Trotz Verstappen-Crash: Red Bull sieht sich als Mercedes-Jäger
Wieder Zuverlässigkeitsprobleme, keine tollen Zeiten, das Formel-1-Wunderkind im Kies: Für Red Bull lief und endete die erste Formel-1-Testwoche durchwachsen
(Motorsport-Total.com) - Unbefriedigendes Ende einer unbefriedigenden ersten Formel-1-Testwoche 2018 für Red Bull: Der im Kiesbett geparkte RB14 von Max Verstappen wurde am Donnerstag zu dem Sinnbild einer Reise nach Barcelona, die kaum Erkenntnisse über die Konkurrenzfähigkeit des Boliden brachte. Dass der Niederländer auf Rang neun (+2,725 Sekunden) der Tageswertung landete, hatte so wenig Aussagekraft wie das Wochenklassement. "Wir hatten heute eben ein bisschen Schluckauf", sagt Verstappen.
Dieser "Schluckauf" hatte am verregneten Vormittag begonnen, als er erst nach zwei Stunden in der Box eine Installationsrunde fuhr. Ob Red Bull nichts riskieren wollte oder ob technische Probleme für eine Verzögerung sorgten, machte man nicht öffentlich. Es folgten Experimente mit verschiedenen Frontflügeln, ehe eineinhalb Stunden vor dem Testende der Abschleppwagen anrücken musste.
Verstappen hatte in Kurve 12 die Kontrolle über sein Auto verloren und steckte im Kies, ohne angeschlagen zu haben. "Klar, dass man etwas ausprobiert und ein bisschen an das Limit geht", nimmt er die Schuld an dem Abflug auf sich: "Eine kleine Strecksekunde. Ich wollte zurücksetzen, aber ich steckte fest." Ob dafür (und möglicherweise für den kompletten Ausrutscher) ein Getriebeschaden verantwortlich war, will Red Bull in den kommenden Tagen klären. Indizien gibt es aber keine.
Verstappen bemerkt "große Fortschritte" beim Handling
So oder so: Es ging rare Fahrzeit im Trockenen verloren, was Verstappen als "nicht ideal" bezeichnet. Mit nur 35 Runden am Donnerstag und 102 Umläufen insgesamt zählte er in der ersten Testwoche ohnehin nicht zu den fleißigsten Piloten, gibt sich aber gelassen: "Man fährt nie genug. Ideal wäre es, 200 oder 300 Runden am Tag abzuspulen, aber das lässt sich kaum machen." Auch Teamkollege Daniel Ricciardo war mit 107 Umläufen kein Dauerläufer, aber 0,147 Sekunden schneller.
"Auf die Rundenzeiten zu schauen ist völlig sinnlos", erwidert Verstappen, im Gesamtklassement Siebter und zwei Plätze hinter Ricciardo. Er verweist auf den neuen Asphalt in Barcelona und die Tatsache, dass kein Konkurrent viele Erkenntnisse hätte sammeln können: "Ich mache mir keine Sorgen." Vielmehr merke er auch ohne schnelle Runden große Fortschritte mit dem neuen Auto, etwa beim Handling. Seinen Teamchef Christian Horner hat nach wie vor einen Angriff auf Platzhirsch Mercedes im Visier: "Hoffentlich können wir ihnen in diesem Jahr Feuer machen."
Zuverlässigkeit des RB14 könnte zur Baustelle werden
Kinderkrankheiten wie ein Benzinleck am Dienstag und Softwareprobleme am Mittwoch sind noch kein Grund, die hohen Ziele zu stutzen. Offiziell heißt es, die Probleme seien "einfach zu beheben". Auch Verstappen macht sich keine Sorgen: "Vielleicht sieht es auf den Zeitentabellen nicht so aus", räumt er ein, "aber wir haben verschiedene Sachen überprüft, Daten gesammelt und sie mit denen aus dem Windkanal abgeglichen." Dennoch müssen die ersten Zuverlässigkeitsprobleme Red Bull zu denken geben, schließlich waren sie im Winter eine Großbaustelle.
Während sich weder Horner noch Verstappen zum Außenseiter unken wollen, weisen sie auch die Favoritenrolle von sich: "Sie haben vier Titel in Serie geholt, da ist doch klar, wo der Hase läuft", verweist Verstappen auf Mercedes. Sein Teamchef rechnet offenbar mehr mit Hamilton als mit Valtteri Bottas: "Lewis muss der Favorit sein, weil er im vergangenen Jahr mental so stark war", findet Horner. "Mercedes hatte nicht das beste Auto, aber mit ihm und diesem monstermäßigen Motor haben sie es rausgerissen. Wenn sie mit dem Chassis Fortschritte machen, wären sie noch stärker."