Red Bull fliegt: Überlegene Bestzeit in Barcelona!
Mark Webber fuhr zum Auftakt in Barcelona allen auf und davon, bedeuten muss das aber noch nicht viel - Unfall von Lucas di Grassi
(Motorsport-Total.com) - Einen Paukenschlag gab es zum Auftakt der letzten Testwoche dieses Winters in Barcelona: Mark Webber erzielte eine Bestzeit von 1:21.487 Minuten und setzte sich damit um fast eine Sekunde von der Konkurrenz ab - und das bei angesichts des überwiegend guten Wetters recht repräsentativen Bedingungen auf der 4,655 Kilometer langen Strecke.
Aber: "Wenn sie 150 Kilo Benzin an Bord hatten, dann waren sie schnell", relativiert Mercedes-Sportchef Norbert Haug. "Ich glaube nicht, dass das der Maßstab ist. Es ist der erste Tag und ich denke, dass noch kein Team einen Qualifyingrun ausprobiert hat. Das wird später in dieser Woche sicher noch passieren. Sollte das Wetter trocken bleiben, dann könnten wir hier einen Eindruck erhalten, wie das Kräfteverhältnis ungefähr aussieht."
Letzter Test vor dem Saisonauftakt
Denn wenn die Teams am Sonntagabend zusammenpacken, heißt die nächste Station bereits Bahrain. Insofern ist die Spannung diese Woche besonders groß, schließlich wollen die meisten Fahrer zumindest einmal ausprobieren, wie schnell ihre Autos sind. Bisher konzentrierten sich viele auf die Zuverlässigkeit. Außerdem hatten heute einige Teams neue Teile dabei - und Ferrari sogar das bereits dritte Chassis des Typs F10.
Dieses brachte Fernando Alonso allerdings kein Glück: Zum Entsetzen der tausenden Zuschauer rollte ihr Lokalmatador bereits nach gut eineinhalb Stunden mit einem Elektronikdefekt aus. Es folgte eine langwierige Reparatur. Auch vom Speed her hatte Ferrari heute nichts Berauschendes zu bieten - weder auf den Long-, noch auf den Shortruns. Das bedeutete am Ende des ersten Tages auf dem aerodynamisch anspruchsvollen Circuit de Catalunya den siebten Platz.
Das lässt Webbers Performance, der zwar nur vier Runden unter 1:22 Minuten hinknallen konnte, aber recht konstant 1:22er- und 1:23er-Zeiten fuhr, in einem positiven Licht erscheinen. Zufrieden darf aber auch Nico Hülkenberg (Williams), der sich in den letzten Minuten - unbeeindruckt von zwischenzeitlichen Regentropfen - auf 1:22.407 Minuten steigern konnte und starker Zweiter wurde. Erfreulich: Ausnahmsweise lief der Williams ohne technische Probleme.
Unfall von di Grassi
Apropos: Insgesamt musste heute sechsmal unterbrochen werden. Die erste rote Flagge wurde wegen Fairuz Fauzy geschwenkt, dessen Lotus-Team wieder einen Hydraulikdefekt verzeichnete; anschließend passierte der Alonso-Schaden, Webber blieb am Nachmittag stehen, knapp eine Stunde vor Schluss Nico Rosberg im Mercedes-Silberpfeil und ganz am Ende noch Jenson Button (McLaren). Die Schrecksekunde des Tages lieferte aber Lucas di Grassi ab.
Der unerfahrene Brasilianer, dessen Virgin-Team ohnehin auf jeden Testkilometer angewiesen ist, crashte seinen VR-01 in der schnellen Campsa-Kurve. Reue zeigte er aber nicht: "Mir geht es gut. Ich weiß nicht, was passiert ist. Vielleicht lag Öl auf der Strecke. Jedenfalls kann ich erst morgen wieder fahren - noch schneller", grinst di Grassi. Dennoch war er am Ende der acht Stunden Fahrbetrieb um eine Sekunde schneller als Fauzy im Lotus.
Aber: "Unsere Zeiten sind nicht repräsentativ", winkt Lotus-Technikchef Mike Gascoyne ab. Das neue Team aus Hingham experimentierte mit der Lambdasonde, also einem Sensor, der anhand von Abgasanalysen eine optimale Verbrennung des Kraftstoffs gewährleisten soll. Diese Lambdasonde wurde heute kalibriert. Anderswo (Force India, Renault) wurden Boxenstopps und Rennprozeduren wie zum Beispiel Safety-Car-Phasen geübt.
Etablierte Teams klar vor den Neulingen
Im Zeitenklassement hatte Webber am Ende die Nase klar vor Hülkenberg und Rosberg, mit weiterem Abstand folgten dann Pedro de la Rosa (Sauber) und Button. Ab Vitantonio Liuzzi (Force India) auf Rang sechs hatten alle schon mehr als zweieinhalb Sekunden Rückstand. Hinten (aber noch vor den neuen Teams) reihten sich erneut Vitaly Petrov (Renault) und Jaime Alguersuari (Toro Rosso) teil. Aber zu viel Bedeutung sollte man dieser Rangordnung wieder nicht beimessen.
Denn: "Die Zeiten sind unmöglich einzuschätzen - da kannst du nur raten", erklärt Haug. "Wenn du einen 37-Runden-Run fährst, brauchst du dafür mindestens 74 Kilo. Das erzählt aber nicht die ganze Geschichte, denn derjenige könnte den gleichen Run ja auch mit 160 Kilo fahren. Ein Unterschied von 80 Kilo macht ungefähr drei Sekunden pro Runde aus - aber auch nur dann, wenn der schwerere Fahrer das Auto dann auch mit weniger Benzin hinbekommt."
"Du musst dieses Jahr mit einem einzigen Setup einen Low- und einen High-Fuel-Run meistern können. Das ist eine sehr große Spanne und es ist ganz anders als alles, was wir bisher in der Formel 1 erlebt haben. Es kann also sein, dass ein Auto mit wenig Benzin ganz vorne steht, aber im Renntrimm nicht besonders schnell ist. Das macht die ganze Sache ziemlich aufregend", erläutert der 57-jährige Deutsche.