• 12. April 2020 · 13:43 Uhr

Nachruf auf Stirling Moss: Die Verkörperung des Motorsports

Er war der wahrscheinlich erste Superstar des Motorsports: Stirling Moss setzte Maßstäbe, selbst wenn der WM-Titel ihm immer verwehrt blieb

(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Welt trauert um Sir Stirling Moss- Er verstarb am Sonntagmorgen im Alter von 90 Jahren. Er war mehr als nur der wohl beste Fahrer, der nie einen WM-Titel gewinnen konnte. Für viele Menschen verkörperte er den Motorsport wie kein anderer.

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Stirling Moss ist mehr als nur der beste Fahrer, der nie Weltmeister wurde Zoom Download

Vielleicht war er der erste Superstar des Sports. Auf jeden Fall ist er einer der besten Allrounder aller Zeiten. Dass er niemals Weltmeister wurde, lag weniger an ihm selbst als am damaligen Punktesystem.

Unter dem Spitznamen "Mister Motor Racing" bekannt, war die fahrerische Messlatte in Formel 1, Sportwagen und allem anderen, was er nach dem Rücktritt seines Freundes Juan Manuel Fangio im Jahre 1958 in die Finger bekommen hat.

Schon zuvor war klar, dass Moss der Fahrer sein würde, der den Platz des legendären Argentiniers an der Spitze des Motorsports übernehmen würde.

Der schnelle Weg zur Sportwagenlegende

Mit einem 500-Kubikzentimeter-Cooper-JAP machte Moss ab 1948 seine ersten Erfahrungen im Rennsport. Er beeindruckte von Anfang an in Fahrzeugen mit Motorradmotor. Das reichte allerdings nicht aus, um Jaguar davon zu überzeugen, ihn ins Team für die Dundrod Tourist Trophy 1950 aufzunehmen.

Stattdessen setzt Tommy Wisdom Moss in seinen privaten Jaguar XK120. Mit diesem verblies Moss unter fürchterlichen Witterungsbedingungen das komplette Feld inklusive der Werks-Jaguars. Kurz danach wurde er zum Teamleader in Jaguars Sportwagenteam.


Fotostrecke: Die Karriere von Stirling Moss

Obschon er die 24 Stunden von Le Mans nie gewinnen konnte, avancierte Moss zu einem etablierten Sportwagen-Piloten in den 50er-Jahren. Seine Siege bei der Mille Miglia 1955 (Mercedes), den 1.000 Kilometern vom Nürburgring 1958 und 1959 sowie der Tourist Trophy von 1959 (alle für Aston Martin) bleiben als einige der größten Leistungen in der Geschichte des Langstreckensports in Erinnerung.

Der WM-Titel, der einfach nicht sein sollte

Bei den Monopostos musste Moss länger auf Erfolge warten. Von Ferrari verschmäht, musste er mehrere Jahre in nicht konkurrenzfähigen britischen Fahrzeugen verbringen, bevor er 1954 im Maserati 250F begeisterte, den sein Vater Alfred und Manager Ken Gregory gekauft hatten. Das war Grund genug für Alfred Neubauer, ihn für 1955 bei Mercedes unter Vertrag zu nehmen.

Im Grand-Prix-Sport spielte er zweite Geige hinter seinem Teamkollegen Fangio, konnte aber beim Großbritannien-Grand-Prix in Aintree den ersten seiner 16 Siegs bei Formel-1-WM-Läufen holen, als Mercedes die ersten vier Plätze belegte. Bei den Sportwagen hingegen war er der schnellere Mann.

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In der Spätphase seiner Karriere genoss es Moss, die Großen immer wieder zu ärgern Zoom Download

Moss wurde 1955 WM-Zweiter, was er im Jahr darauf mit Maserati und 1957 und 1958 mit Vanwall wiederholte. Der bittere Verlust des Titels 1958 gegen Mike Hawthorn, obwohl er vier Rennen gewinnen konnte (Hawthorn nur eines), änderte seine Einstellung zur Weltmeisterschaft. Sie verlor für ihn an Bedeutung.

Der Unfall, der nie aufgeklärt wurde

Stattdessen gefiel er sich in der Rolle des Underdogs. Er fuhr für den Privatier Rob Walker in Fahrzeugen von Cooper und Lotus. In einem Lotus 18 gelang Moss der berühmteste seiner Siege: 1961 besiegte er mit einer furiosen Fahrt beim Großen Preis von Monaco die wesentlich stärkeren Ferrari 156.

Moss betrat im Grand-Prix-Sport auch Neuland: Er war der erste Fahrer in einem Formel-1-Boliden mit Mittelmotor, der einen Weltmeisterschaftslauf gewann (Cooper, Argentinien 1958). Außerdem gelang ihm der einzige Grand-Prix-Sieg eines Formel-1-Allradfahrzeugs (Ferguson, Oulton Park 1961). Auch dem Rallyesport stattete er einen Besuch ab, wo seine Schwester Pat ihrerseits ein Star war.

Nachdem er vier Jahre lang als bester Fahrer der Welt galt, erkannte Moss die drohende Gefahr in Form von Jim Clark gegen Ende der Saison 1961. Er beschloss, dass er gleichwertiges Material benötigte. Ein Deal mit Ferrari war bereits in greifbarer Nähe, als Moss am Ostermontag 1962 einen Unfall in Goodwood hatte, der bis heute ungeklärt ist.

Moss fiel ins Koma und verbrachte viele Monate in der Reha. Als er zurückkehrte, musste er feststellen, dass seine Fähigkeiten nicht mehr dieselben waren. So entschloss er sich zum Rücktritt.

Dem Tod mehrmals von der Schippe gesprungen

Er blieb trotzdem integraler Bestandteil des Motorsports und nahm alle erdenklichen Rollen ein, darunter als Kommentator. Er kehrte in den 1980er-Jahren kurzzeitig für Audi in die britische Tourenwagenmeisterschaft (BTCC) zurück.

Doch in erster Linie bestand seine Aufgabe darin, einfach Stirling Moss zu sein, über seine Karriere zu sprechen und seine Begeisterung für den Motorsport zu teilen - in allen Facetten. Eines Tages klingelte in der Redaktion des britischen Motorsport-Magazins Autosport das Telefon. Moss fragte, wo er das Daytona 500 im Fernsehen verfolgen könne.

Ganz konnte er die Finger nicht vom Lenkrad lassen und nahm immer wieder an historischen Rennen teil. Erst im Jahr 2011 hängte er in Le Mans im Alter von 82 Jahren den Helm endgültig an den Nagel. Dennoch tauchte er immer wieder bei Events wie dem Goodwood Revival auf.

Moss machte einiges mit, auch nachdem er dem Tod 1962 schon einmal von der Schippe gesprungen war. So fiel er zu Hause einen Aufzugsschacht hinunter, überlebte aber auch diesen Moment. Bei einer schweren Krankheit 2016/17 war seine Zeit wieder nicht gekommen. Doch er nutzte diese, um sich aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen. Letztlich ging er am 12. April 2020 nach einem erfüllten Leben von der Welt.

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