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Logan Sargeant: Formel 1 kommt nicht zu früh für mich
Logan Sargeant spricht nach der Verpflichtung von Williams über den Kampf um die Superlizenz, den Druck als Amerikaner und seine Erwartungen in der ersten Saison
(Motorsport-Total.com) - Mit Logan Sargeant wird 2023 der erste US-amerikanische Vollzeitfahrer in der Formel 1 seit Scott Speed 2007 an den Start gehen. Streng genommen wäre es sogar 2006, da Speed mitten in der Saison 2007 von Toro Rosso vor die Tür gesetzt und durch Sebastian Vettel ersetzt wurde.
Zwar verriet Williams-Teamchef Jost Capito bereits am Samstag des Austin-Wochenendes, dass Sargeant für 2023 den Zuschlag erhalten wird, jedoch hing die Entscheidung zumindest noch etwas in der Schwebe, da er die nötigen Superlizenzpunkte noch nicht zusammen hatte.
Nach dem Formel-2-Finale in Abu Dhabi ist jedoch klar, dass Sargeant die Superlizenz erhalten hat. Am Ende wurde es der vierte Rang in der Gesamtwertung, was ihn weit über die 40 nötigen Punkte gebracht hat. Nur einen Tag später folgte dann auch die offizielle Verkündung seitens des Williams-Teams.
Sargeant: Formel-1-Aufstieg kommt "genau richtig"
Der 21-Jährige betont, dass sein Formel-1-Debüt mit dem Team aus Grove, entgegen mancher Kritiken, nicht zu früh kommt: "Ich habe das Gefühl, dass ich gut drei oder vier Monate auf diesen Punkt hingearbeitet habe, weil ich wusste, dass es eine Möglichkeit geben würde", sagt er.
"Ich habe einfach mein Bestes getan, um in der Formel 2 an der Spitze zu bleiben und ich habe nicht das Gefühl, dass es zu schnell geht. Ich habe das Gefühl, dass es genau richtig ist, um ehrlich zu sein, und ich freue mich einfach riesig darauf, loszulegen."
Nur wegen Nationalität verpflichtet? Sargeant winkt ab
Bei seinem Formel-1-Debüt im März 2023 in Bahrain wird er der erste Amerikaner seit Alexander Rossi 2015 sein, der an einem Formel-1-Grand-Prix teilnehmen wird. Obwohl auch der Eigentümer von Williams, Private-Equity-Unternehmen Doriton Capital, amerikanisch ist, betont Sargeant, dass seine Nationalität bei der Fahrerentscheidung keine Rolle gespielt hat.
"Ich denke, das ist nur ein glücklicher Zufall. Ich habe in den letzten Jahren hart gearbeitet, bin in jungen Jahren nach Europa gezogen, um diesen Traum zu verwirklichen. Und ich habe das Gefühl, dass ich eine sehr gute Karriere in den Juniorkategorien hatte. Und ja, ich freue mich einfach darauf, dieses Kapitel abzuschließen und zum nächsten überzugehen."
Gleichzeitig könnte seine Rolle als erster Vollzeit-Amerikaner in der Formel 1 seit 2007 zusätzlichen Druck bedeuten, gerade jetzt, wo die Rennserie in den Vereinigten Staaten durch die Netflix-Doku "Drive to Survive" immer populärer geworden ist.
Sargeant: Will Vereinigte Staaten "stolz machen"
Doch Sargeant winkt ab: "Am Ende des Tages habe ich das Gefühl, dass ich genauso hart gearbeitet habe wie jeder andere, um diesen Punkt zu erreichen. Ich muss mich einfach bestmöglich vorbereiten, um im nächsten Jahr der beste Fahrer zu sein, der ich sein kann."
"Und hoffentlich kann ich [die Vereinigten Staaten] gut vertreten und sie stolz machen. Aber ich glaube nicht, dass es ein zusätzlicher Druck ist, um ehrlich zu sein. Ich habe das Gefühl, dass ich schon jetzt hohe Erwartungen an mich selbst habe."
In den USA lebt Sargeant im Übrigen schon lange nicht mehr, da er, um sich seinen Traum von der Formel 1 zu verwirklichen, schon früh nach Europa gezogen ist. "Ich habe in den letzten fünf oder sechs Jahren in London gelebt, also fühle ich mich dort ziemlich wohl", sagt er. "Und es ist nah genug an Williams, um dorthin zu gelangen, wenn ich dort sein muss."
Williams-Entscheidung schon in Monza gefallen?
Bereits während des Frankreich-Wochenendes machten Gerüchte die Runde, dass Sargeant eine Option für Williams sein könnte. Zu diesem Zeitpunkt war der Rausschmiss von Nicholas Latifi noch nicht beschlossene Sache, wobei auch eine Ausleihe von Oscar Piastri von Alpine als wahrscheinlicheres Szenario galt.
Kompakt: Der Große Preis von Abu Dhabi
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Sargeant selbst sagt, dass er nach Monza - dem vorletzten Formel-2-Wochenende - erfahren hat, dass er in einer aussichtsreichen Position für den Williams-Sitz liegt. Zum Zeitpunkt des Großen Preises von Italien war die Piastri-Saga beendet und der Wechsel des Australiers zu McLaren offiziell.
"Um ehrlich zu sein, wurde ich dabei irgendwie außen vor gelassen", sagt er über die Gerüchte vor der Sommerpause. "Ich glaube, das war eher eine Angelegenheit zwischen meinem Manager und Williams."
"Ich habe erst nach Monza davon erfahren. Da wurde es ziemlich konkret, solange ich meine Superlizenz erhalte. Und ich glaube, sie haben beschlossen, es mir früh mitzuteilen, damit ich mich so gut wie möglich vorbereiten und für die letzte Runde bereit sein konnte."
Sargeant über Drucksituation im Formel-2-Finale
Für Sargeant war es damit ein langes Bangen. Nach dem Formel-2-Wochenende in Monza lag er an dritter Stelle der Gesamtwertung, doch das Feld lag so eng beieinander, dass er sogar noch aus den Top 10 hätte herausfallen können, womit er die Superlizenz nicht erhalten hätte. Zwischen dem Italien-Rennen und dem Finale in Abu Dhabi lagen mehr als zwei Monate.
Williams versuchte Sargeants Chancen zu erhöhen, indem man ihn in insgesamt vier Trainingssessions der Formel 1 einsetzte. Für jedes Training mit einer Distanz über 100 Kilometer erhielt er jeweils einen weiteren Superlizenzpunkt. Nur in Mexiko schrammte er daran vorbei, da er zwei Runden zu wenig absolvierte.
Der Amerikaner sagt, dass es beim letzten Formel-2-Wochenende in Abu Dhabi nicht leicht gewesen ist, Chance gegen Risiko im Kampf um die Superlizenzpunkte abzuschätzen: "Ich glaube, es ging wirklich darum, eine Balance zwischen Gefahr und Belohnung zu finden. Und eigentlich war der Druck nicht so groß, wie ich erwartet hatte."
Sargeant: "Klar geworden, was auf dem Spiel stand"
"Vor dem Wochenende ist mir nämlich klar geworden, was auf dem Spiel stand, und ich hatte meinen Frieden damit gemacht. Also habe ich den Druck einfach weggenommen. Ich wusste, dass alles gut werden würde, wenn wir so fahren würden, wie wir es können, und wenn wir das gleiche Tempo wie das ganze Jahr über hätten. Aber in den Rennen musste ich eine gute Balance zwischen Über- und Unteraggressivität finden, sozusagen."
"Ich glaube, als ich dann da draußen [auf der Strecke] war, war ich ganz ruhig", erklärt er. "Natürlich wollte ich nichts tun, was mich zu sehr in Gefahr bringen würde, denn für mich war das Ziel klar: Ich musste meine Superlizenz bekommen. Ich denke, das ist uns gut gelungen."
"Ich war ein wenig enttäuscht über unsere Pace am Samstag [P6 im Sprintrennen; Anm. d. Red.], aber ich hatte das Gefühl, dass wir am Sonntag [P5 im Hauptrennen] eine sehr, sehr gute Pace hatten, was eine schöne Wende war. Aber im Großen und Ganzen fühlte ich mich am Sonntag sehr ruhig und hatte das Gefühl, dass wir ein gutes Rennen gefahren sind."
Noch keine Startnummer für 2023 gewählt
Obwohl er jetzt schon länger wusste, dass er höchstwahrscheinlich 2023 in der Formel 1 antreten wird, hat sich Sargeant noch nicht für eine Startnummer entschieden, wenngleich er sich die Liste der verfügbaren Nummern "viele, viele Male angesehen" hat, aber "mir noch kein einziges Mal so richtig eine ins Auge gesprungen ist. Ich werde mich in Kürze für eine entscheiden", sagt er.
Mit Gesamtrang vier war Sargeant der beste Rookie in der Formel-2-Meisterschaft 2022. Insgesamt 148 Punkte konnte er holen - und damit 117 weniger als Titelträger Felipe Drugovich - bei zwei Siegen in den Hauptrennen von Silverstone und Spielberg.
Besonders seine Performance in den Rennen möchte er aber für das nächste Jahr verbessern. "Ich bin sehr zuversichtlich und fühle mich wohl mit meinem Tempo auf einer Runde. Ich denke, das war schon immer meine Stärke", sagt er.
"Ich denke, was ich noch verbessern kann, ist, mich körperlich so weit zu bringen, dass ich ein ganzes Rennen ohne Probleme durchstehe, und einfach an meinem Renntempo und meinem Management mit den Reifen zu arbeiten. Ich denke, das wird das größte Problem sein."
Sargeant über Rivalität mit Oscar Piastri
In der kommenden Saison wird er somit auch wieder mit Oscar Piastri zusammen in einer Klasse fahren. In der Formel-3-Saison 2020 entschied der Australier das Titelrennen mit seinem Prema-Teamkollegen Sargeant und Mercedes-Junior Frederik Vesti knapp für sich. Piastri gelang jedoch ein Jahr früher der Schritt in die Formel 2, die er 2021 ebenfalls auf Anhieb gewinnen konnte.
"Auf jeden Fall nicht", antwortet Sargeant auf die Frage, ob er frustriert sei, dass der Schritt für Piastri in den Juniorklassen schneller ging. "Ich habe das Gefühl, dass wir 2020 in einem sehr engen Titelkampf standen, aber es gab nie irgendwelche Reibereien. Wir sind seit dem Kartsport befreundet und ich freue mich ehrlich gesagt sehr für ihn und ich hoffe, dass wir beide in der Formel 1 erfolgreich sein werden."