Worum es am Dienstag beim Formel-1-Reifentest in Abu Dhabi geht
Beim Formel-1-Test am Dienstag in Abu Dhabi stehen die Reifen im Mittelpunkt: 2023 werden neue Strukturen und eine sechste Mischung eingeführt
(Motorsport-Total.com) - Offiziell wurde die Formel-1-Saison 2022 am Sonntag mit dem Rennen zum Grand Prix von Abu Dhabi beendet, doch am Dienstag geht es in Form eines Testtags auf dem Yas Marina Circuit in die Verlängerung. Dabei stehen die Pirelli-Reifen für die Saison 2023 im Mittelpunkt, die eine veränderte Struktur aufweisen. Auch wird es im nächsten Jahr eine sechste Mischung geben, die zwischen dem aktuellen C1 und C2 liegt.
"Die Spezifikation für 2023 ist anders, was die Struktur der Vorder- und Hinterachse angeht, vor allem an der Vorderachse", erklärt Pirelli-Chefingenieur Simone Berra gegenüber der englischsprachigen Ausgabe von 'Motorsport.com'. "Wir haben viel an der Struktur gearbeitet, um die Integrität der Vorderachse zu verbessern und die Druckvorgaben für die Vorderachse im Vergleich zu dem, was wir jetzt haben, ein wenig zu verringern."
Alle zehn Formel-1-Teams werden beim Test in Abu Dhabi zwei Autos einsetzen. Eines muss von einem Stammfahrer pilotiert werden, wobei Teamwechsler wie Fernando Alonso oder Pierre Gasly erstmals für ihre neuen Rennställe im Einsatz sein werden. Im zweiten Auto muss ein sogenannter Young Driver eingesetzt werden, der nicht mehr als zwei Formel-1-Rennen gefahren ist.
Die Fahrer beim Formel-1-Test in Abu Dhabi 2022
Red Bull: Sergio Perez und Max Verstappen / Liam Lawson
Ferrari: Charles Leclerc und Carlos Sainz / Robert Schwarzman
Mercedes: George Russell und Lewis Hamilton / Frederik Vesti
Alpine: Pierre Gasly / Jack Doohan
McLaren: Lando Norris / Oscar Piastri
Alfa Romeo: Valtteri Bottas / Theo Pourchaire
Aston Martin: Fernando Alonso und Lance Stroll / Felipe Drugovich
Haas: Nico Hülkenberg / Pietro Fittipaldi
AlphaTauri: Yuki Tsunoda / Nyck de Vries
Williams: Alex Albon / Logan Sargeant
Warum der Abu-Dhabi-Test so wichtig ist
Fahrer und Teams nehmen die Probefahrten sehr ernst, wie Alonso betont: "Solche Tests sind immer wichtig, um sich mit dem Lenkrad vertraut zu machen, die Knöpfe, Pedale und all diese kleinen Dinge kennenzulernen."
"Außerdem haben wir nächstes Jahr jeweils nur eineinhalb Testtage in Bahrain, dann geht es schon in die neue Saison. Ein Tag wie dieser Dienstag ist daher Gold für solche Sachen", sagt Alonso.
In der Tat steht den Fahrern vor der Saison 2023 nur ein Gruppentest auf dem Bahrain International Circuit zur Verfügung, um sich auf ihre neuen Fahrzeuge einzustellen. Geplant sind drei Fahrtage vom 23. bis zum 25. Februar 2023, wobei - wie Alonso schon angedeutet hat - vermutlich jeder Stammfahrer bei fairer Aufteilung nur eineinhalb Tage abkriegt.
Entscheidend ist die Freigabe der Teams
Umso wichtiger war es für Alonso und die weiteren "neuen" Fahrer für 2023, frühzeitig um eine Freigabe für die Testfahrten in Abu Dhabi zu bitten. Denn üblicherweise laufen Formel-1-Verträge nicht bis zum Saisonende, sondern bis zum Jahresende. Und wer vorher schon wechseln will, braucht dafür grünes Licht vom noch aktuellen Vertragspartner.
Das ist auch der Grund, weshalb Alonso bei seinem ersten Test für Aston Martin nicht etwa in einem grünen Aston-Martin-Overall antritt, sondern in einem neutralen schwarzen Overall. Er wird erst zum 1. Januar 2023 offiziell ein Aston-Martin-Fahrer.
Fotostrecke: Die Formel-1-Fahrer 2023
Wer fährt wo in der Formel-1-Saison 2023? In unserer Fotostrecke geben wir einen aktuellen Überblick über bestätigte Fahrer und Teams! Fotostrecke
Ebenfalls vorzeitige Freigaben erhalten haben Gasly von AlphaTauri und Nyck de Vries von Mercedes. Sie können daher die Probefahrten für ihre neuen Teams Alpine und AlphaTauri bestreiten. Gleiches gilt für Oscar Piastri: Obwohl er Alpine im Streit verließ, darf er schon in Abu Dhabi für McLaren testen.
"Hulkenback", schon in Abu Dhabi
Nico Hülkenberg ist bei den Testfahrten ebenfalls schon mit dabei: Der Deutsche ist erstmals seit 2019 wieder an einem offiziellen Formel-1-Test beteiligt und fährt für seinen neuen Rennstall Haas.
Eine Premiere gibt es für Frederik Vesti bei Mercedes: Er steuert erstmals überhaupt ein Formel-1-Auto. Logan Sargeant wiederum ist bei Williams zum ersten Mal als final bestätigter Stammfahrer für 2023 im Einsatz.
Zehn Sätze für die Stammfahrer, acht für die Rookies
Die Rennfahrer erhalten für den Test zehn Reifensätze, die sich wie folgt auf die Mischungen verteilen: ein C1, ein C2, drei C3, drei C4, zwei C5. Für die Rookies gibt es acht Sätze nach dem Schema: zwei C3, vier C4, zwei C5.
"Die Zuteilung wurde zusammen mit der FIA beschlossen", sagt Berra. "Wir werden also nur einen Satz der härtesten Reifen, C1 und C2, mitbringen und einige Sätze C3, C4 und C5, weil sie für diese Strecke besser geeignet sind. Die Idee ist, dass die jungen Fahrer mehr mit den weicheren Reifen arbeiten können, um ihr Vertrauen in das Auto zu schützen."
Aktueller C1 wird zum C0
Für 2023 sind die Gummimischungen fünf bestehenden Slicks gegenüber diesem Jahr unverändert, und die wichtigste Neuerung für die nächste Saison ist die Konstruktion. Dazu wird es 2023 eine zusätzliche sechste Reifenmischung geben wird, wobei der derzeitige C1 zum C0 wird und ein neuer C1 eingeführt wird, um eine vermeintliche Lücke zwischen dem aktuellen C1 und C2 zu schließen.
Der neue Reifen wurde von einigen Fahrern im zweiten Freien Training von Austin ausprobiert, damals allerdings in Form eines Blindtests, bei dem Fahrer und Teams nicht wussten, welchen Reifen sie fahren.
"Wir haben eine neue Version des C1. Der C1 ist also nicht mehr der aktuelle C1, sondern ein neuer, der mehr Grip bieten sollte im Vergleich zum alten, der weniger griffig war. Wir haben Rückmeldungen erhalten, dass es dem C1 ein wenig an Grip fehlte", sagt Berra.
"Der aktuelle C1 wird im nächsten Jahr zum C0. Nächstes Jahr werden wir also sechs Mischungen haben, C0, das ist der aktuelle C1, der neue C1, und dann die anderen, die genau die gleiche Mischung auf der neuen Struktur bleiben. Die C0-Mischung wird auf den am meisten beanspruchten Strecken zum Einsatz kommen, was im nächsten Jahr wahrscheinlich Silverstone, Suzuka und Katar sein wird", so der Pirelli-Chefingenieur weiter.
Weiterhin Vorheizen auf 70 Grad
Anstatt wie ursprünglich geplant die Reifen künftig nur noch auf 50 Grad Celsius vorzuheizen, bleibt es weiterhin bei den bisherigen 70 Grad Celsius zu wechseln. "Wir haben uns sehr auf die Struktur konzentriert, denn das war das Hauptziel für die Entwicklung in diesem Jahr. Und wir haben nicht viele verschiedene Mischungen entwickelt, sodass wir das Ziel von 50 Grad nicht erreicht haben", erklärt Berra.
"Wir haben die Fahrer um ihr Feedback gebeten und die FIA gefragt, wie viel Energie wir dadurch einsparen können. Es gab keine großen Einsparungen in Bezug auf die Gesamtenergie, also wurde entschieden, dass es die beste Lösung ist, die 70 Grad beizubehalten", so Berra weiter.
Während des Winters wird es weitere Reifentests mit den 2022er-Autos geben. In Le Castellet und Fiorano sollen dabei Regenreifen und Intermediates, in Portimao Slick erprobt werden. Die Teilnahme von Ferrari, Aston Martin und AlphaTauri an diesen Tests wurde bereits bestätigt, auch Mercedes hat Interesse signalisiert.
"Es wird einige Tests geben, aber nicht mit allen Teams", sagt Berra. "Wir haben sie nach der Verfügbarkeit gefragt, und einige von ihnen haben geantwortet. Wir werden vor allem mit den Intermediates und den Regenreifen arbeiten, denn das ist für uns die beste Testphase bei kalten Temperaturen und unter repräsentativen Bedingungen. Und dann werden wir ein paar Tests für die Slicks für die neue Spezifikation für 2024 durchführen."