu bekommen?
Fotostrecke: Formel-1-Saison 2024: Zahlen, Daten und Fakten zu den Pirelli-Reifen
Die Teams legten in der Formel-1-Saison 2024 mit den Pirelli-Reifen in 65.534 Runden insgesamt 334.942,175 Kilometer zurück, was 94 Prozent der Entfernung zum Mond entspricht, wenn sich dieser am erdnächsten Punkt befindet. Fotostrecke
Tatsächlich wurden für die Saison 2024 bereits erste Verbesserungen eingeführt. Ein Beispiel ist die sogenannte "Strip-and-Fit"-Politik für Intermediates und Regenreifen. Dabei können Reifen, die bei einem Rennen aufgezogen, aber nicht benutzt wurden, beim nächsten Rennen wieder verwendet werden. Dies hat bereits dazu geführt, dass 2024 rund 3500 Reifen weniger produziert werden mussten als im Vorjahr.
Künftig nur noch ein einziger Regenreifen?
Trotz dieser Fortschritte wird es wohl nie möglich sein, eine Situation zu erreichen, in der überhaupt keine Reifen mehr verschwendet werden. Aber es gibt klare Ansätze für Verbesserungen. Bei den Regenreifen könnte eine Lösung darin bestehen, nur noch einen Typ von Regenreifen zu verwenden.
Derzeit führen die Unterschiede zwischen Intermediate und den vollwertigen Reigenreifen dazu, dass viele Sätze ungenutzt bleiben. Die für Extrembedingungen entwickelten Full-Wet-Regenreifen werden nur selten eingesetzt, weil vor allem die extreme Gischt ein Rennen unter diesen Bedingungen praktisch unmöglich macht.
Laut aktuellen Pirelli-Daten wurden die Intermediates für insgesamt 5,84 Prozent der von den Teams zurückgelegten Gesamtstrecke eingesetzt, die Full-Wets dagegen nur für 0,57 Prozent. Ein einziger Regenreifen, der sowohl für nasse als auch für sehr nasse Bedingungen geeignet ist, könnte die Produktion von Regenreifen deutlich reduzieren.
Bei den Slicks wird es unvermeidlich bleiben, dass einige Sätze nur für kurze Distanzen, beispielsweise im Qualifying, eingesetzt werden. Die Anzahl der völlig ungenutzten Reifen könnte jedoch durch ein angepasstes Reglement reduziert werden, indem die Teams beispielsweise dazu verpflichtet werden, bestimmte Mischungen in verschiedenen Sessions zu verwenden.
"Müssen bereit sein, Kompromisse einzugehen"
Ein solcher Ansatz wurde 2023 mit der "Alternative Tyre Allocation" (ATA) bei zwei Rennen getestet. Dabei wurde die Anzahl der Reifensätze pro Fahrer von 13 auf 11 reduziert und die Reifenmischungen für die einzelnen Qualifikationsabschnitte vorgeschrieben: harte Reifen in Q1, mittlere Mischung in Q2 und weiche Slicks in Q3.
Das System fand jedoch nicht genügend Zustimmung, weil die Teams befürchteten, dass es das Training zu sehr einschränken und den schnellsten Teams, die mit den härteren Mischungen besser zurechtkommen, einen Vorteil verschaffen würde.
Pirelli sah in der Ablehnung der ATA eine verpasste Chance. Pirelli-Motorsportchef Mario Isola sagte damals: "Die Entscheidung, dieses Format fallen zu lassen, war seiner Meinung nach nicht die richtige. Wenn die Zukunft in der Reduzierung des CO2-Fußabdrucks liegt, müssen wir bereit sein, Kompromisse einzugehen."
Angesichts der aktuellen Zahlen von Pirelli bleibt klar: Das Thema ungenutzte Reifen verdient auch in Zukunft eine besondere Aufmerksamkeit ...