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Sergio Perez muss entscheiden: Will er eine Abschiedsparty oder nicht?
Sind die Weichen dafür, dass Sergio Perez' Karriere nach der Saison 2024 zu Ende geht, in Wahrheit schon gestellt? Es deutet immer mehr drauf hin ...
(Motorsport-Total.com) - Vieles deutet drauf hin, dass die Formel-1-Karriere von Sergio Perez in einer Woche zu Ende gehen wird. Denn am Sonntagabend in Katar erweckten die Red-Bull-Chefs Christian Horner und Helmut Marko erstmals recht deutlich den Eindruck, als sei die Entscheidung zumindest dann so gut wie gefallen, wenn sie diese allein treffen können.
© Motorsport Images
Wurde bei diesem Meeting in Katar schon über Sergio Perez' Rücktritt gesprochen? Zoom Download
"Wir werden ihn bis zur Zielflagge in Abu Dhabi voll unterstützen. Was er danach entscheidet, das ist letztendlich seine Sache", sagt Horner im Interview mit Sky. "Er ist alt genug und weise genug, um seine eigenen Schlüsse zu ziehen. Aber es ist noch ein Rennen zu fahren. Jetzt bringen wir mal Abu Dhabi hinter uns, und dann schauen wir, wo wir stehen."
Das klingt so, als würde sich Horner fast wünschen, dass Perez von sich aus zurücktritt. Und es ist bemerkenswert, dass er in der Vergangenheitsform spricht, wenn er sagt: "Checo war ein toller Fahrer für uns. 2022 und 2023 hat er mitgeholfen, die Konstrukteurs-WM zu gewinnen, und 2021 bei Max' Fahrertitel. Und er ist ein toller Kerl. Aber die Situation, in der er sich befindet, ist nicht schön, und er kennt den Druck in diesem Business."
Nachfragen zu dem Thema blockt Horner elegant ab. Dass Perez plötzlich selbst derjenige sein soll, der die Entscheidung zu treffen hat, ist neu. Was also, wenn der 34-Jährige in Abu Dhabi auf seinen Vertrag für 2025 pocht und unbedingt weitermachen will? "Jetzt bringen wir mal Abu Dhabi zu Ende", weicht Horner aus, "und dann sehen wir, wo wir stehen."
Red Bull baut Druck auf: Perez soll selbst zurücktreten
Das wirft Fragen auf und klingt ein bisschen so, als hätte man Perez seitens Red Bull bereits nahegelegt, selbst den Stecker zu ziehen. Am Sonntag vor dem Rennen wurden Horner, Marko und Perez bei einem Dreiergespräch fotografiert, bei dem womöglich schon klar angesprochen wurde, dass Red Bull nicht mit ihm weitermachen möchte.
Die Fragen, um die es jetzt noch geht, liegen auf der Hand: Wie viel Ablöse möchte Perez dafür haben, einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen und 2025 nicht im Renncockpit zu sitzen? Red Bull wäre wahrscheinlich am liebsten, er stimmt dem auf dem Tisch liegenden finanziellen Angebot in den nächsten Tagen zu. Dann würde man ihn in Abu Dhabi mit großem Bahnhof würdig verabschieden.
Colapinto spielt in Markos Überlegungen keine Rolle
Derzeit alles Spekulation. Tatsache ist aber, dass auch Helmut Marko schon gar nicht mehr von Perez redet, aber bereitwillig antwortet, wenn es drum geht, wer sonst nächstes Jahr im zweiten Red Bull sitzen soll. Colapintos Name, sagt er, stehe "nicht hoch auf der Liste". Und auf die Frage, ob Yuki Tsunoda und Liam Lawson wahrscheinlicher seien, antwortet Marko: "Würde ich sagen, ja."
"Am Montag nach Abu Dhabi gibt's ein Meeting mit allen wichtigen Leuten, auch allen Shareholdern, und da wird eine Entscheidung getroffen", erklärt Marko gegenüber Viaplay. "Meistens haben wir unsere eigenen Fahrer aus dem Juniorteam hinaufgeführt, und es ist eine philosophische Entscheidung, ob wir das weiterhin so machen. Was ich von den Shareholdern so höre, geht es in diese Richtung."
Eine Aussage, die nichts bestätigt, aber die Vermutung nahelegt: Die Entscheidung über die Perez-Nachfolge fällt zwischen Tsunoda und Lawson. Und weil insbesondere Horner dem Vernehmen nach nicht davon überzeugt sein soll, dass Tsunoda der richtige Mann für Red Bull Racing ist, scheint es Stand heute am ehesten auf Lawson hinauszulaufen.
Ralf Schumacher würde statt Perez "auf jeden Fall einen Jungen nehmen", sagt der Sky-Experte, und zwar "nicht unbedingt Tsunoda", denn: "Der ist schon so lang dabei, da glaube ich nicht, dass noch ein Superstar aus ihm wird. Lawson kann es vielleicht noch werden, und Colapinto hatte ein paar super Ergebnisse. Also am ehesten einer von den beiden."
Fehlende Bonuszahlungen: Perez verliert Rückendeckung im Team
Marko verweist in Zusammenhang mit den Gerüchten um Perez auch auf die in Katar endgültig verlorene Konstrukteurs-WM, deren Gewinn für die Mitarbeiter in den vergangenen Jahren beträchtliche Bonuszahlungen bedeutet hat. "Und wenn du die Unterstützung der Leute nicht mehr hast, die für dich arbeiten, dann wird es schwierig", weiß der 81-jährige Österreicher.
Das Problem, dass die Mechaniker unglücklich drüber sind, 2024 praktisch ein Einmannteam gewesen zu sein, hat auch Horner erkannt: "Wir haben dieses Jahr neun Grands Prix gewonnen, die anderen Teams maximal fünf. Die neun Siege hat alle Max geholt, wohingegen bei allen anderen Teams beide Fahrer gewonnen haben."
"Fest steht: Aus der Konstrukteurs-WM sind wir raus. Das ist sehr frustrierend, denn die Konstrukteurs-WM ist die Basis für die Verteilung der Formel-1-Gelder. Will man das Glas halbvoll sehen, könnte man auch sagen, wir bekommen so immerhin mehr Windkanalzeit. Das kann im Hinblick auf die neuen Regeln, die 2026 kommen, helfen", analysiert Horner.
Wahrscheinlich wäre Red Bull sogar am liebsten, es würde mit Perez funktionieren, denn seinen Vertrag vorzeitig aufzulösen, das könnte teuer werden. Mit Tsunoda hat Horner dem Vernehmen nach wenig Freude, und Lawson hat erst zehn Grands Prix auf dem Buckel. Ein weiteres Jahr bei den Racing Bulls wäre eigentlich die logischere Variante gewesen.
Katar: Perez wieder jenseits von Gut und Böse
Doch bei 152:429 Punkten im Vergleich mit Verstappen ist Perez objektiv betrachtet eigentlich kaum noch zu halten. Und Katar hat nicht dazu beigetragen, die Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit auszuräumen. Das begann schon im F1-Sprint am Samstag, als er sogar beim Start aus der Boxengasse von Colapinto überholt wurde. Eine Szene, die ihm auf Social Media viel Häme eingebracht hat.
Perez hat am Samstagabend erklärt, es sei Absicht gewesen, als Letzter loszufahren, um bei "free Air" Set-ups für das Rennen testen zu können. Eine Erklärung, die von den Onboardaufnahmen gestützt wird, in denen man sehen kann, wie Perez offenbar ganz bewusst Abstand nimmt und dann sogar zick-zack fährt, als würde er sich gerade auf eine Testsession vorbereiten.
Für Verwirrung sorgt in diesem Zusammenhang, dass die Teamchefs kein Wort drüber verlieren, dass das langsame Losfahren so geplant gewesen sein soll. Horner, von Journalisten explizit auf Perez' Aussagen dazu angesprochen, meint sogar ganz im Gegenteil: "Es hatte ja schon einen Grund, dass wir ihn sieben Minuten vor dem Start rausgeschickt haben, um vor Colapinto zu stehen."
Was war beim Dreher hinter dem Safety-Car los?
Und dann auch noch der unglücklich aussehende Zwischenfall im Rennen, als sich Perez während einer Safety-Car-Phase einfach drehte und beim Versuch, das Auto wieder in die Spur zu bringen, auch noch die Kupplung verrauchen ließ. Horner kommentiert das nur noch mit: "Die Situation ist für ihn genauso schmerzhaft wie für uns."
Perez funkte nach dem Dreher, er habe "keinen Vortrieb" mehr, worauf sich das Team am Sonntagabend noch keinen Reim machen konnte: "Wir untersuchen die genaue Ursache, aber es sieht danach aus, dass die Kupplungen zu heiß waren, als er sie wieder kommen ließ, und deswegen versagten. Ist halt wieder so eine Sache."
Perez kann für den schwer nach Anfängerfehler aussehenden Dreher keine plausible Erklärung liefern. Seine Reifen seien "wie gefroren" gewesen, rechtfertigt er sich, "und als ich aus Kurve 12 heraus ans Gas ging, hatte ich plötzlich einen Ausschlag beim Gas. Dadurch verlor ich das Heck und konnte es nicht mehr einfangen."
2024 sei "ein schwieriges Jahr" gewesen, klingt sogar er selbst schon so, als ziehe er Bilanz. Und: "Es wird einfach nicht besser. Es wäre jetzt schön, mit einem starken Rennen aufzuhören, denn ich glaube, dass wir dieses Wochenende einiges dazugelernt haben. Es hat immer wieder aufblitzende Pace gegeben. Wir müssen es nur mal alles zusammenkriegen."
Was Perez immer noch hat, und das rechnet man ihm bei Red Bull hoch an, ist die Fähigkeit, sich in den Dienst des Teams zu stellen. So wie im F1-Sprint, als er sich als Versuchskaninchen zur Verfügung stellte, um Set-ups zu testen. Ein wichtiges Element für Verstappens Sieg am Sonntag. Vielleicht seine letzte große Tat vor dem großen Abschied?
Klar ist: Wenn Perez diese Woche von sich aus entscheidet, den Hut zu nehmen, wird ihm Red Bull in Abu Dhabi als großen Helden in Rente schicken und er vor einem Millionenpublikum im TV eine große Abschiedsparty bekommen. Lässt er es aber auf die Shareholder-Entscheidung am Montag ankommen, wird es vermutlich ein stiller und undankbarer Abschied aus der Formel 1.