McLaren unantastbar? Die Daten vom letzten Testtag in Bahrain
In den Rennsimulationen am dritten Testtag der Formel 1 in Bahrain kann sich McLaren-Pilot Oscar Piastri klar behaupten - Was war bei Lewis Hamilton los?
(Motorsport-Total.com) - Am dritten und letzten Tag der Formel-1-Testfahrten in Bahrain festigten sich die bisherigen Erkenntnisse der Topteams, während im Mittelfeld neue Entwicklungen das Kräfteverhältnis beeinflussen könnten. Gemeinsam mit unserem Technologiepartner PACETEQ haben wir die wichtigsten Daten des Freitags analysiert.
Und obwohl sowohl am Vormittag als auch am Nachmittag verstärkt Qualifying-Übungen durchgeführt wurden - deutlich mehr als an den beiden vorangegangenen Tagen - liefern die Rennsimulationen erneut das realistischere Bild, da dort die Spritmenge bekannt ist. Und wie schon am Donnerstag präsentierte sich McLaren auch am Freitag in einer eigenen Liga.
Rennsimulationen: Piastri vorn, Russell auf harten Reifen gut dabei
Oscar Piastri fuhr in seiner Rennsimulation im Schnitt die schnellsten Rundenzeiten. Seine Simulation umfasste jedoch nur 50 Runden anstelle der üblichen 57. Im Vergleich zu den Zeiten seines Teamkollegen Lando Norris vom Vortag war Piastri rund eine Sekunde pro Runde langsamer - ein Unterschied, der sich durch die besseren Streckenbedingungen am Donnerstag erklären lässt.
Auch George Russell absolvierte im Mercedes eine Rennsimulation und war dabei - bereinigt um die unterschiedliche Reifenwahl - pro Runde 0,34 Sekunden langsamer als Piastri. Der Hauptgrund dafür war ein schwacher erster Stint auf den C3-Reifen, in dem Russell durchschnittlich über eine halbe Sekunde pro Runde auf den McLaren verlor.
Als Russell auf die härteren Reifen wechselte, reduzierte sich der Rückstand auf Piastri auf etwa eine Zehntelsekunde pro Runde. Dies könnte auf den Reifenverschleiß zurückzuführen sein. Während die Abnutzung auf den härteren C2- und C1-Reifen bei beiden Fahrern ähnlich war, hatte McLaren beim weicheren C3 deutliche Vorteile. Hochgerechnet auf ein gesamtes Rennen hätte Russell etwa 18 Sekunden hinter Piastri die Ziellinie überquert.
Musste Hamilton seine Rennsimulation abbrechen?
Lewis Hamilton hatte in der Pressekonferenz angekündigt, am Abend eine Rennsimulation zu fahren, um ein besseres Gefühl für den Ferrari mit vollem Tank zu bekommen. Tatsächlich absolvierte er jedoch nur 47 Runden, insgesamt. Ein Blick auf die Daten zeigt, dass Hamilton zwar mit einer Rennsimulation begann, diese jedoch bereits nach zwölf Runden abbrechen musste.
Etwa 20 Minuten später kehrte er für fünf weitere Runden auf die Strecke zurück, bevor er die letzten 45 Minuten der Session verpasste. Eine Erklärung dafür seitens Ferrari gibt es noch nicht. Zwar verzerrt dies den Vergleich mit den anderen Fahrern, doch lassen sich aus seinem ersten Stint dennoch Schlüsse ziehen. Basierend auf bekannten Reifendaten kann man seine Pace auf eine volle Renndistanz hochrechnen.
Demnach wäre Hamilton 0,43 Sekunden pro Runde langsamer als Oscar Piastri gewesen, obwohl sein erster Stint tatsächlich sieben Zehntel pro Runde langsamer war. Wie Russell kämpfte auch Hamilton mit starkem Reifenverschleiß auf dem C3. Bereits am Donnerstag lag sein Teamkollege Charles Leclerc mit 0,47 Sekunden Rückstand auf Lando Norris in einer ähnlichen Größenordnung hinter McLaren zurück.
Mittelfeld: Kaum jemand legt die Karten offen
Im Mittelfeld gab es nur zwei Rennsimulationen: Eine vollständige von Esteban Ocon im Haas sowie die ersten beiden Stints von Williams-Pilot Alexander Albon. Ocon war im Schnitt 1,04 Sekunden pro Runde langsamer als Piastri, während Albon mit einem Rückstand von 0,78 Sekunden etwas näher dran war.
Aston Martin bleibt das einzige Team, das an keinem der drei Testtage eine vollständige Rennsimulation absolvierte, womit ihre wahre Performance schwer einzuschätzen ist. Nachdem am Donnerstag die Rookies Liam Lawson, Jack Doohan, Isack Hadjar und Gabriel Bortoleto jeweils eine Rennsimulation fuhren, hatte man am Freitag eigentlich auf repräsentativere Läufe ihrer erfahreneren Teamkollegen gehofft, um eine genauere Einschätzung der Autos zu erhalten.
Max Verstappen legte in der Vormittagssession im Red Bull einige Longruns mit unbekannter Spritmenge zurück, während er am Nachmittag ausschließlich Qualifying-Runs absolvierte. Pierre Gasly, Yuki Tsunoda und Nico Hülkenberg fuhren zwar rundenmäßig fast eine Rennsimulation, doch aufgrund unterschiedlicher Startspritmengen und Pausen zwischen den Stints, in denen nachgetankt wurde, lassen sich weder ihre Longrun-Pace noch der Reifenverschleiß genau bewerten. Dennoch machte Sauber im Vergleich zum zweiten Testtag einen leicht verbesserten Eindruck in Sachen Reifenmanagement.
Erkenntnisse aus den Qualifying-Simulationen
Sowohl am Vormittag als auch am Nachmittag fokussierten sich die Teams verstärkt auf Qualifying-Simulationen, wobei sich einige interessante Muster abzeichneten. In den schnellsten Rundenzeiten von Lando Norris und Oscar Piastri ging überdurchschnittlich viel Zeit im ersten Sektor verloren. Kein Team war in der Geschwindigkeitsmessung so langsam wie McLaren, was darauf hindeuten könnte, dass in puncto Motorleistung noch Potenzial vorhanden ist.
Betrachtet man die Topspeeds der schnellsten Rundenzeiten, scheinen Alexander Albon und Pierre Gasly bereits näher am Limit gewesen zu sein. Beide waren sieben km/h schneller als die McLaren-Piloten und vier km/h schneller als Max Verstappen, der sein volles Potenzial vermutlich ebenfalls noch nicht ausgeschöpft hatte.
Die Tagesbestzeit sicherte sich George Russell mit einer 1:29,545 im Mercedes mit einer Runde kurz vor Sessionende. Sein Topspeed lag auf einem ähnlichen Niveau wie der von Verstappen, allerdings fuhr der Red-Bull-Pilot seine schnellste Runde bereits eine halbe Stunde früher. Kombiniert man zudem alle besten Sektoren der Fahrer, wäre für den Red Bull eine 1:29,510 drin gewesen.
Generell war die Strecke aufgrund höherer Temperaturen und stärkerem Wind langsamer als am Vortag, weshalb die absolute Bestzeit der Testfahrten mit einer 1:29,348 von Carlos Sainz am Donnerstag an Williams geht.