"Sicher nicht unter den Top 3": Wo steht Ferrari vor der Formel-1-Saison 2021?
Ferrari hinterließ bei den Formel-1-Testfahrten vor der Saison 2021 einen durchschnittlichen Eindruck - Ist man nur noch knapp vor Kundenteam Alfa Romeo?
(Motorsport-Total.com) - Als "sehr, sehr unauffällig" stuft Sky-Experte Ralf Schumacher die Ferrari-Vorstellung bei den drei Testtagen in Bahrain vor der Formel-1-Saison 2021 ein. Insgesamt 404 Runden spulte der SF21 in der Wüste ab, im Endklassement landete Carlos Sainz zwar auf Rang drei - allerdings mit mehr als sechs Zehnteln Rückstand auf die Bestzeit.
"Ich sehe sie im Moment im vorderen Mittelfeld. Sicher nicht unter den Top 3", urteilt Schumacher und ergänzt: "Ferrari ist ein bisschen problematisch. Der überarbeitete Motor wird etwas geholfen haben. Das sagen die auch und haben wir bei den Kundenteams gesehen." Doch was ist mit dem Paket 2021 möglich?
Fakt ist, dass Ferrari die Experten bei den Testfahrten nicht überzeugt hat. Dabei geht es gar nicht so sehr um den Speed auf einer schnellen Runde, der bei Tests ohnehin immer schwer einzuschätzen ist. Allerdings fuhr Charles Leclerc am letzten Testtag eine Rennsimulation, die nicht gerade beeindruckend war.
Nur noch knapp vor Alfa Romeo?
Der Monegasse fuhr seine Simulation am Vormittag ungefähr zur selben Zeit wie Kimi Räikkönen im Kunden-Alfa-Romeo - und war dabei nur minimal schneller. "Im Moment sieht's so aus, als hätte Alfa Romeo den größeren Schritt gemacht als Ferrari", urteilt daher auch Marc Surer im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'.
"Die sind dicht hinter Ferrari", glaubt Surer und erinnert: "Waren sie letztes Jahr auch, mit Vettel haben sie oft gekämpft. [...] So, wie es am Sonntag ausgesehen hat, sind die praktisch direkt dahinter. Wenn es Alfa Romeo schafft, in die ersten Zehn zu fahren, dann stehen sie wahrscheinlich direkt hinter dem Ferrari."
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Die Frage lautet für viele, ob Alfa Romeo in diesem Jahr tatsächlich so einen großen Sprung gemacht hat - oder ob Ferrari einfach mehr oder weniger auf der Stelle tritt. Teamchef Mattia Binotto hält von solchen Vergleichen wenig. "Ich habe nicht auf die anderen geschaut und Vergleiche angestellt", winkt er ab.
Man habe sich bei Ferrari an den drei Tagen mehr darauf konzentriert, "Daten zu sammeln und das Verhalten des Autos zu verstehen", so Binotto, für den es sowieso "sehr schwierig" sei, sich bei Testfahrten mit anderen zu vergleichen. "Man weiß nie, welche Programme sie fahren", erinnert er.
Ferrari laut Binotto "in vielen Bereichen verbessert"
Allerdings sind Leclerc und Räikkönen ihre Rennsimulationen unter sehr ähnlichen Bedingungen gefahren. Ganz so weit weg vom Werksteam kann Alfa Romeo also eigentlich nicht sein. Binotto betont nach dem Abschluss der Testfahrten trotzdem, dass es für Ferrari drei positive Tage gewesen seien.
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Priorität sei es gewesen, den neuen SF21 zu verstehen. "Das haben wir geschafft", zeigt er sich zufrieden und erklärt: "Ich habe den Eindruck, dass wir uns im Vergleich zum Vorjahr in vielen Bereichen verbessert haben." Es sei aber noch nicht zu sagen, wo man im Vergleich zu den anderen Teams stehe.
"Dieser Test ist noch schwieriger als sonst zu interpretieren", so Binotto, der betont, dass die Stimmung bei der Scuderia aktuell gut sei. Leclerc hatte zuvor verraten, dass die Atmosphäre bei Ferrari zu Beginn des vergangenen Jahres schwierig gewesen sei, weil man so schlecht in die Saison gestartet sei.
Stimmung besser als 2020, aber ...
"Es ist schwierig, wenn man nicht so wie erwartet performt", bestätigt Binotto. Das gelte besonders bei Ferrari, wo immer der Anspruch herrsche, "das Maximum" zu erreichen. "Die Atmosphäre im vergangenen Jahr war schwierig, aber wir haben immer zusammengestanden", betont der Teamchef.
"Jetzt sind wir am Start einer neuen Saison mit anderen Autos und neuer Hoffnung. Es ist normal, dass die Atmosphäre jetzt besser ist", sagt der Italiener und ergänzt: "Die gesamte Atmosphäre ist momentan großartig. Aber wir wissen, dass es eine lange Saison wird." Und es gibt keine Garantie, dass Ferrari besser als 2020 abschneidet.
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Das weiß auch Binotto. Der Teamchef erklärt, man müsse sich darauf einstellen, dass es auch 2021 wieder ein schwieriges Jahr werden könnte. Daher sei es wichtig, sich auf die langfristigen Ziele der Scuderia zu konzentrieren. Bei Ferrari macht man kein Geheimnis daraus, dass man vor allem 2022 als große Chance sieht.
Doch bevor das neue Formel-1-Reglement greift, muss erst noch die Saison 2020 absolviert werden. Für Ferrari dürfte es eher ein Übergangsjahr werden. Siegchancen rechnet der Scuderia kaum jemand aus. Es ist also möglich, dass die Performance der Italiener auch im weiteren Verlauf des Jahres "sehr, sehr unauffällig" bleiben wird.