FIA plant umstrittene Änderung zur Untersuchung von Ethikbeschwerden
Der Weltverband FIA hat umstrittene Pläne vorgelegt, wonach Ethikbeschwerden direkt vom FIA-Präsidenten & dem Vorsitzenden des Senats behandelt werden sollen
(Motorsport-Total.com) - Die fragwürdigen Machenschaften beim Automobil-Weltverband FIA gehen in die nächste Runde: Offenbar wurden jetzt umstrittene Pläne vorgelegt, wonach künftige Ethikbeschwerden direkt von FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem und dem Senatsvorsitzenden Carmelo Sanz de Barros behandelt werden sollen!
Die Änderungen, die noch von der FIA-Generalversammlung am 13. Dezember genehmigt werden müssen, sehen vor, die unabhängigen Gremien zu ersetzen und sicherzustellen, dass alle Prüfungen von Ethikbeschwerden unter der Kontrolle des FIA-Präsidenten stehen.
Laut der englischen BBC Sport würden die Änderungen die Befugnis des Prüfungsausschusses zur unabhängigen Untersuchung von Finanzfragen abschaffen, weshalb die Pläne ernsthafte Zweifel an der Transparenz und Kontrolle der Exekutive aufwerfen.
Ben Sulayem mit zweiter Amtszeit?
Bedenklich auch: Ben Sulayem bereitet sich derzeit auf seinen Wahlkampf für eine zweite Amtszeit als FIA-Präsident vor. Bisher gibt es keinen Gegenkandidaten und die vorgeschlagenen Maßnahmen würden seine Position an der Spitze des Automobil-Weltverbandes nur stärken.
Im März wurde Ben Sulayem von einem Whistleblower der FIA beschuldigt, sich in den Ausgang des Großen Preises von Saudi-Arabien 2023 eingemischt zu haben. Er wurde auch beschuldigt, FIA-Funktionäre dazu gedrängt zu haben, die Rennstrecke von Las Vegas für den ersten Grand Prix von Las Vegas im vergangenen Jahr nicht zu zertifizieren. Beide Anschuldigungen wurden zurückgewiesen.
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Die BBC behauptet auch, Ben Sulayem sei mit "Fragen über die Finanzen seines Privatbüros" konfrontiert worden, ebenso wie mit der "Einrichtung eines 'Präsidentenfonds' in Höhe von 1,5 Millionen Dollar, um die Mitgliedsclubs zu bezahlen, die für den FIA-Präsidenten stimmen". Keine dieser Behauptungen wurde allerdings weiter verfolgt.
Große Personalrochade bei der FIA
Ben Sulayem, der letzte Woche den langjährigen F1-Chefsteward Tim Mayer entlassen hat - der davon nur per SMS in Kenntnis gesetzt wurde - sieht sich mit einer Reihe von Fragen zu seiner Amtsführung konfrontiert. Mayer behauptete, er sei entlassen worden, nachdem Ben Sulayem nach einem Einspruch der Verantwortlichen des Circuit of the Americas wegen des Streckensturms von Fans beim US-GP "beleidigt" gewesen sei.
Die ehemalige Geschäftsführerin Natalie Robyn verließ die FIA, nachdem sie im Büro des Präsidenten Fragen über die Führung der Organisation, ihre Praktiken und Finanzen aufgeworfen hatte. Bertrand Badre, Vorsitzender des Prüfungsausschusses, und Tom Purves, Mitglied des Prüfungsausschusses, wurden beide im Sommer entlassen.
Der Compliance-Beauftragte Paolo Basarri, der den Vorwurf der Einmischung Ben Sulayems in das Ergebnis des Saudi-Arabien-GP untersucht hatte, wurde im November ebenfalls entlassen. Kurzum: Eine beträchtliche Anzahl wichtiger Mitarbeiter hat die FIA in letzter Zeit verlassen, was zu wachsender Besorgnis über die Qualität der verbleibenden Mitarbeiter geführt hat.
Die FIA hat in den letzten Monaten den Sportdirektor, den Technischen Direktor der Formel 1, den Digitaldirektor, den Leiter der Abteilung für kommerzielle Rechtsangelegenheiten, den Direktor für Governance und Regulierung, den Renndirektor, die Leiterin der Kommission für Frauen im Motorsport, den Generalsekretär für Mobilität und den Direktor für Kommunikation sowie die drei ranghöchsten Mitarbeiter der Personalabteilung verloren.
Mehr Macht für Mohammed Ben Sulayem
Sollten die vorgeschlagenen Änderungen von der Generalversammlung der FIA angenommen werden, würde dies bedeuten, dass die Befugnisse der Ethikkommission von der Möglichkeit, "Beschwerden zu untersuchen und zu bewerten", auf die Befugnis reduziert würden, "eine erste Bewertung vorzunehmen, um festzustellen, ob eine eingehende Untersuchung erforderlich ist".
Diese würde dann an den Präsidenten des Senats weitergeleitet, der entscheidet, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind. Eine weitere Änderung würde sicherstellen, dass jede Untersuchung gegen den FIA-Präsidenten dem Senatspräsidenten und dem Präsidenten selbst mitgeteilt wird. Dies würde sicherstellen, dass der FIA-Präsident und der Senatspräsident die Befugnis haben, eine ethische Untersuchung durchzuführen.
Weitere Änderungen würden dem Compliance-Beauftragten die Befugnis entziehen, Unregelmäßigkeiten zu untersuchen, die den FIA-Präsidenten oder eine andere Person seines Teams betreffen. Darüber hinaus soll die Rolle des Prüfungsausschusses, "die Genauigkeit, Relevanz und Dauerhaftigkeit" der Bilanzierungsmethoden der FIA zu gewährleisten, durch eine bloße Verpflichtung zur "Überprüfung" dieser Methoden ersetzt werden.
Und schließlich wird dem Rechnungsprüfungsausschuss die Befugnis entzogen, den Jahresabschluss der FIA zu unterzeichnen, und diese Befugnis dem Senatspräsidenten übertragen. Die FIA hat es bisher abgelehnt, sich zu den umstrittenen Plänen zu äußern.