Großer Preis von Brasilien / Sao Paulo
Porträt
Auf der Strecke "zwischen den Seen", was das brasilianische Interlagos wörtlich übersetzt bedeutet, heißt es für die Fahrer, körperlich absolut fit zu sein, da nicht nur die hohen Temperaturen in Südamerika und die hohe Luftfeuchtigkeit ihren Tribut verlangen. Ganz besonders die vielen Unebenheiten im Belag und die Tatsache, dass die 4,309 Kilometer lange Strecke gegen den Uhrzeigersinn gefahren wird, machen selbst dem durchtrainiertesten Nacken zu schaffen.
Bei Fahrern und Teams zählt der Grand Prix von Brasilien nicht zu den Favoriten. Leider gehört Sao Paulo neben Mexiko-Stadt und Tokio nicht nur zu den größten Städten der Welt, sondern aufgrund der extremen Unterschiede zwischen Arm und Reich auch zu jenen mit der höchsten Kriminalitätsrate. Die Slums rund um die 13 Kilometer von Interlagos entfernte Stadt passen so gar nicht zum Image der glamourösen Formel 1. Vorsicht ist angebracht. Das weiß seit 2010 Jenson Button, der in jenem Jahr von mehreren mit Maschinengewehren bewaffneten Männern überfallen wurde, aber dank seiner gepanzerten Limousine mit dem Schrecken davonkam.
Auch der Straßenverkehr ist gewöhnungsbedürftig: In einer 20-Millionen-Stadt, in der täglich über fünf Millionen Autos die Straßen in ein heilloses Chaos verwandeln, tut man als Besucher gut daran, sich in die geübten Hände der Taxifahrer zu begeben. Das spart jede Menge Nerven und ist erschwinglich.
Die Strecke selbst sorgt dafür, dass die Fahrer und ihre Ingenieure beim Abstimmen der Autos tüchtig ins Schwitzen kommen, da das Bergauf- und Bergabstück vor und nach der Zielgeraden nach wenig Flügel verlangt, das Infield jedoch maximalen Abtrieb erfordert.
In der Geschichte der Formel 1 ist Sao Paulo spätestens seit dem denkwürdigen WM-Finale von 2008 fest verankert: Damals war Rennsieger Felipe Massa nach seiner Zieldurchfahrt für 20 Sekunden Weltmeister, ehe Lewis Hamilton in der letzten Kurve doch noch einen Konkurrenten überholte und sich damit den Titel sicherte. Übrigens: Bis in die 1980er-Jahre wurde in Interlagos noch auf einer fast acht Kilometer langen, extrem schnellen, aber auch sehr gefährlichen Streckenvariante gefahren.