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Pannen, Frust, Sarkasmus: McLaren-Honda in der Sackgasse?
Die Stimmung zwischen McLaren und Honda wird immer angespannter - Zac Brown spricht öffentlich von Frust - Fernando Alonso und Stoffel Vandoorne resignieren
(Motorsport-Total.com) - Es ist schon irgendwie bezeichnend, wenn man bei McLaren-Honda 82 Runden beim Test in Bahrain am Mittwoch bereits als Erfolg feiert. "Heute war vielleicht unser bester Tag in dieser Saison. Zum ersten Mal hatte wir einen Tag ohne größere Probleme", berichtet Stoffel Vandoorne, der knapp 450 Kilometer abspulte. Nur um das gleich einmal richtig einzuordnen: Weltmeister Mercedes fuhr bereits am ersten Testtag in diesem Winter in Barcelona mehr als 700 Kilometer ...
Dass man bei McLaren fast zwei Monate später mit einer deutlich geringeren Distanz zufrieden ist, zeigt, wie sehr die Ansprüche in Woking mittlerweile gesunken sind. Das ist aber auch kein Wunder: Noch am Dienstag konnte Testpilot Oliver Turvey gerade einmal zwei Runden drehen, bevor der Honda-Antrieb mit einem Wasserleck am ERS wieder einmal schlappmachte. Am Ende des Tages brachte er es auf geradezu lächerliche 17 Runden - in neun Stunden.
Außerdem wirkt das Bahrain-Wochenende noch immer nach. Gleich dreimal rauchte die MGU-H am MCL32 ab, Vandoorne konnte das Rennen gar nicht erst aufnehmen und ein verzweifelter Fernando Alonso klagte am Funk darüber, dass er in seinem Leben "noch nie mit so wenig Power" gefahren sei. Wie angespannt die Situation zwischen McLaren und Honda ist, zeigte sich auch bei der Medienrunde am Samstag wieder einmal.
Als Alonso nach der Fahrbarkeit des Motors gefragt wird, entgegnet der Spanier sarkastisch: "Welchen Sinn hat es, über die Fahrbarkeit zu sprechen? Wir schaffen ja nicht einmal eine Runde oder das Qualifying. Die Fahrbarkeit ist mir ziemlich egal. Ich konnte in diesem Jahr bisher noch kein Rennen beenden." Auch am Sonntag sah er die Zielflagge wieder nicht. Ob das nun am Motor lag, oder ob Alonso - wie von einigen Experten spekuliert - freiwillig aufgab, sei einmal dahingestellt.
Druck auf Honda immer größer
Fakt ist, dass man bei McLaren keinen Hehl daraus macht, dass es so nicht weitergehen kann. "Sie sind frustriert", berichtet Zac Brown bei 'Sky Sports F1' nach einem Teammeeting am Sonntag nach dem Rennen. "Wir müssen dieses Problem in den Griff bekommen", sagt Brown, nur um dann sofort zu korrigieren: "Unser Partner muss dieses Problem in den Griff bekommen." Nicht McLaren selbst, sondern Honda.
Teilweise hat man das Gefühl, dass man sich bei McLaren gar nicht mehr darum bemüht, Partner Honda in Schutz zu nehmen. Fast in jeder Aussage schwingt mittlerweile Kritik an den Japanern mit. Brown sagt zum Beispiel: "Stoffel tut mir leid. Er hat nicht einmal die Chance bekommen, das Rennen zu fahren." Die Botschaft an Honda: Ihr habt unseren Piloten um sein Rennen gebracht.
Ebenfalls auffällig: Brown vermeidet es in jedem Interview, Verhandlungen mit anderen Motorenlieferanten klipp und klar abzustreiten. Als er zum Beispiel gefragt wird, ob es sinnvoll sei, Honda mit dem Wechsel zu einem anderen Hersteller zu drohen, erklärt er: "Ich denke nicht, dass es im Leben eine gute Herangehensweise ist, jemanden zu bedrohen." Dass es diese Verhandlungen gibt, streitet er allerdings - wieder einmal - nicht ab.
Vertrauen in Honda komplett verloren?
Nun kann kein Außenstehender sagen, ob sich McLaren wirklich bereits mit Mercedes über eine Rückkehr unterhalten hat. Klar ist allerdings, dass der Druck auf Honda mit jedem Misserfolg weiter wächst. "Leider gibt es in diesem Sport keine schnellen Lösungen", sagt Brown einerseits, fordert dann von Honda aber gleichzeitig genau das: schnelle Ergebnisse. Eigentlich eine unmögliche Aufgabe.
Denn auch der Test in Bahrain hat wieder einmal gezeigt, wie groß der Rückstand der Japaner wirklich ist. Eric Boullier erklärt: "Heute hat bei der Zuverlässigkeit alles perfekt funktioniert. Wir konnten sogar ein bisschen am Set-up arbeiten." Es klingt fast schon wie purer Hohn, denn die anderen Teams haben solche grundlegenden Arbeiten am Set-up bereits vor Wochen in Barcelona absolviert.
Wie zerrüttet das Vertrauen zu Honda ist, beschreibt auch die folgende Aussage von Vandoorne: "Heute lief es wirklich gut. Aber jeder Tag muss so gut sein, und es gibt keine Garantie, dass es auch das nächste Mal so sein wird." Ist auf dieser Basis überhaupt noch eine weitere Zusammenarbeit möglich? Das größte Problem ist, dass nicht einmal Honda selbst zu wissen scheint, warum die Power-Unit immer wieder den Geist aufgibt.
Eiszeit zwischen McLaren und Honda
Satoshi Nakamura spricht von "provisorischen Gegenmaßnahmen" am Antrieb und erklärt: "Wir denken, dass wir heute die richtige Richtung für unsere Lösung bestätigen konnten." Mit anderen Worten: Vielleicht ist das Problem gefunden (und behoben), vielleicht aber auch nicht ... Der Japaner betont das "Potenzial" des Motors und verspricht, die Lücke zu den Gegnern "so schnell wie möglich" zu schließen. Es sind die üblichen Durchhalteparolen.
Auch Eric Boullier kann sich nicht erklären, warum die Power-Unit am Mittwoch mehr als 80 Runden durchhielt, nachdem sie am Dienstag bereits nach zwei Umläufen schlappmachte. Und so wird man das Rennen in Russland abwarten müssen, bevor man sicher sagen kann, ob sich zumindest die Zuverlässigkeit verbessert hat. Die Performance ist ohnehin noch einmal ein ganz anderes Thema.
Ohne einen einzigen Zähler steht McLaren aktuell auf dem zehnten und letzten WM-Platz. Und so schnell scheint sich daran auch nichts zu ändern. "Der Schlüssel wird es jetzt sein, ein Wochenende zu haben, an dem alles glatt läuft. Das haben wir bisher noch nicht geschafft", setzt es von Vandoorne eine weitere Spitze gegen Honda. Solange dürfte die Eiszeit zwischen McLaren und den Japanern erst einmal weitergehen ...