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Ross Brawn - Die Formel 1 als ewige Manie
Zum zweiten Mal in seiner Karriere nimmt sich Ross Brawn eine Auszeit - In Anbetracht seiner speziellen Beziehung zur Formel 1 wäre ein Comeback vorstellbar
(Motorsport-Total.com) - Als einen Sklaven der Geschwindigkeit kann man Ross Brawn vielleicht nicht unbedingt bezeichnen, denn die Heimat des Briten war seit jeher eher die Garage, nicht die Rennstrecke. Wohl aber darf man ihn als echten Formel-1-Junky titulieren - jemand, der nicht mit und nicht ohne die Königsklasse des Motorsports kann. Dieses Attribut offenbarte der 59-Jährige bereits vor einigen Jahren, nun lässt es erneut auf ein baldiges Comeback des "Superhirns" hoffen.
© Daimler
Ross Brawn war über 30 Jahre in der Formel 1 tätig - aktuell nimmt er eine Auszeit Zoom Download
In den späten Siebzigern fasste der ehemalige Messtechnik-Student erstmals Fuß in der Formel 1. Während dieser Zeit stellte auch Frank Williams den jungen Mann aus Manchester als Techniker in seinem Rennstall ein. In den darauffolgenden Jahren durchlief Brawn diverse Teams und Stationen innerhalb der Königsklasse, bekleidete 1986 erstmals den Posten des Chefdesigners beim damaligen Arrows-Team. Brawns neue Leidenschaft war endgültig entfacht.
Der Erfolg stellte sich schließlich während in seiner Zeit bei Benetton ein, wo er ab 1991 als Technischer Direktor operierte. Hier traf der Ingenieur auch auf Michael Schumacher, mit dem er in den Folgejahren einen beispiellos erfolgreichen Weg gehen sollte. Zunächst war Brawn maßgeblich an den ersten beiden WM-Titeln des Rekordchampions bei Benetton beteiligt (1994 und 1995). Wenig später folgte er Schumacher zu Ferrari, wo er zwischen 2000 und 2005 fünf Weltmeisterschaften hintereinander mit dem Kerpeners gewann. Insgesamt stand er Schumacher bei 88 seiner 91 Grand-Prix-Siege zur Seite.
Der erste Entzug
Im Oktober 2006 beendete Brawn vorläufig sein Engagement bei Ferrari (kurz nach der Rücktrittsverkündung Schumachers) und kündigte ein privates Jahr an. Schon zu diesem Zeitpunkt war er jedoch davon überzeugt, in die Formel 1 zurückzukehren. "Ich war ein Jahrzehnt lang bei Ferrari, und ich wusste nie so wirklich, wie ich darunter einen Schlussstrich ziehen soll, oder ob ich überhaupt einen Schlussstrich ziehen sollte", erinnert er sich gegenüber 'James Allen on F1'.
"Und so habe ich ein Jahr Auszeit genommen, um ein bisschen das Leben zu genießen und um Dinge zu tun, die ich nie tun konnte", denkt Brawn zurück. Lange währte sein Formel-1-Entzug jedoch nicht. "Es war unausweichlich, dass mich einige der Vorzüge der Formel 1 wieder angezogen haben", gibt er zu. "Man tendiert ja in diesen Situationen dazu, sich nur an die guten Dinge zu erinnern und das Negative zu vergessen."
Wiedereinstieg als Teamchef
"Ich erstellte also eine Liste mit all den Dingen, die ich an der Formel 1 mag und denen, die ich nicht mag. Das ergab ein positives Ergebnis. Also wollte ich weitermachen", schildert Brawn seinen Entscheidungsprozess. "Das ist die Herangehensweise eines Ingenieurs. Man sieht die Dinge sehr pragmatisch - man fragt sich, was gefällt mir und was nicht? Ich mag den Wettbewerb, die Herausforderungen, aber ich habe vor allem den Teamaspekt vermisst." Schließlich gab er dem Verlangen nach und kehrte im November 2007 als Honda-Teamchef in die Königsklasse zurück.
Am Ende sei es keine allzu schwierige Entscheidung gewesen, "denn die Alternative war die Schließung, und das wollte sowieso niemand. Das Schlimmste wäre gewesen, dass wir in 18 Monaten hätten zusperren müssen anstatt sofort", erklärt Brawn. Somit war Brawn GP geboren - das Team, das in seiner Debütsaison direkt Weltmeister wurde. "2009 werde ich nie vergessen - es war ein spezielles Jahr, mit all diesen Leuten, mit der Art und Weise, wie es zu diesem Team kam, und wie wir zusammengehalten haben. Diese Erfahrung, die wir als Gruppe gemacht haben, war etwas ganz Besonderes."
Der zweite Entzug
Immer mehr wird deutlich, dass das Alphatier Brawn stets auch besonders großen Wert auf die Gemeinschaft legte - ein essenzielles Merkmal der Formel 1. 2010 stieg schließlich Mercedes in die Königsklasse ein und übernahm Brawn GP. Der bisherige Teamchef blieb im Amt und führte die Silberpfeile 2013 zur Vizekonstrukteursmeisterschaft, wenngleich auch die ganz großen Erfolge ausblieben. Immer wieder waren während der vergangenen Saison Gerüchte aufgekommen; am 28. November kam dann die offizielle Bestätigung: Brawn verlässt Mercedes.
Fotostrecke: Ross Brawns Formel-1-Karriere
Ross Brawn ist zurück: Für den neuen Formel-1-Mehrheitseigner Liberty Media soll er als Sportchef die Königsklasse auf Vordermann bringen. Es ist der Höhepunkt einer bewegten Karriere. Sie begann einst bei... Fotostrecke
Von einem Karriereende war bis dato jedoch keine Rede: Wie schon 2006 will sich Brawn eine Auszeit nehmen - offenbar auch im Glauben, dass er womöglich nicht ohne die Formel 1 kann. "Ich möchte einen klaren Kopf bekommen, eine Pause machen und dann entscheiden, ob ich in die Formel 1 zurückkehren will, was natürlich von den Möglichkeiten abhängt", hatte er im Dezember gegenüber 'BBC' verlauten lassen. Vor Sommer 2014 wolle er jedoch keinerlei Spekulationen kommentieren. "Ich beginne im Frühjahr mit meinen Fischereireisen, und nur die Zeit wird zeigen, ob die Formel 1 und ich wieder zusammenfinden."