Rubens Barrichello: "In der Formel 1 musste ich zum Kühlschrank werden"
Wie Rubens Barrichello rückblickend seine aktive Zeit in der Formel 1 beschreibt und wie er sich im Vergleich zu seinem Ferrari-Teamkollegen Michael Schumacher sieht
(Motorsport-Total.com) - 323-mal hat Rubens Barrichello von 1993 bis 2011 an Formel-1-Rennwochenenden teilgenommen, aber wohlgefühlt hat er sich nicht immer im Grand-Prix-Fahrerlager, wie er nun im Formel-1-Podcast "Beyond The Grid" erklärt.
Er habe nämlich auf die harte Tour erfahren müssen, was es bedeute, ein Formel-1-Fahrer zu sein. "Ich bin nun mal ein emotionaler Mensch. Aber es gab Zeiten, da musste ich zum Kühlschrank werden. Und ich wurde immer besser darin", meint Barrichello.
Ein Beispiel seien die dramatischen Ereignisse der Saison 1994 mit dem tödlichen Unfall von Ayrton Senna in Imola. Er selbst hatte sich zwei Wochen danach in Monaco mit dem Verlust seines prominenten Landsmanns arrangiert. "Aber dann zwang mich die ganze Welt dazu, mich doch wieder damit zu beschäftigen. Denn in der Startaufstellung standen wir zusammen und sagten, wie sehr uns Ayrton und Ratzenberger fehlten."
Er sei dennoch "dankbar für alles, was passiert ist" in seiner Formel-1-Laufbahn, betont Barrichello. Er fügt hinzu: "War [Michael] Schumacher besser als ich? Ich glaube schon. Aber war es 51:49 oder 70:30? Das weiß ich nicht. Und wir werden es auch niemals erfahren."
Gewisse Dinge habe er ohnehin nie hinterfragt, sagt Barrichello weiter. Begründung: "Wenn du immer nur nach dem Warum fragst, kommst du nie voran. Ich glaube, ich habe meine Sache gut gemacht und wurde besser und besser zu mir selbst."
Der beste Barrichello? Fuhr bei Williams!
Und nicht etwa bei Ferrari sei er auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft gewesen in der Formel 1, sondern kurz vor seinem Karriereende bei Williams, meint Barrichello. "Das war mein Gipfel. Aber leider war Williams damals ..."
Fotostrecke: Barrichello vs. Schumacher
Ein Duell ehemaliger Teamkollegen sorgt für Aufregung beim Grand Prix von Ungarn 2010: Denn Michael Schumacher (Mercedes) will Rubens Barrichello (Williams) einfach nicht vorbeilassen! Schließlich wagt Barrichello eine Attacke ... Fotostrecke
"Es gab zu viele Mitbesitzer im Team, Williams brauchte Geld. Ich hatte zwar noch einen Vertrag für 2012 und viel Einsatz in das Auto investiert. Aber plötzlich hieß es dann, ich sei raus, obwohl ich so besser fuhr denn je."
Die entscheidende Information erhielt Barrichello damals per Telefon: Teamchef Frank Williams rief ihn im Januar 2012 an, um Barrichello von seinem Aus zu unterrichten. Wenige Tage später stellte das Team Barrichellos brasilianischen Landsmann Bruno Senna als seinen Nachfolger vor - und dessen millionenschwere Sponsorenmitgift.
Für ein Comeback jederzeit zu haben
Barrichello reagierte schnell: Zwei Wochen nach der Senna-Verpflichtung absolvierte er einen ersten Test im IndyCar in den USA, bestritt dann die Saison 2012 in der US-amerikanischen Meisterschaft und wurde Gesamtzwölfter. Dann wechselte er in die brasilianische Stock-Car-Serie und gewann 2014 den Titel, was er 2022 wiederholte. Auch 2024 ist Barrichello noch in der Tourenwagen-Meisterschaft aktiv.
Aufhören ist also kein Thema für den heute 52-Jährigen. Im Gegenteil: Einem Comeback auf größerer Bühne stünde er aufgeschlossen gegenüber. "Wenn jetzt Fernando [Alonso] auf mich zukäme und fragen würde, ob ich sein Teamkollege sein wollte bei Aston Martin - ich wäre immer noch bereit", sagt Barrichello. "Und ich würde es lieben!"