Max Verstappen: Acht Titel? "Eigentlich nicht nötig!"
Warum Formel-1-Weltmeister Max Verstappen nicht um jeden Preis alle Rekorde brechen will und was ihn noch mehr beschäftigt als der Erfolg auf der Rennstrecke
(Motorsport-Total.com) - Wenn Max Verstappen weiter auf einer Welle des Erfolgs schwimmt, dann könnte er zum Ende seiner aktuellen Vertragslaufzeit bei Red Bull ein achtmaliger Formel-1-Weltmeister sein. So weit die Theorie. Denn praktisch strebt Verstappen dergleichen nicht unbedingt an: Acht Titel wären für ihn zwar "wirklich herausragend, aber andererseits eigentlich gar nicht nötig", so sagt der jetzt viermalige Champion.
Warum er diesem historischen Formel-1-Rekord keine Bedeutung beimisst? "Es gibt so viele andere Dinge, die ich in meinem Leben machen will", meint Verstappen. "Ich will auch mal Spaß haben und Zeit für die Familie." Das bleibe im stressigen Alltag eines Formel-1-Fahrers oft auf der Strecke.
Ein Beispiel: "Heute rufen mich meine Mutter oder mein Vater an und ich muss sagen: 'Ich bin gerade beschäftigt.' Dann rufe ich sie später zurück. Aber ich weiß, der Tag kommt, dann rufen sie nicht mehr an, weil sie nicht mehr da sind. In solchen Momenten erkenne ich, dass sich nicht alles um den Motorsport und die Formel 1 dreht, und dann will ich Zeit mit ihnen verbringen."
Das sei auch eine Form der Anerkennung, erklärt Verstappen, schließlich habe seine Familie viele Opfer erbringen müssen, um ihm die Formel-1-Karriere zu ermöglichen. "Eigentlich haben sich unsere Leben seit meinem vierten Lebensjahr nur darum gedreht", sagt Verstappen. "Und irgendwann reicht es, dann musst du auch etwas zurückgeben. Das ist mir unterm Strich wichtiger als jeder Erfolg."
Was nicht heiße, dass ihm Erfolg gar nichts bedeute. Verstappen: "Erfolg ist großartig! Ich liebe es und ich bin gerne gut. Ich liebe es, Rennen und Meisterschaften zu gewinnen. Aber irgendwann steht die Familie auf der Poleposition, weil die Leute älter werden und man solche Momente einfach genießen muss."
Verstappen denkt noch nicht an Rücktritt, aber ...
An einen sofortigen Rückzug aus dem Rennsport denkt Verstappen aber nicht. Für ihn "passt" die aktuelle Situation bei Red Bull in der Formel 1. "Aber jeder tickt anders. Und natürlich sind 24 Rennen viel."
"Ich weiß, ich kann das nicht ewig machen. Ich liebe den Motorsport und ich liebe es, auf höchstem Niveau gegen so viele tolle Fahrer anzutreten. Aber irgendwann wird der Tag kommen, an dem ich etwas mehr Ruhe haben will. Man lebt ja nur einmal."
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"Ende 30, Anfang 40, da lässt dein Körper schon ein bisschen nach. Natürlich kann ich bis dahin in der Formel 1 fahren. Ich will aber auch noch andere Dinge machen, das Leben genießen und meine Lebenszeit hier auf dem Planeten maximieren. Ich bin jetzt 27 Jahre alt und irgendwann ist es genug."
Was kommt nach der Formel 1?
Über die "Zeit danach" hat sich Verstappen aber noch nicht allzu viele Gedanken gemacht. Nur eines sei klar: Er werde weiter "Rennen fahren, aber nicht mehr so viele".
"Andererseits: Wenn ich mir sage, ich höre auf, dann werde ich wohl verrückt, weil ich einfach so sehr auf Wettbewerb getrimmt bin. Ich will es. Ich will mich mit den Weltbesten messen. Derzeit habe ich viel Freude damit. Und solange ich Spaß daran habe und es all das wert ist, solange werde ich weitermachen."
Verstappen verweist auf seinen Red-Bull-Vertrag bis Ende 2028. Anschließend sei "vieles denkbar, weil es vieles gibt, das ich noch tun will. Aber derzeit genieße ich einfach den Moment."
Früher hat Jos Verstappen immer gedrängt ...
Diese Unbeschwertheit ist etwas, das Verstappen gefällt, weil er das über viele Jahre eben nicht hatte, wie er sagt. Er sei schon als Kind unbekümmert gewesen. "Ich sagte immer: 'Okay, schauen wir mal.' Und mein Vater meinte: 'Was soll das heißen? So geht das nicht!' Dann sagte ich: 'Ja, aber so bin ich halt.'"
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Er wolle sich "keinen Stress machen" mit allzu viel Planung "und ich will die Dinge auch nicht verkomplizieren und zerdenken", sagt Verstappen. "Ich weiß: Wenn ich in ein Rennauto steige und den Helm aufhabe, dann bin ich voll dabei. Das hält mich bei Verstand. Ich bin da einfach entspannt. Ich will mein Gehirn nicht mit zu vielen Gedanken fluten, wie ich Dinge beeinflussen könnte oder dergleichen."
Das hat Jos Verstappen inzwischen akzeptiert. Es sei "in Ordnung für ihn", wie Sohn Max sein Leben gestalte. "Aber als Kind musste man mich schon etwas anstupsen, und das hat mein Vater definitiv gemacht. Und ich freue mich sehr darüber, dass er das gemacht hat", meint Verstappen. "Denn so wurde ich zu dem Rennfahrer, der ich heute bin."
Was Verstappen anders machen würde
Was also würde Verstappen seinem jüngeren Ich raten, wenn er könnte? "Gar nichts", sagt er sofort. "Ich bin sehr zufrieden damit, wie meine Motorsport-Laufbahn begonnen und mich in die Formel 1 geführt hat."
"Ja, manchmal war ich ein bisschen faul, aber mein Vater hat dann sichergestellt, dass ich weiß, was wir machen und weshalb. Ich bin deshalb sehr dankbar, wie ich aufgewachsen und an die Spitze gelangt bin."