• 27. Februar 2020 · 18:06 Uhr

F1-Test Barcelona: Ist Mercedes doch verwundbar?

Der vierte Mercedes-Motordefekt an fünf Tagen setzt Lewis Hamilton bei den Wintertests 2020 außer Gefecht - Sebastian Vettel behauptet Tagesbestzeit

(Motorsport-Total.com) - Mercedes, das ist die vielleicht spannendste Nachricht des vorletzten Testtags in Barcelona, ist nicht unverwundbar. Zwar sind sich die Experten weitgehend darüber einig, dass der F1 EQ Performance das beste Gesamtpaket im Formel-1-Feld 2020 darstellt. Aber in Sachen Zuverlässigkeit gab es am Donnerstag zum zweiten Mal einen Rückschlag.

Genau vor einer Woche war bei Valtteri Bottas ein elektrisches Problem im Bereich der Power-Unit aufgetreten. Heute rollte Lewis Hamilton (13./+5,584) gegen 15:30 Uhr im Mittelsektor aus. Der Weltmeister hatte das Cockpit erst zu Mittag übernommen, konnte danach nicht mehr auf die Strecke gehen und schaffte so lediglich 14 Runden.

Ersten Informationen zufolge lag das Problem wieder im Antriebsbereich. Das ist besorgniserregend. Nach Bottas vor einer Woche und zwei Motordefekten bei Kundenteam Williams hat es jetzt auch das Werksteam zum zweiten Mal erwischt. Konkrete Ursache war eine Anomalie beim Öldruck, durch die der Motor aus Sicherheitsgründen abschaltete.

Die Tagesbestzeit sicherte sich Sebastian Vettel (Ferrari) in 1:16.841 Minuten. Das bedeutete am Donnerstag einen Vorsprung von 1,144 Sekunden auf den schnellsten Mercedes-Fahrer (Bottas auf P7). Von der absoluten Bestzeit dieses Winters (Bottas am vergangenen Freitag) trennen ihn aber 1,109 Sekunden.

Warum es keine neuen Winter-Bestzeiten gab

Einige Teams hatten am Mittwochabend angekündigt, am Donnerstag Performance-Runs einzustreuen und auf Zeitenjagd zu gehen. Ein Rundenzeiten-Feuerwerk blieb dann aber aus. Am Vormittag war die Strecke zunächst nass, weil es über Nacht geregnet hatte. Und am Nachmittag standen Rennsimulationen im Vordergrund.

Diese seriös aufzuschlüsseln, ist nahezu unmöglich. Es erhärtet sich jedoch der Eindruck, dass Ferrari im Moment nicht "Branchenführer" ist. Auch wenn Topspeeds und GPS-Daten darauf hinweisen, dass die Scuderia weiterhin Motorleistung zurückhält. Racing-Point-Teamchef Otmar Szafnauer mutmaßt sogar (Zitat 'auto motor und sport'): "Ich glaube, wir können Ferrari schlagen."

Szafnauers Fahrer Lance Stroll belegte am Donnerstag den dritten Platz, 0,277 Sekunden hinter Vettel und 0,052 Sekunden hinter Pierre Gasly (2./AlphaTauri). Das bestätigt die starke Frühform des "rosaroten Mercedes", über den Sergio Perez bereits am Mittwoch gesagt hatte, der RP20 sei das beste Auto, das er in seiner Formel-1-Karriere je hatte.

Viele sehen Racing Point auf Augenhöhe mit Ferrari. Das große Fragezeichen ist Red Bull. Für den Kurzbesuch von Dietrich Mateschitz und Helmut Marko wurde der RB16 mit einem Aero-Update ausgestattet. Aber Max Verstappen (6./+0,897) drehte sich am Vormittag gleich zweimal - und blieb einmal im Kiesbett stecken. "Ich bin auf eine feuchte Stelle gekommen", erklärt er.

Verstappen: Glück im Unglück bei Dreher

Die neue Aerodynamik wurde dabei nicht beschädigt - ein Glück, schließlich trat der RB16 heute erstmals weitgehend in jenem Kleid auf, in dem er sich auch beim Saisonauftakt in Melbourne (15. März) zeigen soll. Und davon gibt es so früh im Jahr noch keine zweite Garnitur.

Immerhin war Verstappen in bester Gesellschaft. An der gleichen Stelle (Kurve 5) flogen auch Bottas und Vettel ab. Im Gegensatz zum Red-Bull-Piloten gruben sich die beiden aber nicht im Kiesbett ein, sondern konnten aus eigener Kraft weiterfahren. Auch wenn nach Vettels Abflug trotzdem eine rote Flagge für Kehrarbeiten notwendig war.


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Die große Überraschung in der Donnerstags-Ergebnisliste ist Nicholas Latifi auf P4. Der einzige Rookie im Feld prügelte den Williams auf der weichsten Reifenmischung (C5) zu einer Bestzeit von 1:17.313 Minuten. Vettel und Gasly hatten ihre Bestzeiten ebenfalls auf C5 erzielt. Beeindruckend: Stroll fuhr auf dem härteren C3 dazwischen hinein.

Lando Norris (McLaren/+0,732), Verstappen und Bottas folgten auf den Positionen 5 bis 7. Unmittelbar vor Esteban Ocon (Renault/+1,172), für den Renault am Donnerstag "einen kleinen Schritt zurück" gemacht hat: "Wir sind nicht da, wo wir sein wollen. Das Auto war an den Tagen davor aber gut. Daher mache ich mir keine Sorgen."

Was sonst noch los war:

Antonio Giovinazzi schaffte nach seinem Abflug am Vormittag, bei dem er den (einzigen) neuen Heckflügel von Alfa Romeo zerstört hatte, immerhin noch 92 Runden. Trotz einer Zwangspause wegen eines Getriebewechsels. Der Italiener belegte den zwölften Platz (+2,829). Hinter ihm landete nur noch Lewis Hamilton.

Nicholas Latifi meldete sich am Nachmittag einmal leicht besorgt am Boxenfunk. Sein Rückspiegel war gebrochen. Er erklärte dem Williams-Team jedoch, dass er trotzdem noch genug sehen kann. Mit 160 Runden war der Kanadier der fleißigste Pilot des Tages.

Hosen runter: Mercedes hat für das Testfinale am Freitag eine komplette Grand-Prix-Simulation inklusive Quali-Run angekündigt: "Es wird nett, morgen einmal Training zu testen, Qualifying. Ich weiß aber nicht genau, wie viel Performance wir rausholen werden. Und ich freue mich darauf, auch einmal mit einem richtig schweren Rennauto zu fahren", sagt Valtteri Bottas.

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