Gil de Ferran: Wer ist der neue starke Mann bei McLaren?
Nach dem Abschied von Eric Boullier ist neben Performance-Chef Andrea Stella nun Gil de Ferran in vorderster McLaren-Front: Wer ist der neue Sportdirektor des Teams?
(Motorsport-Total.com) - Nach der - angeblich einvernehmlichen - Trennung von Teamchef Eric Boullier gibt es bei McLaren wieder neue Strukturen. Teamboss Zak Brown hat den früheren Ferrari-Renningenieur Andrea Stella zum verantwortlichen Mann für die Performance der Autos im Formel-1-Wettbewerb gemacht. An seiner Seite soll Gil de Ferran das dümpelnde McLaren-Schiff in seiner Rolle als Sportdirektor wieder auf einen guten Kurs bringen. Der Brasilianer bringt Erfahrung aus seinen Engagements bei Honda und BAR mit.
Ist Gil de Ferran der Schlüssel zu neuen Erfolgen in Woking? Die Motorsportkarriere des 50-Jährigen spricht dafür. Der in Paris geborene Brasilianer (so ganz ist man französischen Einfluss also doch nicht los) gewann 2003 das berühmte Indy 500, 2000 und 2001 konnte de Ferran in Diensten von Penske die ChampCar-Meisterschaft für sich entscheiden. Nach fünf Jahren Pause feierte er ein 2008 Comeback als "fahrender Teamboss" in der American-Le-Mans-Series (ALMS) - allerdings mit relativ wenig Erfolg.
Eher mäßig fällt ebenso seine Bilanz in leitenden Funktionen in der Formel 1 aus. De Ferran war 2005 Sportchef beim ehemaligen Team BAR, war in dieser Funktion anschließend bis Sommer 2007 auch beim Honda-Werksteam aktiv. "Ein bisschen Erfolg hatten wir damals allerdings schon", erinnert sich de Ferran. "Vor allem 2006 lief es gar nicht so schlecht. Unser Team war konkurrenzfähig. Jenson konnte in Ungarn unter schwierigen Bedingungen sogar siegen - okay, das war aufgrund seiner großartigen Fahrt."
Viel mehr Erfolge gibt es aus jener Zeit allerdings nicht zu berichten. Honda trennte sich vom damaligen Sportdirektor aus offensichtlichen Gründen: Die Japaner wollten an die Spitze, dem Team gelang dieser Schritt allerdings nicht. "Jetzt, also zehn oder zwölf Jahre später, bin ich nicht nur älter, sondern auch etwas weiser", lacht de Ferran, dessen Tochter Anna mit dem aktuellen Alonso-Teamkollegen Stoffel Vandoorne liiert ist. "Jetzt bin ich auf eine solche Aufgabe besser vorbereitet."
Ursprünglich hatte McLaren-Boss Zak Brown seinen US-Kumpel Gil de Ferran (lebt seit vielen Jahren in den USA) auf ein mögliches IndyCar-Engagement des Teams aus Woking angesetzt. Der 50-jährige Brasilianer hatte seine umfangreichen Kenntnisse aus dem US-amerikanischen Formelsport im vergangenen Jahr erfolgreich an Superstar Fernando Alonso weitergegeben. Der Spanier lieferte bis zu seinem Ausfall beim Indy 500 2017 eine makellose und starke Vorstellung auf die Bahn.
Nun soll es de Ferran auch in der Formel 1 richten. Was befähigt ihn zu dieser Rolle als Sportdirektor? "Da muss ich mal ein wenig über mich selbst und meinen Blick auf das Leben berichten", meint der neue starke Mann beim McLaren-Formel-1-Team. "Warum hatte ich Erfolg als Rennfahrer? Was hat mich hinter dem Steuer und auch mich als Geschäftsmann gut aufgestellt? "Ich denke, das liegt an meiner Fähigkeit, eigene Schwächen zu erkennen und diese zu verstehen."
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Er selbst habe stets in den Spiegel geschaut und sich selbst klar gemacht, dass er "an vielen Stellen etwas hätte besser machen können", so de Ferran. "Außerdem habe ich sehr früh verstanden, dass man Erfolge niemals allein schaffen kann. Es gibt nur wenige, die wirklich ganz allein an die Spitze kommen. Man muss wissen, wie ein Team funktioniert. Man muss verstehen, wie man ein Team bildet und es jederzeit motiviert und fokussiert hält."
Eine offene, direkte Kommunikation und ein intensiver Austausch sei grundlegend für ein funktionierendes Teamgefüge. So halte er seine Mannschaft jederzeit auf dem Laufenden. "Auch dann, wenn mir nachts die besten Ideen kommen", lacht de Ferran. "Das passiert mir ständig, wenn ich über die Aufgaben des nächsten Tages nachdenke. Diese Ideen habe ich bisher als Ratgeber von Zak Brown an ihn kommuniziert. So werde ich es nun im gesamten Team handhaben. Ich werde genauso weitermachen, nur eben mit etwas mehr Verantwortung."