• 16. Mai 2016 · 10:48 Uhr

Jos Verstappen: Max ist besser als ich je war

Nach der Barcelona-Sensation platzt der Ex-Formel-1-Pilot fast vor Stolz - der Ex-Kollege von Michael Schumacher hat die Karriere von Max begleitet und geplant

(Motorsport-Total.com) - Am Samstag hatte er noch geschworen, künftig weniger Interviews zu geben - jetzt, da sein Sohn in einem Topteam sei. Am Sonntagnachmittag stand Jos Verstappen inmitten des Journalistenpulks im Paddock - umringt von dutzenden Mikrofonen. Mit Tränen in den Augen versuchte er zu erklären, was viele Beobachter als "die größte Sensation überhaupt" bezeichneten: Sein Sohn Max hatte den Großen Preis von Spanien in Barcelona gewonnen. Als jüngster Grand-Prix-Sieger der Geschichte, bei seinem allerersten Rennen für das Red-Bull-Team. Eine Geschichte, wie sie nur der Sport schreibt - und die nach Erklärungen verlangt.

"Zunächst einmal muss ich Helmut Marko danken. Er hat die Entscheidung getroffen, Max in den Red Bull zu setzen und ihm diese Chance zu geben", versuchte der 44-jährige Niederländer, den Fokus von sich auf die Red-Bull-Entscheider zu lenken. Dennoch wollte jeder von ihm wissen, welche Rolle er bei der Entwicklung seines erst 18-jährigen Sohnes einnahm. Der saugte das Rennfahrerblut schließlich von Geburt an auf: seine Mutter Sophie, eine Belgierin, war eine sehr gute Kartfahrerin, Papa Jos nahm zwischen 1994 und 2003 an 106 Formel-1-Rennen teil.

Ein Sieg gelang ihm dabei nicht, als bestes Ergebnis stehen zwei Podestplätze 1994 zu Buche - als Benetton-Teamkollege von Michael Schumacher. Im Gedächtnis der meisten Formel-1-Fans dürfte aber eher die spektakuläre Szene sein, als sein Benetton 1994 in der Boxengasse von Hockenheim bei einem missglückten Tankstopp Feuer fing und lichterloh brannte. Ein Rennen führte Jos nie an, von einem Sieg ganz zu schweigen! "Max ist natürlich viel besser, als ich es je war. Das weiß ich schon lange", gesteht Papa Verstappen in Barcelona mit einem Grinsen im Gesicht.

Jos impft seinem Sohn das Rennfahrer-Gen ein

"Ich habe jedes Manöver, jeden Fehler, den er gemacht hat, analysiert und mit ihm darüber gesprochen."Jos Verstappen
Und dann erzählt er über "die vielen Stunden", die er in die rennfahrerische Erziehung seines Sprösslings gesteckt habe: "Ich habe jedes Manöver, jeden Fehler, den er gemacht hat, analysiert und mit ihm darüber gesprochen. Ich habe ihn nie angeschrien, aber wir haben über alles geredet und ihm wurde alles erklärt. Deshalb ist er so reif für sein Alter", so Verstappen Senior. Bereits als Vierjähriger bekam Max sein erstes Kart, mit sieben fuhr er sein erstes Rennen. Er ist ein Musterbeispiel, wie Rennfahrerkarrieren heutzutage geplant und aufgebaut werden.

Mit acht Jahren ist er schon belgischer Kartchampion in der Mini-Kategorie, gewinnt im folgenden Jahr alle 21 Rennen der Serie und verteidigt seinen Titel. 2007 steigt er eine Kategorie auf und gewinnt auch dort jedes einzelne Rennen. Max siegt sich weiter durch die Klassen, 2013 wird er schließlich Kart-Europa und -Weltmeister. Spätestens da wissen auch schon längst alle Formel-1-Bosse, welches Supertalent da heranreift. "Wie gut er ist, habe ich schon während seiner Kartzeit gesehen", bestätigt etwa Mercedes-Teamchef Toto Wolff.

Der wichtigste Ratschlag: Lerne die richtigen Leute kennen!

Die beste Perspektive - sprich den schnellstmöglichen Formel-1-Einstieg - kann ihm aber Red Bull über sein Junior-Programm bieten. 2014 gewinnt der 16-jährige Verstappen das F3 Masters im niederländischen Zandvoort und unterschreibt bei Red Bull - mit der Aussicht auf ein Stammcockpit bei Toro Rosso im folgenden Jahr. Der Rest ist Geschichte: jüngster Formel-1-Debütant im Alter von 17 Jahren und 166 Tagen, drei FIA-Auszeichnungen als bester Rookie, für die besten Überholmanöver und als "Persönlichkeit des Jahres" am Ende seiner ersten Saison in der Königsklasse, 2016 dann nach vier Rennen die Beförderung von Toro Rosso zu Red Bull.

In Barcelona gewann der Niederländer im Alter von 18 Jahren und 227 Tagen seinen ersten Formel-1-Grand-Prix - der Weg eines "Jahrhunderttalents", wie ihn Niki Lauda beschreibt. Papa Jos will aber bescheiden bleiben und meint: "Du brauchst auch das Glück, zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle zu sein. Mit Red Bull hatten wir das zu jeder Zeit." Der 44-Jährige, der entgegen anderslautender Meldungen die Karriere seines Sohnes weiterhin managen will, vertraut auch hierbei auf die Erfahrungen aus seiner aktiven Zeit als Rennfahrer.

Nächstes Ziel: ausruhen und auf dem Teppich bleiben

Nach seiner Benetton-Zeit 1994 schaffte er es nie wieder in ein Formel-1-Topteam, fuhr stattdessen für Simtek, Arrows, Tyrrell, Stewart und Minardi. "Ich kenne meine Schwächen und weiß, was ich falsch gemacht habe. Deshalb kann ich Max helfen, die richtigen Leute und die richtigen Entscheidungen zu treffen." So rational und sachlich das auch klingt - in Barcelona ist Verstappen anzumerken, wie stolz er auf seinen Sohn ist. Nicht nur die Tränen in seinen Augen, auch die Worte, mit denen er Max den vielen Fragestellern beschreibt, verraten es.

"Wenn er in einem Rennauto sitzt, schaut jeder auf ihn. Es ist die Art, wie er fährt und wie er die Dinge angeht. Er ist etwas ganz Besonderes", so der Rennfahrer-Vater. Der Niederländer sieht sich in seiner Meinung bestätigt, dass das Alter bei einem Piloten keine allzu große Rolle spiele. Wichtig seien die Qualität und die Fähigkeit, mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben. Das sei nun die nächste Aufgabe für Max: "Wir haben in dieser Woche die Testfahrten hier in Barcelona. Nach allem, was jetzt auf ihn einstürzt, muss er sich ausruhen und konzentriert bleiben", warnt der 44-Jährige.

Seinen Job als Vater sieht er deshalb auch noch lange nicht als erledigt an, obwohl die Verstappens mit dem Wechsel in ein Topteam und dem ersten Sieg zwei ihrer wichtigsten Ziele in den vergangenen zehn Tagen erreicht haben. "Ich werde ihm weiterhin so viel helfen wie möglich. Es geht ja gerade erst los", kündigt er an. Und wenn es so weiter geht, wie es begonnen hat, dann steht der Formel 1 noch einiges bevor. Schlusswort von Red-Bull-Teamboss Christian Horner: "Großes Lob an Jos! Er hat seinen Sohn vom Kartsport an den ganzen Weg begleitet. Er ist jetzt der jüngste Grand-Prix-Sieger aller Zeiten. Es ist eine unglaubliche Leistung."

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