• 19. Dezember 2024 · 18:12 Uhr

Meinung: Gibt es genug gute Gründe für Liam Lawsons Red-Bull-Deal?

Wenn ein Topteam einen Fahrer mit weniger als einem Dutzend Formel-1-Starts verpflichtet, muss es gute Gründe geben - Doch sind diese schwer zu erkennen

(Motorsport-Total.com) - Es ist irgendwie schon erklärbar, wie Red Bull hier gelandet ist. Man muss nicht zwingend der Meinung sein, dass Christian Horner und Helmut Marko in den letzten anderthalb Jahren in Bezug auf die Fahreraufstellung ihres Teams alles richtig gemacht haben, aber man kann eine gewisse Logik erkennen, wie sie an den Punkt kamen, Sergio Perez durch Liam Lawson zu ersetzen.

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Im nächsten Jahr Teamkollegen bei Red Bull: Liam Lawson und Max Verstappen Zoom Download

Es ist jetzt leicht zu sagen, dass es ein Fehler war, Daniel Ricciardo zurückzuholen und ihm eine Bewährungsprobe im Juniorteam zu geben, während Lawson auf der Ersatzbank saß. Und es stellte sich tatsächlich als offensichtlicher Fehler heraus.

Aber stellen Sie sich vor, was für eine Geschichte es gewesen wäre, wenn alles funktioniert hätte! Es war vielleicht sogar eine leicht sentimentale Entscheidung von Horner, denn es ist kein Geheimnis, wie sehr er Daniel schätzt.

Aber wer hätte diese Geschichte nicht geliebt? Einer der beliebtesten Charaktere im Fahrerlager kehrt nach ein paar schwierigen Jahren bei Renault und McLaren zur Red-Bull-Familie zurück. Man kann auf jeden Fall nachvollziehen, wie das fast unwiderstehlich erschien - oder zumindest einen Versuch wert war.

Inzwischen ist auch klar, dass die Vertragsverlängerung von Perez ein Desaster war. Diese Entscheidung war auf ihre Weise aber nicht minder nachvollziehbar.

Zu Beginn der Saison 2024 war Perez einfach der ideale zweite Fahrer, den Red Bull brauchte. Punkt. Ein guter Teamplayer, der Podestplätze holte, Punkte für die Konstrukteurswertung sammelte - und Max Verstappen dabei nicht wirklich störte.

Anfang 2024 war Perez einfach perfekt - nicht zuletzt, weil er bis dahin anscheinend akzeptiert hatte, dass er seinen Teamkollegen niemals herausfordern können würde. Seine riesige Fangemeinde in Mexiko, die hunderttausende Red-Bull-Kappen kaufte, und ein Portfolio von Sponsoren waren ein zusätzlicher Bonus.


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Wenn Checo immer so konstant gewesen wäre wie zu Beginn der Saison, hätte niemand auch nur daran gedacht, dass Red Bull jemanden wie Carlos Sainz verpflichten müsste. Wenn auch nur die Hälfte der Geschichten darüber stimmt, wie schlecht die Dinge zwischen den Lagern von Sainz und Verstappen bei Toro Rosso 2015 und Anfang 2016 gelaufen sind, erscheint das Risiko, den Spanier zu holen, zu groß.

Ja, als Sergios Vertrag verlängert wurde, zeigte er bereits erste Anzeichen für einen Leistungsabfall, aber das hätte man als kleine Formschwankung abtun können. Schließlich war sein herausragender Saisonstart nur durch ein enttäuschendes Wochenende in Imola und ein paar Unfälle in Monaco getrübt worden.

Aber wer hatte nicht schon ein schlechtes Wochenende? Und gibt es überhaupt einen Fahrer in der Startaufstellung, der noch nie in Monaco gecrasht ist? Horner und Marko hofften, dass Checo das alles einfach abschütteln würde. Und der neue Vertrag könnte ihm, so hoffte man, einen Vertrauensschub geben.

Die Entscheidung, ihn nach der Sommerpause zu behalten, ist schwerer zu erklären. Aber es ist auch wahr, dass der Formel-1-Kalender 2024 immer noch Strecken enthielt, auf denen Checo in der Vergangenheit hervorragend war: Baku, Singapur ...

Das Prinzip Hoffnung bei Red Bull

Kann man Red Bull also wirklich vorwerfen, darauf zu hoffen, dass der Mexikaner seine Form wiederfinden würde? Doch genau das scheint das Problem bei all diesen Entscheidungen zu sein: Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, sie alle wurden rein auf Hoffnung basiert - fast ohne jegliche andere Grundlage.

Man hoffte, dass Ricciardos katastrophale zwei Jahre bei McLaren kein Zeichen eines Niedergangs waren - obwohl es am Ende so schlecht aussah, dass kaum jemand Zak Brown Vorwürfe machte, den Australier zu bezahlen, um das Cockpit freizumachen.

Natürlich gab es diese magische Runde in Silverstone während des Tests, den Red Bull extra arrangiert hatte, um Ricciardos Rückkehr zu inszenieren. Aber das - so großartig es für Netflix war - lieferte kaum einen überzeugenden Grund, zu glauben, dass der berühmte "Honey Badger" wieder in alter Form war.

Red Bull hoffte weiter, selbst nach enttäuschenden Ende der letzten Saison, als es abgesehen vom Wochenende in Mexiko wenig zu feiern gab. Und dann hoffte Horner immer noch auf ein Wunder, auch wenn sich zu Beginn von 2024 eigentlich nichts änderte - während Marko bereits bereit war, einen Schlussstrich zu ziehen.


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Auch Perez' Vertragsverlängerung ist schwer zu rechtfertigen. Wie konnte Red Bull hoffen, dass Perez' "Formtief" nicht mehrere Monate dauern würde, wenn etwas Ähnliches schon 2022 und 2023 passiert war? Sie hätten zumindest abwarten müssen.

Und jetzt hofft Red Bull, dass ein junger Fahrer mit elf Grand-Prix-Starts die"schwierigste Aufgabe in der Formel 1" meistern kann, wie Horner selbst sagt. Von allen Entscheidungen des letzten Jahres ist diese wahrscheinlich am schwierigsten zu erklären.

Wenn man die gesamte Vorgeschichte außer Acht lässt, die dazu führte, dass Liam Lawson ein Cockpit bei Red Bull Racing erhielt - mit all den Fehlkalkulationen und missglückten Wetten - ist es nahezu unmöglich, irgendeine rationale Erklärung zu finden.

Red Bull Racing, ein Team, das in den letzten vier Jahren sechs Titel gewonnen hat, hat einen Fahrer verpflichtet, der mit nur elf Formel-Rennen bestritten hat. Einen Fahrer, dessen bestes Ergebnis ein neunter Platz ist. Einen Fahrer ohne bedeutende Juniorentitel. Einen Fahrer, der in allen sechs Qualifyings seinem Teamkollegen unterlag und in ihrer gemeinsamen Zeit weniger Punkte holte.

Denken Sie darüber nach: Vor einem Jahr war Lawson nicht gut genug, um von Red Bull einen Platz im Juniorteam angeboten zu bekommen. Jetzt, mit sechs weiteren Rennen Erfahrung, soll er plötzlich gut genug für das Hauptteam sein.

Man sagt, Lawson sei ein schneller Lerner. Er ist in den letzten Jahren zwischen diversen Autos gewechselt, hat sich immer schnell angepasst und Rennen gewonnen. Das stimmt.

Aber Siege sind keine Titel - und wir sprechen hier davon, für eines der besten Teams im Feld zu fahren. An der Spitze geht es nicht nur darum, schnell an sein Maximum zu kommen, sondern auch darum, ein Maximum zu haben, das außergewöhnlich hoch ist. Doch wie gut Lawson wirklich ist, bleibt fraglich.

Das letzte Mal, dass er zwei Jahre hintereinander im selben Auto fuhr, war in der Formel 2. Mit einem neunten Platz in seiner ersten Saison und einem dritten Platz in seiner zweiten Saison schreit das nicht gerade nach "Topteam-Material".

Lawson unterlag Teamkollege Tsunoda

Selbst wenn er ein schneller Lerner ist, hat es ihm nicht dabei geholfen, sofort besser als Yuki Tsunoda zu sein - und das ist auch keine gute Nachricht. Es gibt eindeutig etwas am japanischen Fahrer, das Red Bull davon abhält, ihn zu befördern.

Für sich genommen lässt sich das erklären. Man könnte argumentieren, dass Tsunodas Verhalten in der Auslaufrunde in Bahrain allein ausreichte, um Horner und Marko abzuschrecken. Man könnte der Liste mit "Gründen, Tsunoda nicht zu nehmen" auch ein paar Unfälle hinzufügen - wie in Kanada, als er in den Punkten liegend crashte, oder in Q2 in Mexiko. Und das ist durchaus berechtigt.


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Doch es ist schwer, die Tatsache zu ignorieren, dass Red Bull - so brutal es auch klingt - sich offenbar mit einem Fahrer zufriedengibt, der langsamer ist als derjenige, den sie nicht einmal ernsthaft in Betracht zu ziehen scheinen.

Wie kann jemand ein schneller Lerner sein, wenn ein paar Rennen nicht ausreichten, um seinen Teamkollegen zu schlagen? Wie kann jemand bereit für ein Topteam sein, wenn er nie das Potenzial dafür gezeigt hat? Selbst wenn es an fehlender Zeit liegt, es gibt einfach nicht genug Beweise, um beide Argumente zu stützen.

Dann gibt es da noch Lawsons Fähigkeit, mit Druck umzugehen. Beide Male, als Red Bull ihn ins Auto des Juniorteams setzte, hat er solide Leistungen gezeigt: keine großen Unfälle und ein paar Punkte. In der Tat war er nahe an einem viel erfahreneren Teamkollegen dran und manchmal sogar schneller als dieser.

Ohne diese Leistungen wäre Lawson nicht einmal Kandidat für ein Red-Bull-Cockpit. Zumindest scheint er zuverlässig zu sein. Doch all das basiert auf zwei kurzen Einsätzen im Juniorteam - unter Umständen, bei denen es wenig zu verlieren gab.

Niemand erwartet Wunder von einem Fahrer, der mitten in der Saison als Ersatzfahrer einspringt. Schon allein ein Rennen unter horrenden Bedingungen wie in Zandvoort im vergangenen Jahr zu beenden oder Punkte in Austin in diesem Jahr zu holen, wurden als überragende Leistungen angesehen.

Bei Red Bull jedoch werden die Erwartungen viel höher sein. Und genau dann wird seine angebliche Fähigkeit, mit Druck umzugehen, wirklich auf die Probe gestellt.

Lawson hat noch nicht erlebt, wie es ist, nach einer Runde, mit der er im Qualifying zufrieden war, in die Garage zurückzukehren und zu sehen, dass Verstappen vier Zehntel schneller war. Und das wird passieren - eher früher als später und regelmäßig.


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Irgendwann wird er vor der Wahl stehen, sich zwischen zwei unattraktiven Optionen entscheiden zu müssen: entweder zu akzeptieren, dass Verstappen einfach so viel schneller ist, oder zu versuchen, diese Zehntel mit dem Set-up herauszukitzeln. Fragen Sie doch mal Pierre Gasly, wie viel Spaß das macht.

Es wird Fehler geben. Ex-Formel-1-Teamchef Franz Tost sagte gerne, dass jeder Fahrer eine "Crash-Phase" durchlaufen muss - selbst Verstappen tat es. Wenn Lawsons "Crash-Phase" bald kommt, wird sie in besonders grellem Rampenlicht stehen, das mit einem der schnellsten Autos in der Startaufstellung einhergeht.

Red Bull riskiert, Lawson zu "verheizen"

Perez konnte trotz all seiner Erfahrung nicht vermeiden, in eine Abwärtsspirale zu geraten. Gasly und auch Alexander Albon konnten es ebenfalls nicht. Und die Medien werden nicht abwarten. Nach jedem einzelnen Fehler wird es Artikel geben. Es wird Meinungen geben - auch von Jacques Villeneuve. Man kann das abtun, aber man wird trotzdem wissen, dass das, was Villeneuve sagt, in aller Munde ist.

Das ist ein anderer Druck. Aber das größte Rätsel ist, ob Red Bull durch den Glauben an Lawson jetzt riskiert, eine viel stärkere Version von ihm in der Zukunft zu verlieren.

Kein Fahrer würde eine solche Chance ablehnen. Und es ist ausgeschlossen, dass Lawson irgendwelche Zweifel hatte, bevor er das Angebot annahm. Aber was, wenn er all dem nicht standhält - genau wie Daniil Kwjat, Gasly oder Albon?

Was, wenn er wirklich das Potenzial hat, eines Tages der Spitzenfahrer von Red Bull zu werden, ihm aber nicht die Zeit gegeben wird, sich zu entwickeln und zu lernen? Macht es überhaupt Sinn, dieses Risiko einzugehen, ihn jetzt zu "verheizen"?

Selbst wenn die Red-Bull-Bosse Tsunoda nicht als Fahrer für das Topteam sehen, hätte es nicht schaden können, ihn für ein Jahr ins Auto zu setzen: Wenn er scheitert, ist das keine große Sache, denn sie haben ohnehin nie erwartet, dass er glänzt.

Lawson - einem Fahrer, dessen Potenzial Red Bull eindeutig höher einschätzt - ein weiteres Jahr Zeit zu geben, um die Grundlagen zu lernen, hätte selbstverständlich sein müssen.

Und doch setzen sie ihn jetzt in dieses Cockpit. Ohne klare Beweise, dass er tatsächlich schneller und konstanter sein kann als Tsunoda. Ohne Garantien, dass er bereit für ein Spitzenauto ist. Ohne stichhaltige Argumente, um die Diskussion über sein Potenzial zu untermauern. Aber wer braucht all das, wenn es Hoffnung gibt?

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