Großer Preis von Kanada / Montreal
Porträt
Wer in Kanada an die Formel 1 denkt, der denkt zwangsweise auch an den Namen Villeneuve. Zuerst war es Gilles, der 18 Monate vor seinem Sieg in Montreal in die Formel 1 gewechselt war und bis in die frühen 1980er-Jahre sechs Siege feiern sollte, bevor er am 8. Mai 1982 während des Trainings in Zolder ums Leben kam. Der Kanadier war bei seinen Landsleuten beliebt, weil er ein echter Draufgänger-Typ war. Nach seinem Tod wurde die Rennstrecke von Montreal in "Circuit Gilles Villeneuve" umbenannt. Viele Jahre später wurde sein Sohn Jacques zum Publikumsliebling.
Die Strecke liegt im ehemaligen EXPO-Gelände von 1967 auf einer künstlich aufgeschütteten Insel inmitten des Sankt-Lorenz-Stroms, wo immer noch die Ruderanlagen der Olympischen Spiele von 1976 zu sehen sind. Der Kurs kann über Brücken erreicht werden. Das Wasser, die Skyline von Montreal, Tausende von Bäumen, einzigartige Parkanlagen und vereinzelte Schiffe auf dem Fluss bestimmen das Bild rund um die Rennstrecke. Montreal ist die trendigste Stadt Kanadas, weswegen der Großteil des Formel-1-Trosses gerne dorthin reist.
Die Strecke selbst ist eine der schnelleren Pisten im Kalender, auf der man mit wenig Flügel fährt und die spätes Bremsen erfordert. An vier Stellen erreichen die Fahrer Geschwindigkeiten von über 300 km/h. Die meisten Kurven und Schikanen sind eng und anspruchsvoll und werden von Leitplanken und Betonmauern gesäumt. Diese Streckeneigenschaften führen insbesondere am Freitag zu vielen Ausrutschern, denn die Piste wird nur einmal im Jahr befahren und ist aus diesem Grund zu Beginn des Wochenendes sehr rutschig und staubig.
Gefordert sind in Montreal vor allem die Bremsen. Die Reifen werden auf dem welligen Asphalt mit mittlerem Gripniveau weniger stark belastet. Besonders berühmt-berüchtigt ist die "Wall of Champions": Die Mauer am Ausgang der letzten Schikane trägt seit 1999 diesen Namen. Im damaligen Rennen landeten der Reihe nach die Weltmeister Damon Hill, Michael Schumacher und Jacques Villeneuve in der Streckenbegrenzung. Die Schikane selbst wurde seither leicht entschärft. So hat man zum Beispiel das Kiesbett entfernt, sodass ohne Materialschaden abgekürzt werden kann. Trotzdem bleibt diese Passage eine Schlüsselstelle, die keine Konzentrationsschwächen erlaubt.
Die Schikane vor Start und Ziel ist auch eine von zwei Paradestellen zum Überholen, die andere befindet sich eingangs der Haarnadelkurve. In beiden Fällen wird aus hoher Geschwindigkeit heruntergebremst. Wer davor Windschatten (und DRS) hatte, kann profitieren und vorbeiziehen.
Ein tragischer Zwischenfall ereignete sich 2013, als ein Streckenposten sein Leben verlor, weil er bei der Bergung des Sauber-Boliden von Esteban Gutierrez von einem Traktor überfahren wurde. Robert Kubica überstand 2007 im BMW-Sauber einen der heftigsten Unfälle in der jüngeren Formel-1-Geschichte wie durch ein Wunder fast unverletzt. Weniger Glück hatte 1982 der Italiener Riccardo Paletti, der bei einem Startunfall und einer dramatischen Bergung, bei der sein Auto im Beisein der Ärzte Feuer fing, ums Leben kam.